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Theresa May und ihr einsamer Kampf um den Brexit-Deal

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Am Montag sollten die britischen Abgeordneten über den Brexit-Deal entscheiden Dann macht die Premierministerin einen Rückzieher. Nur: Was erhofft sie sich?
Theresa May und ihr einsamer Kampf um den Brexit-Deal
Am Montag sollten die britischen Abgeordneten über den Brexit-Deal entscheiden Dann macht die Premierministerin einen Rückzieher. Nur: Was erhofft sie sich?
Als der Sprecher des Unterhauses am späten Nachmittag endlich Theresa May aufruft und die Premierministerin an ihr Rednerpult tritt, steuert das Drama auf den Höhepunkt zu. Wird sie das bestätigen, was schon seit dem Vormittag in der Gerüchteküche auf hoher Flamme vor sich hinbrodelt? Erst recht, als zu hören ist, dass May ihr Kabinett zu einem „dringenden Telefongespräch“ bittet. Was hat die Regierungschefin vor?
Eigentlich soll dieser Montag zur Debatte über den Brexit-Deal genutzt werden, den die britische Regierung und die Europäische Union vereinbart haben. Mal wieder.
Und eigentlich sollte an diesem Dienstagabend das Parlament über das Austrittsabkommen abstimmen. Doch so weit wird es nicht kommen. Theresa May steht an dem riesigen Tisch, der die grünen Regierungsbänke von denen der Opposition trennt, und bestätigt tatsächlich, dass wegen des massiven Widerstands im Unterhaus das Votum verschoben wird. „Das Abkommen wäre mit einer beträchtlichen Mehrheit abgelehnt worden“, gibt May zu. Und mit einer krachenden Niederlage drohte ihr eine offene Revolte in der konservativen Partei.
Stattdessen strebt die Regierungschefin Nachverhandlungen mit der EU an. Sie werde ihren Amtskollegen vor dem Brüsseler Gipfel in dieser Woche die „klaren Bedenken“ des Parlaments vortragen und „weitere Zusicherungen“ verlangen. Sie sagt das ungeachtet der Tatsache, dass keine vier Stunden zuvor eine Kommissionssprecherin klargemacht hat: „Wir werden nicht neu verhandeln. Unsere Position hat sich nicht verändert.“
Diese Haltung bekräftigt Ratspräsident Donald Tusk am Abend. „Aber wir sind bereit zu diskutieren, wie die Ratifikation in Großbritannien bewerkstelligt werden kann“, schreibt er auf Twitter. Da die Zeit bis zum für 29. März angekündigten britischen EU-Austritt davonlaufe, werde man beim Gipfel am Donnerstag auch die Vorbereitungen für einen Brexit ohne Vertrag diskutieren, so Tusk.
Wann eine neue Abstimmung in Londons Unterhaus stattfinden wird, ist unklar. May sagt, das hänge von den Gesprächen in Brüssel ab. Möglich wäre sogar ein Termin im Januar, was das Land unter weiteren Zeitdruck bringen würde.
Was sich in den vergangenen Tagen hinter den Kulissen der ehrwürdigen Houses of Parliament abgespielt hat, hat es lange nicht gegeben. Da wurde gefeilscht und gestritten und unfassbar hart debattiert. Während Mays Unterstützer Talkshows abklapperten, um für den Deal zu werben, schwirrten konservative Einpeitscher mit Lockmitteln, Drohungen und Geschenken aus. Sie versuchten in Westminster einzelne Kandidaten entweder umzustimmen oder zur Enthaltung zu bewegen.
Was darf es sein? Mehr Geld für die Schulen im Wahlkreis oder doch ein Adelstitel? Danke. – Bitte. – Auf Wiedersehen.
So darf sich etwa der konservative Abgeordnete John Hayes seit kurzem Sir John nennen. Zur allgemeinen Verwunderung wurde der glühende EU-Gegner zum Ritter geschlagen – auf Empfehlung von Downing Street und fast im Vorübergehen. Nun ist es nicht gerade so, dass der 60-Jährige regelmäßig besonderen Eindruck in Westminster hinterlassen oder eine auffallend progressive Politik verfolgen würde. Hohn und Spott folgten dann auch auf die plötzliche und unerwartete Ernennung in den Ritterstand.

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