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Regierungsbildung in Rom in letzter Minute geplatzt

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Staatspräsident Mattarella lässt sich von den Populisten nicht erpressen und lehnt einen Euro-Gegner als Finanzminister ab. Daraufhin verzichtet der designierte Premier Conte auf den Regierungsauftrag.
Es war ein Paukenschlag, wie es selbst die zur Theatralik neigende italienische Politik nur selten erlebt: Einen Tag, bevor er eigentlich als neuer Regierungschef hätte vereidigt werden sollen, hat der designierte Premier Giuseppe Conte seinen Regierungsauftrag an Staatspräsident Mattarella zurückgegeben.
Der parteilose, der Protestbewegung Cinque Stelle nahestehende Rechtsprofessor war von den beiden populistischen Anti-System-Parteien Cinque Stelle und der rechtsradikalen Lega erst vor wenigen Tagen als Kompromisskandidat vorgeschlagen und von Mattarella wegen dessen politischer Unerfahrenheit eher widerwillig mit einem Regierungsauftrag ausgestattet worden. Nun hat sich das Problem erledigt.
Ganz unerwartet ist der gestrige Eklat im Römer Quirinalspalast nicht gekommen: Die Lega von Matteo Salvini und die Cinque Stelle von Luigi Di Maio hatten sich bei der Zusammenstellung der Kabinettsliste auf den Euro- und Deutschlandgegner Paolo Savona als Minister für Wirtschaft und Finanzen festgelegt. „O Savona o morte“: Auf diese einfache Formel hatte es Salvini das Ultimatum an Mattarella gebracht: „Entweder Savona oder der Tod.“
Etwas weniger dramatisch ausgedrückt: Sollte der 81-jährigen Ökonom Paolo Savona nicht Minister in dem Schlüsselressort für Wirtschaft und Finanzen werden, „dann gibt es keine neue Regierung mit der Lega und der Protestbewegung Cinque Stelle mehr, sondern Neuwahlen“. Genau dies hat Salvini gestern nach den Veto Mattarellas gegen Savona bestätigt.
Was die beiden Populistenführer in den letzten Tagen inszeniert haben, war nichts anderes als eine Erpressung, wie sie in der Nachkriegsgeschichte der italienischen Republik noch nie vorgekommen war. Denn in Italien sind es laut der Verfassung nicht die Chefs der Regierungsparteien, welche die Minister nominieren, sondern der Staatspräsident, der seine Ernennungen auf Vorschlag des designierten Regierungschefs vornimmt. Der Präsident kann auch Vorschläge ablehnen, und das ist in früheren Jahren auch schon öfter geschehen. Doch Salvini und Di Maio interessieren sich herzlich wenig für die Rechte des Staatspräsidenten – und beschworen damit eine institutionelle Krise herauf.
Mattarella hat dem Druck standgehalten. Er konnte schon aus Prinzip nicht auf Salvinis und Di Maios Diktat eingehen: Es ging um die Würde seines Amts und um sein persönliches Ansehen. Aber vor allem hätte er mit einem Durchwinken Savonas einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen: Die populistische Anti-System-Regierung aus Lega und Cinque Stelle hätten ein Nachgeben als Einladung betrachten, künftig auch bei verfassungswidrigen Gesetzen der Regierung, die der Staatspräsident von Amts wegen ebenfalls gegenzeichnen müsste, gleich mit dem Sturz der Exekutive zu drohen und Mattarella dann wieder die Schuld für die politische Krise in die Schuhe zu schieben.

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