Seit über 15 Jahren regiert er die Türkei. Jetzt steht Recep Tayyip Erdogan im Zenit seiner Macht. Als neuer Präsident hat er nahezu unumschränkte Befugnisse. Jetzt ist Erdogan Staatsoberhaupt und Regierungschef in einer Person. Bei der Amtseinführung stellte er sein neues Kabinett vor, dem auch sein Schwiegersohn wieder angehört.
Am Montagabend stellte Erdogan seine neue Regierungsmannschaft vor. Zum Vizepräsidenten berief er Fuat Oktay, einen engen Berater des früheren Premiers Binali Yildirim. Um die Regierungsarbeit zu straffen, werde die Zahl der Ministerien von bisher 27 auf 16 reduziert. So geht das bisherige Europaministerium im Außenministerium auf. Das Ressort führt der bisherige Amtsinhaber Mevlüt Cavusoglu, ein Hardliner, der sich im Verhältnis zu Europa und den USA in der Vergangenheit häufig durch scharfe Attacken hervorgetan hat. Auch der bisherige Justizminister Abdulhamit Gül behält seinen Posten, ebenso Innenminister Süleyman Soylu. Das Verteidigungsministerium übernimmt der frühere Generalstabschef Hulusi Akar.
Die bisher auf sechs Ressorts verteilten Zuständigkeiten für die Wirtschafts- und Finanzpolitik konzentrieren sich künftig auf drei Ministerien. Neuer Finanz- und Schatzamtsminister wird Erdogans Schwiegersohn Berat Albayrak, der bisher das Energieressort führte. Der bislang für die Koordination der Wirtschafts- und Finanzpolitik zuständige Vizepremier Mehmet Simsek gehört der neuen Regierung nicht mehr an. Simsek, ein früherer Investmentbanker, genoss das Vertrauen der Investoren und Finanzmärkte. Er galt als Verfechter einer pragmatischen Wirtschaftspolitik. Sein Ausscheiden dürfte daher von den Märkten negativ aufgenommen werden. In der Wirtschafts- und Finanzpolitik besteht dringender Handlungsbedarf: Die Inflation liegt mit 15,4 Prozent auf dem höchsten Stand seit 15 Jahren, die Lira hat seit Jahresbeginn massiv an Wert verloren und die Devisenreserven der Zentralbank schmelzen dahin.