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"Wilde Maus": Hader filmt Hader

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KritikJosef Haders Regiedebüt „Wilde Maus“ erzählt von einem tief gekränkten Männerego – und erinnert in seiner Unberechenbarkeit an die Bühnenprogramme des hintersinnigen Kabarettisten.
Im Vorfeld der diesjährigen Berlinale ließ Intendant Dieter Kosslick mit einer unerwarteten Randbemerkung aufhorchen: Das Programm zeige heuer Mut zur Heiterkeit. Kaum zu glauben – die komödiantische Form ist in den tendenziell eher spaßbefreiten Hauptsektionen der Festival-Oberliga eine absolute Ausnahmeerscheinung. Und natürlich hatte das Versprechen, so wie alles beim Berliner Filmevent, eine (schein-)politische Grundierung: Schlimme Zeiten fordern Seelenbalsam. Als Beispiel nannte Kosslick den einzigen österreichischen Wettbewerbsbeitrag: „Wilde Maus“, das von vielen mit Spannung erwartete Regiedebüt von Josef Hader. Da kamen einem fast die Sorgenfalten – Österreichs hintersinniger Vorzeigekabarettist als Krisenstimmungsheber und Schenkelklopferspender, Gaudi garantiert? Am Samstag feierte sein Film Premiere und setzte dieser Befürchtung ein (relativ) glückliches Ende.
Wie erwartet (und erhofft) wandelt das Waldhausener Multitalent unbeirrt auf Pfaden zwischen Kichererbsen und Bitterkraut. Ein Kind von Traurigkeit war Hader nie – aber seinem eigentümlichen Humor eignete stets eine melancholische, um nicht zu sagen depressive Note. „Wilde Maus“ beginnt bezeichnenderweise mit der Entlassung der Hauptfigur, die sich Hader selbst auf den Leib geschrieben hat: Georg, der altgediente E-Musikkritiker einer Qualitätszeitung, muss gehen. „Es wird Leserproteste geben“, droht er seinem Chef (Jörg Hartmann). „Die meisten Ihrer Leser sind schon tot“, lautet die demütigende Antwort.
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Hauptfigur Georg (Hader) und der gutherzige Prolet Erich (Georg Friedrich) übernehmen die Achterbahn „Wilde Maus“ im Prater. – Ioan Gavriel
Tief sitzt die Kränkung des gepflegten Männeregos; so tief, dass Georg seiner Frau Johanna (Pia Hierzegger) die Kündigung verschweigt. Statt zur Arbeit schleppt er sich jeden Morgen in den Prater, haut aus Wut den Luziprack und überfährt die Zeit mit der Liliputbahn. An deren Steuer sitzt der gutherzige Prolet Erich (toll wie immer: Georg Friedrich). In der Schule hat er Georg noch verprügelt, jetzt freunden sich die beiden an – und übernehmen irgendwann die titelgebende Achterbahn.

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