Österreich will im Fall Skripal keine russischen Diplomaten ausweisen. Die rechte Bundesregierung beruft sich auf die Neutralität. Doch andere Gründe scheinen wichtiger.
Mit der Harmonie war es rasch vorbei. Da verkündete die rechtskonservative österreichische Bundesregierung, man werde sich – weil ein neutrales Land – nicht an der Ausweisung russischer Diplomaten beteiligen, mit der 14 EU-Staaten auf den versuchten Mord an dem ehemaligen Agenten Sergej Skripal und seiner Tochter reagiert hatten. Doch schon im nächsten Moment gab es Ärger in den eigenen Reihen. „Österreich hat in der Verfassung klargestellt, dass es in der EU nicht neutral sondern solidarisch ist. Neutralität ist für Österreich kein Argument! Sorry!“ twitterte Othmar Karas, EU-Abgeordneter der in Wien regierenden ÖVP.
Die österreichische Bundesregierung hatte abwägen müssen: Auf der einen Seite wiegen die wirtschaftlichen Interessen schwer, etwa jene der Mineralölgesellschaft OMV, die eng mit der russischen Gazprom zusammenarbeitet.
Dazu kommen die Begehrlichkeiten der heimischen Exportwirtschaft. Deren Vertreter werden nicht müde zu betonen, was sie von Sanktionen gegen Moskau halten, nämlich nichts. Österreich beteiligt sich, wenn auch missmutig, an den EU-Sanktionen wegen der Annexion der Krim. Seit 2014 sanken die Exporte nach Russland um 9,5 Prozent, das entspricht rund einer Milliarde Euro, errechneten Ökonomen des Wiener Wirtschaftsforschungsinstituts.
Es ist kein Geheimnis, dass Teile der FPÖ die Wünsche Moskaus erfüllen würden, wenn es allein nach ihnen ginge: Aufhebung der Sanktionen und Anerkennung der Krim als Teil Russlands. Die Freiheitlichen sind seit 2016 durch einen Partnerschaftsvertrag mit der Kreml-Partei Einiges Russland verbunden, der unter anderem eine „Stärkung der Freundschaft und Erziehung der jungen Generation im Geist von Patriotismus und Arbeitsfreude“ vorsieht.