Saudiarabien wird von einer autokratischen Königsfamilie regiert und sucht zugleich den Anschluss an die Moderne. Wie schwierig dieser Spagat ist, zeigt die mutmassliche Beseitigung des kritischen Journalisten Jamal Khashoggi.
Der saudiarabische Journalist Jamal Khashoggi betritt am 2. Oktober 2018 das Konsulat seines Heimatlandes in Istanbul ( Bild unten) – und kommt dann unter mysteriösen Umständen ums Leben. Nach einem anfänglichen Dementi gibt die saudische Regierung schliesslich zu, Khashoggi sei tatsächlich tot. Weltweit wird vermutet, der kritische Reporter sei von langer Hand beseitigt worden, weil er sich wiederholt kritisch zum machthabenden Kronprinzen Mohammed bin Salman geäussert hatte. Das Königshaus bestreitet diese Version vehement; der Journalist sei bei einem«Faustkampf» unbeabsichtigt getötet worden.
Der Journalist Jamal Khashoggi wäre allerdings nicht die erste Person, die von den saudischen Machthabern aus dem Weg geräumt wird – entweder indem man sie ins Ausland spediert, wie die Fälle abtrünniger Prinzen beweisen, oder indem man sie sonstwie zum Verschwinden bringt.
Doch die Erklärung, wonach Khashoggi in einem Handgemenge gestorben sein soll, will niemand so recht glauben. Selbst Washington, der engste Verbündete der Saudi, reagierte skeptisch.
Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf das Dilemma, in dem sich der Wüstenstaat befindet. Einerseits sind Reichtum, Machtausübung und Tradition eng an die Herrscherfamilie geknüpft, die davon nicht abrücken will. Andererseits sucht das Land den Anschluss an die Moderne – um neue Handelsbeziehungen zu knüpfen, Forschung und Wirtschaft zu stärken und das Image des Staates im Ausland aufzupolieren.
Als Signal der Öffnung gingen im Juni 2018 die Meldung (siehe Bild oben) um die Welt, wonach es den Frauen Saudiarabiens nicht länger verboten sei, sich an ein Steuer zu setzen und selbständig Auto zu fahren. Saudiarabien war weltweit des letzte Land, in dem Frauen nicht Auto fahren durften, was immer wieder für harsche Kritik sorgte. Von einer Gleichstellung der Frauen in allen Bereichen ist das Land aber noch weit entfernt. So gibt es für die weibliche Bevölkerung nach wie vor strenge Bekleidungsvorschriften. Die Bilder unten zeigen eine saudische Frau, die korrekt gekleidet in einem Fitnessstudio trainiert, sowie eine Angestellte eines Female Call Centers in Mekka. Nach und nach sollen im Wüstenreich mehr Arbeitsplätze für Frauen entstehen.
Andere Reformen, die Kronprinz Mohammed umgesetzt hat, betreffen das Ausgehverhalten. Erst seit April 2018 können Saudi wieder ins Kino und in Konzerte gehen. Beides war zuvor während 35 Jahren in der rigiden wahhabitischen Auslegung des Islams ein Unding gewesen.
Das Bild unten zeigt eine saudische Familie bei ihrem allerersten Besuch in einem Kino am 20. Juni 2018; zu sehen gibt es die US-Komödie «The Incredibles 2» im neu eröffneten AMC Cinema im Finanzdistrikt von Riad. Das Königshaus hatte Kinos Anfang der 1980er Jahre im Zuge einer konservativeren Politik verboten.
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