Auf ihrem Landsitz in Chequers versuchte die britische Premierministerin, ihr Kabinett in Sachen Brexit zu einen. Ein entscheidender Punkt soll eine Freihandelszone mit der EU sein.
Als die britischen Minister am Freitagvormittag zur Kabinettssitzung in Chequers eintrafen, lagen die Visitenkarten einer lokalen Taxifirma im Foyer. Der Landsitz der britischen Premierministerin ist nur mit dem Auto zu erreichen, denn zum nächsten Bahnhof sind es 40 Minuten Fußweg. Würde ein Minister während der Sitzung zurücktreten und mit sofortiger Wirkung auf seinen Dienstwagen verzichten müssen, bräuchte er für den Rückweg ein Taxi.
Im Kabinett von Theresa May gehören Rücktrittsdrohungen zum Alltag. Vor der Sitzung in Chequers war die Stimmung aber noch aufgeheizter, die Risse zwischen den verschiedenen Lagern noch tiefer. Es drohte eine regelrechte Rebellion – der „Away-Day“ im ländlichen Herrenhaus wurde zum Schicksalstag für Mays Regierung.
Es geht in erster Linie um ein Weißbuch, das die Position der Regierung zu den großen Fragen des Brexits klarstellen soll. Gefangen zwischen den Brexit-Hardlinern wie Außenminister Boris Johnson und den Moderaten, die ein weiterhin enges Verhältnis zur EU wünschen, hat sich May für einen „dritten Weg“ entschieden, der beide Lager befrieden soll. Wenn sie es schafft, das ganze Kabinett von dem Weißbuch zu überzeugen, hätte sie nicht weniger als ihre Regierung gerettet.
Am Freitagabend kam dann aus den Beratungen dann die Nachricht, dass die britische Regierung nach dem Brexit eine „Freihandelszone“ mit der EU anstrebt. Auf diese „gemeinsame Position“ habe sich das Kabinett in Chequers geeinigt, wie Premierministerin May bekannt gab. Großbritannien will demnach hinsichtlich des Warenverkehrs auch nach dem Austritt aus der EU weiterhin eng an den europäischen Binnenmarkt gebunden bleiben. Damit soll verhindert werden, dass der grenzüberschreitende Handel und Lieferketten zwischen Großbritannien und dem Kontinent beeinträchtigt werden.