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Prozess: Niels Högel wegen 100-fachen Mordes vor Gericht

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Es ist die wohl größte Mordserie in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Scheinbar wahllos suchte der ehemalige Pfleger seine Opfer aus.
Oldenburg (Niedersachsen) – Es ist die wohl größte Mordserie in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Scheinbar wahllos suchte der ehemalige Pfleger Niels Högel (41) seine Opfer in den Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst aus und spritzte ihnen ein Herzmedikament, das in vielen Fällen zum Tod führte.
Der 41-Jährige wurde in zwei früheren Prozessen bereits wegen fünf Taten verurteilt. Nach einem Geständnis und umfangreichen Ermittlungen beginnt diesen Dienstag ein weiteres Strafverfahren.
Seine Opfer waren wehrlose Patienten im Alter zwischen 34 und 96 Jahren. Sie alle lagen auf der Intensivstation, waren auf Hilfe angewiesen. Das nutzte der Todespfleger aus – jahrelang. Niels Högel hatte Patienten den Wirkstoff Ajmalin sowie Kalium und möglicherweise noch weitere Stoffe gespritzt. Laut Anklage wollte er so Herz-Kreislauf-Stillstände auslösen, um sie wieder zu beleben. Doch in vielen Fällen war die Dosis tödlich.
Der Pfleger Niels Högel soll von Februar 2000 bis Juni 2005 an den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst in Niedersachsen 100 Patienten umgebracht haben. Högel wurde bereits in zwei Prozessen im Jahre 2000 und 2015 in sechs Fällen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Damals wurde auch die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Seit 2008 sitzt er in Haft.
Niels Högel hatte Unterforderung im klinischen Alltag als Motiv für seine Taten angegeben. Wenn er Kranke wiederbeleben konnte, habe er sich als Held gefühlt. Im Prozess 2015 hatten frühere Delmenhorster Kollegen ausgesagt, dass es auffällig oft Wiederbelegungen in Niels Högels Schichten gab. Zudem stieg der Verbrauch des Herzmedikaments in seiner Zeit auf der Intensivstation sprunghaft, die Todesrate verdoppelte sich beinahe.
Schon im ersten Prozess gab es Beweise, dass deutlich mehr Morde auf das Konto des Pflegers gehen.
Der damalige Staatsanwalt Carsten Z. (53) war von 2006 bis 2008 und von 2011 bis 2013 für den Fall zuständig. Schon damals meldeten sich Opfer-Angehörige, forderten eine Exhumierung. Auch die Polizei drängte, wollte weiter ermitteln. Doch es tat sich nichts.
Erst als Angehörige der Opfer nicht locker ließen und eine andere Oberstaatsanwältin den Fall übernommen hatte, kam es zu einem weiteren Prozess. In dem zeigte sich dann das gesamte Ausmaß der Taten.
Gerüchte und später auch konkrete Hinweise, dass der Pfleger Patienten tötete, gab es an beiden Kliniken.
Vier frühere Kollegen von Högel am Klinikum Delmenhorst werden sich wegen Totschlags durch Unterlassen vor Gericht verantworten müssen. Die Ermittlungen gegen fünf ehemalige Klinikmitarbeiter aus Oldenburg laufen noch.
► Herzchirurg Prof. Otto D. (53) war von 1999 bis 2001 Högels Chef auf der herzchirurgischen Intensivstation in Oldenburg. Allen dort fiel auf, dass Högel bei Reanimationen auffällig oft zugegen war. Statt Högel anzuzeigen, ließ er ihn versetzen, der Pfleger tötete weiter. Dabei hätten die Beweise damals schon ausgereicht, ihn zu entlarven, glaubt die Soko.

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