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Frank Schätzing über Schuld in der Klimakrise: „Kein Mensch ist eine Klimaschutzmaschine“

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Können wir die Welt in der Klimakrise noch zum Besseren wenden? Starautor Frank Schätzing hält ein optimistisches Szenario noch für denkbar – auch wenn die aktuelle Lage eher einem Thriller gleiche. Im RND-Gespräch erzählt der „Schwarm“-Autor, weshalb Schuldzuweisungen nicht weiterhelfen, die eigene Gestaltungsmacht der Schlüssel zum Klimaschutz ist und die Corona-Pandemie am Ende sogar helfen könnte.
Statt mit einer schönen Abenteuerstory beschäftigt sich Frank Schätzing dieser Tage mit der realen Bedrohung. Wir befinden uns in einem Thriller – nicht als Leser oder Zuschauer, sondern als Akteure in dieser Welt, behauptet der mit „Der Schwarm“ (2004) bekannt gewordene deutsche Bestsellerautor. Er spielt dabei auf eine der größten Herausforderungen unserer Zeit an: die Klimakrise. Im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) gibt sich der Kölner überzeugt davon, dass die Menschen die Fähigkeit besitzen, die Dinge noch zum Best-case-Szenario zu wenden. „In der Klimakrise werden wir aber viel persönliches Heldentum brauchen“, betont der 63-Jährige. Mitte April ist sein neues Sachbuch erschienen. Der Titel: „Was, wenn wir einfach die Welt retten? Handeln in der Klimakrise“. Erschienen bei Kiepenheuer & Witsch,320 Seiten, gebundene Ausgabe 20 Euro. Herr Schätzing, Sie haben ein Sachbuch über Handlungsoptionen in der Klimakrise geschrieben. Dabei befinden wir uns gerade mitten in der Corona-Pandemie. Besteht die Gefahr, dass viele Menschen sofort abschalten, weil bei dem Thema gleich die nächste Katastrophe ins Bewusstsein rückt? Frank Schätzing: Genau das ist letztes Jahr passiert. Corona hat alles überlagert. Klimaschutz fand plötzlich nicht mehr statt. Aber das ist dem Klima egal. Die Klimakrise ist eine existenzielle Katastrophe, und die stellt sich nicht höflich hinten an. Wir stecken mittendrin. Gleichzeitig hat uns das Virus gezeigt, dass wir in keinem Teil der Erde sicher vor globalen Katastrophen sind. Umso dringlicher müssen wir uns jetzt der Klimakrise annehmen. Uns nicht von einer Panik in die nächste treiben lassen, sondern klaren Kopf bewahren und uns unserer Gestaltungsmacht besinnen. Gibt es bei Ihnen einen Auslöser, wieso Sie sich als Romanautor nun auf eher faktische Weise mit dem Klimawandel beschäftigen? Das fing so richtig vor 20 Jahren an, bei der Recherche zum „Schwarm“. Ursprünglich wollte ich einen reinen Science-Fiction-Roman schreiben. Der ökologische Aspekt interessierte mich weniger. Es sollte um eine hochintelligente Rasse gehen, so verschieden von uns, dass wir kaum in der Lage wären, mit ihr zu kommunizieren, nur war so ziemlich jeder Außerirdische schon mal beschrieben worden. Also dachte ich, lass sie halt nicht aus dem Weltraum kommen, sondern aus den Tiefen unserer Meere. Ich hatte zuvor einen Traum gehabt, in dem uns Meereslebewesen ans Leder wollten. Dadurch bekam die Geschichte einen grundlegend anderen Dreh. Plötzlich lag der Fokus auf den Ozeanen, und je mehr ich recherchierte, desto klarer wurde mir, auf welch entsetzliche Weise wir dieses gewaltige Ökosystem schädigen und damit unsere Lebensgrundlagen. Seitdem treibt mich das um. In „Was, wenn wir einfach die Welt retten?“ schreiben Sie nun, wir leben aktuell als Akteure in einem Thriller, weshalb Sie als Romanautor auch keinen eigenen mehr zu erfinden brauchen. Welche Gemeinsamkeiten haben denn die Klimakrise und das Genre? Deutsche lieben bekanntermaßen Krimis. Da steht die Eskalation am Anfang. Irgendwo liegt eine Leiche, ein Kommissar kommt, führt die Geschehnisse zusammen und stellt die Ordnung wieder her. Im realen Leben läuft es eher wie im Thriller. Man lebt seinen unspektakulären Alltag, plötzlich und unerwartet bricht die Katastrophe herein. Weitere Bedrohungen kommen hinzu, die Lage eskaliert, kaum etwas wird aufgelöst. Alles scheint nur immer schlimmer zu werden. Das Gute am Thriller ist, dass er Raum für Helden lässt. Ganz normale Menschen wachsen über sich hinaus. Und in der Klimakrise werden wir viel persönliches Heldentum brauchen. Wenn viele Einzelne in der Lage waren, die Welt an den Abgrund zu bringen, können sie auch wieder davon wegbringen. Können wir als Einzelpersonen in der Klimakrise denn wirklich etwas bewirken, so wie im Thriller? Die Menschheit besteht ja nur aus Einzelnen. Institutionen sind Konstrukte. Es sind immer Einzelne, die unsere Welt gestalten, ob sie nun zu Hause auf dem Sofa sitzen oder im Weißen Haus. Herr Trump zieht aus, Herr Biden zieht ein, schon wird alles anders.

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