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Wie kam es zum Sturm auf das Kapitol?

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Ein rechter Mob stürmt das US-Parlament – ein Symptom der jahrelangen Aufspaltung in viele Parallelgesellschaften. Die Aufarbeitung stellt den designierten Präsidenten Biden vor ein Dilemma. Von Jasper Steinlein.
Ein rechter Mob stürmt das US-Parlament – ein Symptom der jahrelangen Aufspaltung in viele Parallelgesellschaften. Die Aufarbeitung stellt den designierten Präsidenten Biden vor ein Dilemma. Ein enthemmter Mob, bewaffnet und mit rechtsextremen Symbolen orniert, bricht ins Parlament ein, in dem gerade Abgeordnete den künftigen Präsidenten Joe Biden für sein Amt legitimieren – Szenen aus dem Kapitol in der US-Hauptstadt Washington, die zeigen, wie tief die Demokratie in Amerika in die Krise gesunken ist. „Das Schlimmste ist, dass es Donald Trump gelungen ist, zumindest bei einer bestimmten Gruppe der Bevölkerung das Vertrauen in den demokratischen Prozess elementar zu erschüttern, geradezu zu vernichten“, resümiert die Historikerin Britta Waldschmidt-Nelson, Professorin für Geschichte des europäisch-transatlantischen Kulturraums an der Universität Augsburg. „Wenn man sich überlegt, dass die US-amerikanische Republik ja eigentlich die erste der Welt war, in der es seit mehr als 200 Jahren eine Tradition des friedlichen Machtwechsels gab. Und das hat er jetzt zunichte gemacht.“ Seit seiner ersten Präsidentschaftskandidatur konnte Trump eine breite Unterstützerschar hinter sich versammeln, indem er sich gezielt auch für radikale Gruppen anschlussfähig machte: Neben den Abstiegs- und Verlassensängsten konservativer Arbeiter bediente er etwa den Endzeitglauben evangelikaler Christen, den Wunsch der „white supremacists“ nach einer rassistischen Gesellschaftsordnung, die Ängste Ultrakonservativer vor einem nationalen und internationalen Stärkeverlust der USA, den unerschütterlichen Glauben der sogenannten „Alt Right“-Milizen an Polizei, Militär und das Recht auf Bewaffnung. Der „ganz harte, gewaltbereite Kern“ dieser Unterstützerbasis sei es nun gewesen, der von den Demonstrationen zum Sturm auf das Kapitol ansetzte, sagt Waldschmidt-Nelson – „die Leute, auf die er ganz gezielt in den vergangenen Monaten immer wieder eingeredet hat.“ Trumps Aufforderung an die „Proud Boys“, sich zurückzuhalten und in Habachtstellung zu bleiben („stand back and stand by“), sei nur ein Beispiel für seine Versuche, den Wahlprozess zu entlegitimieren – „nach dem Motto: ‚Wenn ich mit demokratischen Mitteln nicht an der Macht bleiben kann, dann tue ich es mit undemokratischen Mitteln.

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