Seit Kriegsbeginn hat die Zahl der Hochzeiten markant zugenommen. Doch nicht alle Paare sind in Feierlaune.
Seit Kriegsbeginn hat die Zahl der Hochzeiten markant zugenommen. Doch nicht alle Paare sind in Feierlaune.Dmitri und Ewa Sklar posieren nach ihrer Hochzeit vor dem Standesamt für Fotos.
Den Bund fürs Leben schliessen Dmitri und Ewa Sklar im Erdgeschoss eines unscheinbaren Gebäudes an einer Nebenstrasse in Kiew. Sie trägt einen Hauch von einem Hochzeitskleid, er einen etwas unförmigen Anzug. Ihre Freunde haben Champagner und Blumen mitgebracht und sich für den Anlass tüchtig aufgetakelt. Alles ist bereit für den perfekten Tag. Doch etwas fehlt: die Familie der Braut.
Sie ist in Deutschland. Zu Beginn des Krieges war Ewas Mutter mit ihrem Partner und den drei Geschwistern geflüchtet. Eine Rückkehr für die Hochzeit kam nicht infrage. So sind sie gezwungen, den speziellen Tag auf dem Handybildschirm zu verfolgen. Lena, die beste Freundin der Braut, hält das Telefon fest in der Hand, so dass die Familie nicht verpasst, wie Dmitri und Ewa «Tak» zueinander sagen, die Urkunde unterschreiben und auf die Liebe anstossen, während die Freunde johlen und Nat King Cole aus den Lautsprechern singt: «Love was made for me and you.»Die Familie von Ewa kann die Zeremonie nur per Videoanruf verfolgen, da sie nach Deutschland geflüchtet ist. Lena (Mitte), die beste Freundin der Braut, sorgt dafür, dass sie nichts verpassen.
Ewa sagt: «Ich vermisse sie sehr. Aber es ist, wie es ist. Wir müssen es akzeptieren.» Die 23-Jährige und ihr 27-jähriger Ehemann kommen aus der Region Luhansk im Donbass, wo der Krieg schon 2014 begonnen hatte und jetzt noch heftiger tobt. Das Paar ist vor zwei Jahren nach Kiew gezogen, die Hauptstadt lockte mit dem Versprechen auf ein besseres Leben. Heiraten im Krieg, wieso nicht, findet Dmitri. «Man weiss sowieso nie, was als Nächstes passiert.»
Nach 20 Minuten ist die Zeremonie vorbei, die Hochzeitsgesellschaft zieht weiter in ein schickes Restaurant. Heiraten in der Ukraine ist eine schnelle Sache, umso mehr im Krieg.Eine Hochzeit im Eilverfahren
Vor der Invasion mussten Paare etwa einen Monat warten, bis die Bürokratie alle Unterlagen geprüft hatte und den Termin freigab. Nun kann man sich in einem Tag und ohne Voranmeldung trauen lassen – ein im März 2022 verabschiedetes Gesetz macht das möglich. Die Nachfrage war riesig: Allein in der ersten Hälfte des letzten Jahres heirateten in der ganzen Ukraine über 100 000 Paare.
Start
Deutschland
Deutschland — in German Ukraine: Heiraten im Krieg, eine Reportage aus dem Standesamt