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Bundeswehr könnte von der Türkei nach Jordanien verlegt werden

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Seit Monaten eskaliert der Konflikt zwischen Deutschland und Türkei um Besuchsverbote für Bundestagsabgeordnete in Incirlik. Nun endet der Streit – aber nicht…
Die Bundeswehr ist nach den Worten von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf einen Umzug vom türkischen Stützpunkt Incirlik nach Jordanien vorbereitet. „Für den Kampf gegen den IS war Incirlik eine gute Luftwaffenbasis“, erklärte von der Leyen am Montag in Berlin. „Aber es ist nicht hinnehmbar, dass unsere Abgeordneten die Soldaten nicht besuchen dürfen.“ Die Bundesregierung werde das weitere Vorgehen am Mittwoch im Kabinett „gemeinsam besprechen und entscheiden“.
„Wir sind auf eine Verlegung vorbereitet“, betonte die Ministerin. „Mit dem Flughafen Al Azraq in Jordanien haben wir eine vergleichbare Alternative gefunden.“ Sie habe sich bei ihrem Besuch in Jordanien im Mai selbst davon überzeugen können. Der jordanische König Abdullah habe seine volle Unterstützung zugesagt, sagte von der Leyen.
Nach dem gescheiterten Einigungsversuch im Streit um Besuche bei den Bundeswehr-Soldaten im türkischen Incirlik fordern deutsche Politiker rasche Konsequenzen. „Die Bundesregierung hat nun die Pflicht, dem Bundestag mitzuteilen, ob unsere sicherheits- und außenpolitischen Ziele, die Deutschland mit der Stationierung der Aufklärungstornados in der Türkei verfolgt, auch von einem anderen Standort aus ohne Einschränkungen erfüllt werden können“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen (CDU) , dem „Spiegel“. „Wenn es eine gleichwertige Alternative gibt, ist die Verlegung aus Incirlik die richtige Entscheidung.“
„Die Bundeswehr muss nach diesem neuerlichen Affront der türkischen Regierung sofort aus Incirlik abgezogen werden“, verlangte auch Linken-Chef Bernd Riexinger. Aus Sicht der sicherheitspolitischen Sprecherin der Grünen, Agnieszka Brugger, hat sich die Bundesregierung „mit ihrem Spiel auf Zeit blamiert und ist mit ihrem Kurs der Gutgläubigkeit völlig gescheitert“. Ähnlich äußerten sich FDP-Chef Christian Lindner und der Vize-Vorsitzende der AfD, Alexander Gauland, die ebenfalls einen sofortigen Abzug forderten.
Ein letzter Einigungsversuch im Streit um den Bundeswehr-Einsatz in Incirlik ist gescheitert. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte am Montag nach einem Gespräch mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Ankara, die Türkei werde kein grundsätzliches Besuchsrecht für Bundestags-Abgeordnete bei den deutschen Soldaten in Incirlik gewähren. Damit steht der Abzug der Bundeswehr von dem Luftwaffenstützpunkt unmittelbar bevor.
Gabriel sagte, eine formale Abzugsentscheidung gebe es aber noch nicht. „Es gibt noch keine Entscheidung, noch keinen konkreten Plan.“ Der Minister machte aber deutlich, dass es zu einem Abzug jetzt keine Alternative mehr gebe. „Ich bedauere das, aber bitte um Verständnis, dass wir aus innenpolitischen Gründen werden die Soldaten verlegen müssen.“
Cavusoglu sagte, deutsche Abgeordnete könnten die Bundeswehr-Soldaten auf dem Nato-Stützpunkt in Konya besuchen, nicht aber die auf der türkischen Basis in Incirlik. „Im Moment sind die Bedingungen für einen Besuch in Incirlik nicht gegeben.“ Cavusoglu hatte schon vor dem Krisengespräch mit Gabriel gesagt, die Türkei werde einem Abzug der deutschen Soldaten nicht im Wege stehen. „Wir haben sie willkommen geheißen, als sie kamen, und wenn sie gehen, dann werden wir ihnen freundlich auf Wiedersehen sagen.“
In Incirlik sind rund 260 deutsche Soldaten mit ihren „Tornado“-Aufklärungsflugzeugen und einem Tankflugzeug stationiert. Nach einem Abzug sollen sie sich von Jordanien aus am Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) beteiligen.
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes begründete die türkische Regierung das jüngste Besuchverbot für deutsche Abgeordnete in Incirlik damit, dass Deutschland türkischen Offizieren Asyl gewährt hat. Ankara beschuldigt die Soldaten, Angehörige der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen zu sein, den Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch vom Juli vergangenen Jahres verantwortlich macht.
Vor dem Besuch von Außenminister Sigmar Gabriel in Ankara hofft die türkische Regierung auf eine Verbesserung der Beziehungen zu Deutschland und der EU. Ziel der Türkei sei eine Normalisierung, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu vom Sonntag in Ankara. Yildirim mahnte jedoch auch, dass das keine einseitige Angelegenheit sei. „Es ist grundlegend, dass sich Deutschland dazu bewegt“, sagte er.
Yildirim warf Deutschland zudem vor, nicht die „nötige Haltung“ im Umgang mit der Gülen-Bewegung zu haben. Die die türkische Führung macht die Bewegung für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich. Die Bundesregierung sei zudem zu nachsichtig im Umgang mit Anhängern der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, so Yildirim. Diese Themen werde die Cavusoglu bei Gabriels Besuch ebenfalls ansprechen.
„Die Türkei muss ein Besuchsrecht zweifelsfrei zusichern“, sagte Gabriel. „Wenn die Türkei das in Incirlik aus Gründen der Innenpolitik nicht kann oder will, sollten wir uns ohne Streit und partnerschaftlich auf eine Beendigung der Truppenstationierung verständigen.“ Unabhängig davon, ob die Bundeswehr in Incirlik bleibe oder nicht, müssten neue Anknüpfungspunkte gesucht werden, betonte der Minister. „Die Megafon-Politik muss ein Ende finden.“
Zur Kritik der Türkei, in Deutschland würden Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK geschützt, sagte Gabriel: „Die PKK ist auch bei uns eine verbotene Organisation, weil sie in Waffen- und Drogenhandel und Schutzgelderpressung tief verwickelt war. Es ist also durchaus auch in unserem Interesse, deren Finanzströme trocken zu legen und ihr auf deutschem Boden keine Spielräume zu lassen. Das ist ein Punkt, den die Türkei zurecht anspricht.“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann rief vor der Gabriel-Reise zu Besonnenheit im Streit über die Luftwaffenbasis auf. „Ich warne davor, die Bundeswehr überstürzt aus Incirlik abzuziehen“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

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