Heute vor 45 Jahren bricht bei Stüde ein Wald- und Flächenbrand aus. Weitere in der Südheide und im Wendland folgen. Für Tage geraten die verheerenden Brände außer Kontrolle. Sieben Menschen sterben.
August 1975: Die bis dahin verheerendste Brand-Katastrophe der Bundesrepublik schockiert das Land. Innerhalb einer Woche zerstören die Flammen in der Lüneburger Heide rund 8.000 Hektar Wald und 5.000 Hektar Moor und Heide. Fünf Feuerwehrleute lassen in den Flammen ihr Leben, zwei weitere Helfer sterben ebenfalls.82 Menschen werden verletzt. Ein Unglück, das sein Ausmaß auch wegen unklarer Kompetenzen und persönlicher Fehleinschätzungen bekam. Anfang August 1975 ist es in Niedersachsen ungewöhnlich heiß und trocken. Etwa zwei Monate hat es vielerorts nicht mehr geregnet, die Temperaturen liegen konstant über 30 Grad. Statt der gewöhnlichen 80 beträgt die Luftfeuchtigkeit lediglich 20 bis 30 Prozent. Zudem weht ein starker Wind. Heute vor 45 Jahren, einem Freitag, bricht bei Stüde im Landkreis Gifhorn ein Wald- und Flächenbrand über mehrere Quadratkilometer aus. Weitere Brände flammen am 9. und 10. August in der Südheide bei Gifhorn und Celle auf. Bei den vorherrschenden Bedingungen breiten sie sich rasend schnell aus und drohen außer Kontrolle zu geraten.20 Meter hohe Feuerwände – Freiwillige Feuerwehr im Dauereinsatz Bei so vielen Brandherden ist es schwierig, genügend Personal und Tanklöschfahrzeuge zu jedem einzelnen Feuer zu bringen. Dieter Witt ist damals Gruppenführer der Freiwilligen Feuerwehr Unterlüß bei Celle. Jahre später erinnerte er sich im Gespräch mit dem NDR an den 10. August: „Die Freiwillige Feuerwehr Unterlüß hat acht Mann nach Eschede geschickt. Es war so heiß, dass die Tanklöschfahrzeuge auf dem Asphalt Spuren hinterlassen haben.“ In den ausgedehnten Kiefer-Monokulturen, aber auch im Bruchholz, das von dem Orkan „Quimburga“ im Jahr 1972 liegen geblieben ist, finden die Flammen Nahrung. Der Wind facht das Feuer zusätzlich an und lässt bis zu 20 Meter hohe Feuerwände entstehen.“Das Feuer kam übers Stoppelfeld“ Witt ist mit einem Löschfahrzeug bei Queloh im Einsatz und kämpft dort mit Kollegen gegen die Flammen: „Das Feuer kam übers Stoppelfeld. Mit einer einfachen Pumpe haben wir von einer Zisterne Wasser gepumpt. Da bin ich allein über brennende Teerstraßen gefahren. Das war teilweise lebensgefährlich, aber wir kannten uns gut aus.“Von den Flammen überrollt: Fünf Feuerwehrleute sterben Auch bei Meinersen im Kreis Gifhorn kämpfen Feuerwehrleute gegen die Flammen. Rolf Lüders und Manfred Tschesche gehören zur Wehr aus Hohenhameln, die zusammen mit einer Gruppe aus Fallersleben zum Löschen in den Wald geschickt wird. Plötzlich dreht der Wind, trägt das Feuer in eine andere Richtung. Die Situation gerät außer Kontrolle. „Das war ein richtig lautes Heulen, so ein Sog“, erinnert sich Lüders im Gespräch mit NDR 1 Niedersachsen. „Überall waren brennende Zweige und entfachten neues Feuer.“ Die Feuerwehrleute entscheiden sich zur Flucht, rennen um ihr Leben und erreichen das Einsatzfahrzeug aus Fallersleben, dem das Feuer nun den Fluchtweg abgeschnitten hat. In Todesangst rennt Lüders weiter – doch sein 16-jähriger Kollege Hartmut Oelkers bleibt. Ein Hubschrauber, der über dem Gebiet im Einsatz ist, kann die Feuerwehrleute nicht retten – er hat keine Rettungsseilwinde an Bord. Oelkers und die Männer aus Fallersleben werden von der Feuerwalze überrollt. Als sich das allgemeine Chaos etwas gelichtet hat, die Situation etwas entspannt hat, wird der heute 71-jährige Manfred Tschesche zurückgeschickt, um zu klären, was passiert ist. Und stößt auf die verbrannten Leichen von fünf Männern. „Keine Uniform mehr da, kein Helm, kein Gesicht“, so Tschesche. Kreisdirektor verkennt Gefahr – Regierungspräsident ruft Katastrophenfall aus Nach dieser Tragödie wird die Kritik an den Verantwortlichen auf Kreisebene immer lauter. Doch lange beharren sie weiterhin darauf, die Brände allein bekämpfen zu können.