Start Deutschland Deutschland — in German „Es wäre nicht klug, die USA abzuschreiben“

„Es wäre nicht klug, die USA abzuschreiben“

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Donald Trump hat beim G7-Gipfel ein Debakel angerichtet. Außenpolitikexperte Thomas Kleine-Brockhoff zur Frage, ob der Westen am Ende ist. Ein Interview.
Herr Kleine-Brockhoff, US-Präsident Donald Trump düpiert seine wichtigsten Partner auf offener Bühne, er macht den G-7-Gipfel zur Farce, kassiert nachher gegebene Zusagen wieder ein. Erleben wir einen Wendepunkt der Geschichte?
Wir sind mitten in einer Krise des Westens, in der unterschiedliche Vorstellungen aufeinanderprallen, was uns verbindet oder verbinden sollte. Unter Führung der USA hat sich der Westen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bemüht, eine regelbasierte Ordnung zu befördern, die auf demokratischen Werten basiert. Die Deutschen waren große Profiteure dieser Ordnung und sind bis heute ihre eifrigsten Verteidiger. Donald Trump aber hat eine kulturalistische Vorstellung des Westens. Er sieht ihn ihm eine Gemeinschaft traditioneller Werte, die sich am Ende als eine Art anti-muslimische Verteidigungsallianz versteht. Das hat er in Warschau in einer Rede ausbuchstabiert. Trump sieht auch Russland als Teil dieser Gemeinschaft, nicht als ein Land, das Regeln und Werte durch aggressives Verhalten bricht – mit der Besetzung der Krim und in der Ostukraine. Deshalb will er ja auch Russland wieder zurückholen in den Kreis der G7.
Wie soll man überhaupt noch Abmachungen treffen mit einem Präsidenten, der erst ein gemeinsames Kommunique unterschreibt und dann seine Zustimmung zurückzieht?
Der Umgang mit Donald Trump wird eine große Herausforderung bleiben. Wir sollten aber nicht vergessen, dass wir die Krise des Westens auch in Europa erleben. Der neue italienische Ministerpräsident Conte hat auf der Grundlage der gleichen Vorstellungen wir Trump zugestimmt, Russland wieder in die G8 zurückzuholen. Erst die anderen Europäer konnten ihn davon abbringen. Wir sollten nicht glauben, dass es nur um einen europäisch-amerikanischen Streit geht. Diese Krisensymptome finden sich in vielen Ländern des Westens, auch in Deutschland.
Folgt das Handeln des amerikanischen Präsidenten einem Plan oder herrscht hier nur Emotionalität und unberechenbares Machotum?
Es ist oft schwierig, das zu trennen.

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