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Golf von Thailand

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Sie fliehen vor Pandemie, Klimakrise, Krieg: Auf Koh Phangan treffen sich Auswanderer, um ein neues Leben anzufangen. Darf man sich so einfach davon machen, während die Welt aus den Fugen gerät?
Farnaz Chavoushi,38, aus Amsterdam, machte in ihrem Leben vieles richtig, aber es fühlte sich falsch an. Sie studierte in Harvard, unterschrieb bei McKinsey, verantwortete 200-Millionen-Dollar-Projekte. Sie arbeitete viel, verdiente viel, und es ging schnell nach oben. Wie das eben läuft, wenn man»auf der Schiene ist«, wie sie sagt. Doch in stillen Momenten fühlte sie sich leer, busy, und unter Druck. Und dann tat Chavoushi vor zwei Jahren das, wovon die meisten nur immer mal wieder reden, es sich aber nie trauen. Sie zog auf eine Insel. Es sei ihr nie so gut gegangen wie in den vergangenen zwei Jahren, sagt Chavoushi. Ein bemerkenswerter Satz, weil es um die zwei Jahre geht, in denen sich mit Pandemie, Klimakrise, Kriegsnachrichten so ziemlich der ganze Rest der Welt in regelmäßigen Abständen fragte, wie lange man den Wahnsinn noch aushalten kann. Die Insel, auf die Chavoushi gezogen ist, heißt Koh Phangan und liegt im Golf von Thailand, gegenüber von Koh Samui, das ist die Insel der Pauschaltouristen. Phangan erreicht man mit dem Boot in 40 Minuten. Es ist ein Ort mit engen Buchten und felsigen Sandstränden. Sie rahmen einen hügeligen dunkelgrünen Dschungel, von dem am Abend weißer Dunst aufsteigt, fast als hätte der König der Löwen ein kleines Feuer gemacht. Die Insel teilt sich auf in zwei Teile. Den Süden, in dem Backpacker die Nächte auf Full Moon Partys durchfeiern. Und den Norden, wo die Yoga-Studios sind und die Seminare für ein bewussteres Leben. Wo auf Straßenschildern steht:»You are Everything«, und wo in den Cafés, die in Abwandlung alle Pure Vegan Heaven heißen, Essen ohne Salz aus Schüsseln gereicht wird. Die Ziele der Langzeitreisenden und Aussteigerinnen hießen mal Goa oder Bali. Jetzt sehr oft Koh Phangan. Farnaz Chavoushi, braune gestufte Locken, goldene Armreifen, das Kleid am Rücken gebunden, lebt dort in einem Bungalow, dessen Terrasse den Blick auf die Bucht freigibt. Hier sitzt sie und erzählt, von vorn. Sie sagt, sie habe ihr Leben lang nach diesem Vorsatz gelebt:»Du bist, was du erreichst. « Deshalb die Elite-Uni, der Job in der wichtig klingenden Firma, der wichtig klingende Jobtitel. Ihre Peer Group, wie Chavoushi sagt, also die Leute um sie herum, fanden bis spätabends arbeiten genauso geil wie sie. Weil alle wussten: Wer am krassesten drauf ist, bekommt als erste die Beförderung. Ein sich selbst erhaltendes System. Chavoushi sagt:»Ich habe immer gedacht: Wie sortieren mich die Leute ein, was denken sie von mir? Dabei bin ich immer unglücklicher geworden. « Dann geht Chavoushi auf ein Tanzfestival und lernt einen Typen kennen. Der nach völlig anderen Regeln lebt als sie: nur gelegentlich Geld verdienen, viel an sich selbst arbeiten.

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