Start United States USA — mix "USA sind in der Mitte zerrissen"

"USA sind in der Mitte zerrissen"

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Die Richter am Supreme Court seien keine „willfährigen Marionette“, meint US-Experte Kaim. Dennoch nutze Trump die Polarisierung der US-Wähler geschickt aus – ein Konflikt, den auch ein Amtsnachfolger erben würde.
Die Richter am Supreme Court seien keine „willfährigen Marionette“, meint US-Experte Kaim. Dennoch nutze Trump die Polarisierung der US-Wähler geschickt aus – ein Konflikt, den auch ein Amtsnachfolger erben würde. tagesschau.de: Herr Kaim, die Stimmen sind noch nicht alle ausgezählt und dennoch erklärt sich Donald Trump zum Sieger der US-Präsidentschaftswahl. Normalerweise passiert so etwas in Diktaturen. Warum macht er das? Markus Kaim: Er setzt seine Politik der letzten Wochen und Monate fort, den Wahlvorgang systematisch zu delegitimieren. In seiner Antwort auf die Frage, ob er die Wahl und das Wahlergebnis akzeptieren werde, sagte er, nur wenn er selber gewinnen würde. Ziel seines Wahlkampfs war es nicht nur, zu gewinnen, sondern den Wahlvorgang selbst in Frage zu stellen. tagesschau.de: Ist das noch demokratisch? Kaim: Ich mache mir solange keine Sorgen, wie es noch kontrollierende Institutionen gibt. Trump hat ja selber angekündigt, er wolle den Weg vor die Richter antreten, um die weitere Auszählung der Stimmen zu stoppen. Wie das genau ablaufen soll, bleibt sein Geheimnis. Das Wahlrecht ist keine Bundeskompetenz, sondern die Kompetenz der Bundesstaaten. Aber ich würde davor warnen zu glauben, dass der Supreme Court, den er heute angesprochen hat, sich seinem Willen so einfach beugen würde. „Richter sind keine Marionetten“ tagesschau.de: Er hat das Oberste Gericht, den Supreme Court, in den vergangenen Jahren mit konservativen Richtern besetzt. Aber Sie glauben an die Unabhängigkeit der Richter? Kaim: Ich warne vor der Lesart, dass die von Trump ernannten Richter willfährige Marionetten sind. Das kann man nicht belegen. Die Idee dahinter ist, dass Richter, die von einem Präsidenten ernannt wurden, zu Marionetten werden. Aber da gibt’s viele Gegenbeispiele, die zeigen, dass Richter viel autonomer sind, als man gemeinhin glaubt. Etliche Urteile, die der Supreme Court gerade in den letzten Tagen in Sachen Wahlrecht und Wahlverfahren gefällt hat, richteten sich gegen den erklärten Willen des Präsidenten. Das ist ein erstes Indiz gegen die Gleichung: Von Präsident Trump ernannt bedeutet Urteile sprechen im Sinne von Trump. Diese Gleichung stimmt so nicht. Biden „erbt Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft“ tagesschau.de: Momentan hat der Demokrat Joe Biden bei der Zahl der Wahlleute die Nase noch knapp vorn. Kaim: Wenn Biden gewinnt, erbt er die Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft. Sie wäre der Ausgangspunkt seiner Präsidentschaft. Das Wahlergebnis zeigt deutlich, die USA sind in der Mitte zerrissen. Das ist eine große Bürde für eine neue Präsidentschaft. Trotz seines guten Willens, seiner ausgleichenden Persönlichkeit und seiner Absicht, Brücken zu bauen ist das ein Eckpunkt für sein politisches Handeln, den er in Rechnung stellen muss.

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