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Thomas Gottschalk:

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Moderator Thomas Gottschalk macht jetzt
Thomas Gottschalk: „Ich bin der Durchschnittsdeutsche“
Exklusiv Moderator Thomas Gottschalk macht jetzt „Minderheitenfernsehen“. Die Quote, findet er, sollte die öffentlich-rechtliche Sender nicht kümmern.
Eine klassische Literaturfrage zum Start: Welches Buch nehmen Sie mit auf die einsame Insel?
Gottschalk: Wahrscheinlich „Josef und seine Brüder“ von Thomas Mann, weil ich 80 Jahre auf der Insel sitzen könnte, ohne damit fertig zu werden. Aber im Moment gibt es natürlich nur drei Bücher, die ich liebe, nämlich die, die ich in meiner Sendung vorstelle.
Sarah Kuttners „Kurt“, Ferdinand von Schirachs „Kaffee und Zigaretten“ und „Rückwärtswalzer“ von Vea Kaiser…
Gottschalk: Wissen Sie, ich lebe ja so ein bisschen in dieser Ausschnittswelt: Was ist das Nächste? Bis vor zwei Wochen habe ich an Heidi Klum und ihre Models geglaubt, als ich dort als Juror tätig war. Jetzt glaube ich an Literatur, danach mache ich „50 Jahre ZDF-Hitparade“ und wenn ich das tue, empfehle ich bestimmt, Dieter Thomas Hecks Biografie zu lesen. Ich bin also in einem großen Zirkus unterwegs, und ich freue mich, dass ich diesen Horizont erweitern kann. Dass mir der Bayerische Rundfunk eine Büchersendung zutraut, darauf muss man erst mal kommen. Gut, dass wir darauf gekommen sind.
Wer ist denn darauf gekommen: Sie oder der Bayerische Rundfunk?
Gottschalk: Also, ich bin ja ohne eigenes Verschulden, einfach durch das Verblöden meines Umfelds, so ein bisschen in die intellektuelle Ecke gerutscht. Aber ich bin der Meinung, dass es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ab und zu mal Ausrufezeichen geben sollte. Und diese Sendung, die ich dem BR nahegebracht habe, ist so ein Zeichen, ein Lesezeichen nämlich.
Darauf muss man auch erst mal kommen. Thomas Gottschalk rettet den Bildungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen?
Gottschalk: Lachen Sie nicht: Ich habe früher immer gesagt, dass mir die Bild-Zeitung näher ist als die Zeit, weil mir die Bild-Leser einfach eine höhere Quote bescheren als die Zeit-Leser. Nun sage ich, wenn ich das Bild-Niveau hebe, ist mir das lieber, als das Zeit-Niveau senken zu müssen. Ich habe mich immer in der Mitte pudelwohl gefühlt.
Sie haben mal erzählt, dass Menschen sich wundern, wenn sie Sie in der Oper treffen…
Gottschalk: Die Hochkultur an sich ist ja durch die definiert, die glauben, sie begriffen zu haben. Ich habe mich nie dazugezählt. Wenn ich in Bayreuth sitze und den Lohengrin genieße, dann errege ich mich nicht an einem hohen C oder daran, dass der Chor mit Rattenschwänzen umherläuft. Vielleicht verstehe ich das einfach nicht. Die Hochkultur verschreckt mich manchmal, manchmal verschrecke ich die Hochkultur.
Und jetzt werden Sie zum Hüter der Hochkultur? Oder zumindest der Buchkultur?
Gottschalk: Ich werde auch in meiner Sendung ganz sicher nicht mit der Attitude antreten: „Ich erkläre euch jetzt Bücher, die ihr ohne mich nicht verstanden hättet.“ Für mich geht es einfach um Folgendes: Ich habe drei Bücher gelesen, die ich sonst wahrscheinlich nicht gelesen hätte, und werde mich mit den Autoren darüber unterhalten – was mir aufgefallen ist, was sie reingeschrieben haben, was ich vielleicht nicht bemerkt habe. Also: Die generelle Leichtigkeit meines Tuns wird sich nicht ändern, nur weil ich auf einmal mit Literatur zu tun habe. Und ich werde mit Herrn von Schirach nicht anders umgehen als etwa mit einem Justin Bieber, den ich übrigens vor fünf Jahren in Augsburg zum ersten Mal getroffen habe. Ich bin da angstfrei.
Wie meinen Sie das eigentlich mit der Verblödung Ihres Umfelds?
Gottschalk: Netter Versuch, aber ich werde jetzt keine Namen nennen. Wir merken doch, dass es im Fernsehen die Flucht in den simplen Krimi gibt, weil der funktioniert. Dass es die Flucht ins noch banalere Quiz gibt, weil das auch funktioniert. Und die Öffentlich-Rechtlichen verkaufen das als Bildungsauftrag …
Liegt diese Flucht nicht auch daran, dass alte Ideen – etwa die große Samstagabend-Show, die Sie berühmt und reich gemacht hat – nicht mehr wirklich funktionieren?
Gottschalk: Ich mache mir nichts vor.

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