Array
Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer Amtszeit den Wunsch der Ukraine nach einem schnellen Nato-Beitritt auszubremsen versucht, weil sie bereits damals eine militärische Antwort Russlands befürchtete. Das berichtet die 70-jährige Christdemokratin in ihren am Dienstag erscheinenden Memoiren, aus denen die „Zeit“ vorab einen Auszug veröffentlicht hat. In dem Buch mit dem programmatischen Titel „Freiheit“ beschreibt Merkel denkwürdige Begegnungen mit SPD-Kanzler Gerhard Schröder, dem damaligen und künftigen US-Präsidenten Donald Trump sowie Russlands Präsidenten Wladimir Putin.
Und sie bezieht Position auch in einer aktuellen Entwicklung: Sie bekennt, dass sie sich einen Sieg der demokratischen US-Präsidentschaftsbewerberin Kamala Harris gewünscht habe, und zwar „von Herzen“, wie sie schreibt.
Was berichtet Merkel worüber?
Die Entscheidung, einen Nato-Beitrittsstatus für die Ukraine zu verhindern
Ihre Politik gegenüber der Ukraine wird Merkel in Kiew bis heute vorgehalten. Über den entscheidenden Nato-Gipfel 2008 in Bukarest, als es um einen Plan für einen Beitrittskandidaten-Status der Ukraine und Georgiens ging, schreibt die damalige Kanzlerin: „Ich verstand den Wunsch der mittel- und osteuropäischen Länder, so schnell wie möglich Mitglied der Nato zu werden.“ Aber: „Die Aufnahme eines neuen Mitglieds sollte nicht nur ihm ein Mehr an Sicherheit bringen, sondern auch der Nato.“
Dabei sah sie Risiken hinsichtlich der vertraglich abgesicherten Präsenz der russischen Schwarzmeerflotte auf der ukrainischen Halbinsel Krim. „Eine solche Verquickung mit russischen Militärstrukturen hatte es bislang bei keinem der Nato-Beitrittskandidaten gegeben. Außerdem unterstützte damals nur eine Minderheit der ukrainischen Bevölkerung eine Mitgliedschaft des Landes in der Nato“, erinnert sie sich.
„Ich hielt es für eine Illusion anzunehmen, dass der MAP-Status (Beitrittskandidaten-Status) der Ukraine und Georgien Schutz vor Putins Aggression gegeben hätte, dass also dieser Status so abschreckend gewirkt hätte, dass Putin die Entwicklungen tatenlos hingenommen hätte.