Start Deutschland Deutschland — in German Die Tulsa-Blamage: Wahlkampfauftakt vor leeren Rängen

Die Tulsa-Blamage: Wahlkampfauftakt vor leeren Rängen

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Donald Trumps erster Wahlkampfauftritt nach langen Corona-Monaten sollte ein Comeback einläuten. Es misslang. Statt 19000 Menschen kamen 6200.
An diesem Wochenende, so sieht es aus, ist Frühdasein besonders wichtig: Eine Million Anmeldungen für das erste „Make America Great Again“-Wahlkampfereignis seit dem Corona-Shutdown soll es laut Donald Trump gegeben haben,19000 Menschen passen in die Mehrzweckhalle BOK Center in der Stadtmitte von Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma. Wer zu spät kommt, müsse sich die Rede draußen auf einer der Leinwände ansehen, heißt es.
Sie kennen sich hier, die „Front Row Joe’s“ genannten Männer und Frauen mit politisch eindeutigen T-Shirts und Kappen sind immer die ersten, die zu den Campaign Rallys, den Wahlkampfveranstaltungen anreisen. Sie campen Tage vorher, um ganz vorne zu sein, wenn die Hallentüren aufgehen.
Sie reisen Donald Trump hinterher, endlich wieder nach drei lähmenden Corona-Monaten, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, der im November für eine zweite Amtszeit wiedergewählt werden will. Hierher nach Tulsa, wo Samstagabend der Auftakt einer Tournee stattfinden soll unter dem Motto: The Great American Comeback, das große amerikanische Comeback. Es wird ausbleiben.„Das sind historische Dokumente“
Judy Nyegaard und Trisha Hope werden es wohl hinein schaffen. Sie haben einen Platz vorn in der Schlange der Wartenden, die sich schon am Donnerstag aufgebaut hat.32 Rallys haben die beiden Schwestern aus dem texanischen Houston bereits besucht, überall im Land. Und sie haben aus ihrer Leidenschaft eine finanzielle Unternehmung gemacht.
Sie haben aus Trumps gesammelten Tweets Bücher erstellt. „Das sind historische Dokumente, die anders als die verzerrten Medienberichte die reine Botschaft von Trump vermitteln“, sagt Trisha Hope, im normalen Leben ist sie Immobilienmaklerin, sagt sie. Für jedes Jahr gibt es einen Band, der dritte ist gerade fertig geworden.
37 Dollar soll so ein Werk kosten, angeblich gibt es eine große Nachfrage auch in Deutschland. Und die beiden rechnen fest damit, sagen sie, dass es nach Band vier noch vier weitere geben wird. „Natürlich wird Trump im November wiedergewählt“, sagt Trisha Hope. Eng beieinander sitzen und sich heiser schreien
Damit daran kein Zweifel aufkommt, heizt der Präsident seine Fans am Samstagmorgen in einer E-Mail noch mal an und verspricht eine Rally, wie sie die Welt noch nicht gesehen habe. Experten im ganzen Land – und selbst Trumps Topvirologe Anthony Fauci – warnten in den vergangenen Tagen zunehmend alarmiert davor, ein solches Massenereignis in einer Halle in diesen Zeiten durchzuführen.
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Angesichts von Tausenden aus dem ganzen Land anreisenden Zuschauern, denen es in den geschlossenen Räumen nicht nur freigestellt ist, ob sie einen Mundschutz tragen, sondern von denen geradezu erwartet wird, dass sie eng beieinander sitzen und sich heiser schreien, könnte Tulsa zu einem „Superspread-Event“ werden, bei dem es anschließend Hunderte Infizierte in mehreren Bundesstaaten gibt.
In den USA sind mehr als 120000 Covid-19-Erkrankte gestorben. Trump selbst wird sagen an diesem Abend, bei Covid-19 habe seine Regierung einen „phänomenalen Job“ gemacht, „und das sogar ganz ohne eine Maske zu tragen“. Das stolze Amerika ist zurück
Während die Fallzahlen in New York und anderen hart getroffenen Orten zurückgehen, steigen die Infektionen anderswo noch oder wieder an. Auch in Oklahoma. Alle großen Nachrichtenseiten melden wenige Stunden vor Beginn, dass sechs Mitarbeiter der Trump-Kampagne, die an den Vorbereitungen in Tulsa beteiligt waren, bei Routinekontrollen positiv auf das Virus getestet wurden. Zwei davon sollen Secret-Service-Agenten sein.
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Aber Trump will im konservativen Oklahoma unbedingt auftreten, mit Bildern vollgepackter Ränge, auf denen „mutige Patrioten“ ohne Masken Abstandsregeln ignorieren, die zeigen sollen: Das stolze Amerika ist zurück, die Wirtschaft wird schnell wieder zu alter Stärke zurückfinden, die mehr als 40 Millionen Arbeitslosen werden bald wieder in Lohn und Brot sein.

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