Dschihadistische Milizen haben
einen erfolgreichen Überraschungsangriff auf syrische Einheiten gestartet. Die Attacke zeigt: Diktator Assad braucht Russland.
Ganze drei Tage benötigte die Dschihadistenmiliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), um Aleppo zu erreichen, die zweitgrößte Stadt Syriens. HTS ist gemeinsam mit Milizionären anderer bewaffneter Regierungsgegner in die Stadt im Nordwesten des Landes eingedrungen und soll zumindest bereits Außenbezirke besetzt haben. Aleppo wird seit 2016 von Truppen des syrischen Herrschers Baschar al-Assad regiert – zum ersten Mal seit acht Jahren stoßen in der Stadt nun wieder Aufständische mit Regierungstruppen zusammen.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in Großbritannien kontrollieren HTS und ihre Verbündeten bereits die Hälfte der Stadt. Diese Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen; unbestätigte Videoaufnahmen aus sozialen Netzwerken zeigen Panzerfahrzeuge und bewaffnete Oppositionelle auf den Straßen Aleppos. Am Samstag räumte das syrische Militär offiziell ein, dass weite Teile der Stadt in der Hand von Aufständischen seien.
Auf Videos, die die Aufständischen veröffentlichten, ist außerdem zu sehen, dass sie Drohnen einsetzen – eine für sie neue Waffe. Es ist allerdings nicht klar, in welchem Umfang sie verwendet wurden. Laut der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu griffen die Milizionäre am Freitag mit Drohnen einen Militärstützpunkt südöstlich von Aleppo an und zerstörten dabei einen Hubschrauber. Außerdem erbeuteten sie demnach auch schwere Waffen und Militärfahrzeuge der Regierungstruppen. Laut Zeugenaussagen aus Aleppo flohen Bewohner aus Vierteln am Stadtrand vor Raketen und Gewehrfeuer.
Erheblicher Schlag für das Assad-Regime
HTS ist ursprünglich ein syrischer Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida, von dem sich die Miliz aber losgesagt hat. Die HTS-Milizionäre kommen aus der Region Idlib, einem Landstreifen im Nordwesten Syriens, in dem sich HTS festgesetzt hat und von dem sie große Teile kontrolliert. Idlib gehört bis heute zu den Teilen Syriens, die das Assad-Regime seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 nicht mehr kontrolliert. HTS kontrolliert neben Idlib auch angrenzende Gebiete in den syrischen Regionen Aleppo, Hama und Latakia.