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US-Wahl 2024 Trump gegen Harris: nicht mehr nach Ideologien, sondern Sympathien

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Der Glauben an die Macht der Politiker in Amerika schwindet. Für die US-Wahlen wird dennoch eine hohe Wahlbeteiligung vorausgesagt. Der Autor Hans Ulrich Gumbrecht fragt, woran den Wählern bei einer Entscheidung liegt, die nur wenig Einfluss auf ihr individuelles Leben nehmen wird.
Der Glauben an die Macht der Politiker in Amerika schwindet. Für die US-Wahlen wird dennoch eine hohe Wahlbeteiligung vorausgesagt. Der Autor Hans Ulrich Gumbrecht fragt, woran den Wählern bei einer Entscheidung liegt, die nur wenig Einfluss auf ihr individuelles Leben nehmen wird.Worum geht es bei dieser Wahl am 5. November, die zum globalen Schicksalsmoment dramatisiert worden ist – und zugleich im Vorfeld immer mehr Langeweile verbreitet?
Zwei Wochen vor dem Tag der Wahl für die Nachfolge von Joe Biden im Amt des amerikanischen Präsidenten am 5. November waren auf den Titelseiten der überregionalen Zeitungen des Landes eher sporadische und meist nebensächliche Notizen über Entwicklungen in den Lagern beider Kandidaten zu lesen.
Kamala Harris, hiess es, plane, den Hauptteil ihres überraschend grossen Spendenvolumens für lokale Fernsehwerbung in den noch umkämpften Gliedstaaten zu investieren. Donald Trump habe sich, dem Vorschlag seiner Berater folgend, entschlossen, auch im Endspurt der öffentlichen Auseinandersetzung dem potenziellen Vizepräsidenten J. D. Vance weitgehend Unabhängigkeit bei Stellungnahmen und Interviews zu überlassen. Solche Meldungen bestätigten die längst etablierten Profile der Kontrahenten, ohne irgendwelche Veränderungen in den Prognosen zum Wahlausgang auszulösen.
Woher kommen die eigentümliche Entspanntheit in den Medien und der von ihr erzeugte Eindruck, dass die sonst für die heisseste Phase innenpolitischer Rivalität typischen Polemiken und Stimmungsumschwünge zum Stillstand gekommen sind, als ob die anstehende Entscheidung bereits gefallen wäre?Nebel aus Intransparenz
Seit Monaten belegen die Meinungsumfragen ein Kopf-an-Kopf Rennen, dessen wechselnd knappe Vorsprünge dem Endergebnis einen Zufallsstatus geben. Ausserdem hat die speziell amerikanische Rahmenbedingung, nach der Bürger die jeweils nächsten Präsidenten nicht direkt, sondern über ein Gremium von Wahl-Frauen und -Männern bestimmen, schon des Öfteren Bewerber mit knapper Stimmenminderheit ins Weisse Haus gebracht, was die Unübersichtlichkeit der Lage noch steigert.
Im Nebel dieser Intransparenz taucht nur selten die elementare, aber erstaunlich schwer zu beantwortende Frage auf, welche Unterschiede des Alltagslebens sich für die heterogene amerikanische Mittelschicht aus einem Sieg von Kamala Harris oder von Donald Trump ergeben würden, die als politische Gestalten ja kaum unterschiedlicher erscheinen könnten.
Die Jahre von 2016 bis 2020 unter Trumps Präsidentschaft, gegen die als angeblich drohende Katastrophe sich fast die Hälfte der Bevölkerung leidenschaftlich engagiert hatte, sind ohne einschneidende Krisen abgelaufen und in die Biden-Zeit übergegangen, welche die stabile nationale Lage auch für Trump-Anhänger verlängerte. Beiden Lagern fällt es deshalb schwer, die Regierungszeit der anderen Seite im Rückblick wirksam als Phase geballter Probleme oder einsetzender Dekadenz heraufzubeschwören. Darüber hinaus haben die Fernsehdiskussionen zwischen den Bewerbern für Präsidentschaft und Vizepräsidentschaft deutlich gemacht, dass ihre expliziten Zukunftsprogramme höchstens graduell voneinander abweichen.
Aussenpolitisch kann sich kein Kandidat leisten, unmissverständlich gegen Israel, gegen die Ukraine oder gar gegen die Nato-Bündnispartner Stellung zu nehmen. Differenzen laufen auf allgemein bekannte individuelle Affinitäts-Behauptungen hinaus – wie etwa Trumps Anspruch, mit Wladimir Putin offen reden zu können.

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