Start Deutschland Deutschland — in German Welche Jamaika-Fehler nicht wieder passieren sollen

Welche Jamaika-Fehler nicht wieder passieren sollen

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Die FDP ist positiv überrascht. Und Olaf Scholz macht sich rar, um drinnen seine Kanzlerschaft zu sichern. Wie der erste Sondierungstag lief.
Die Sonne ist gerade aufgegangen, da schreitet Olaf Scholz um 07.50 Uhr mit seiner alten schwarzen Aktentasche, in der er auch immer sein SPD-Parteibuch mit sich trägt, zum Eingang des City Cube. Ein leise gemurmeltes „Morgen“, dann verschwindet der mögliche Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel im Konferenzzentrum auf dem Messegelände am Funkturm. Bereits um acht Uhr beraten sich die SPD-Sondierer, Scholz bereitet sich akribisch auf die Mission Kanzleramt vor, die SPD schickt sechs, Grüne und FDP je zehn Politiker. Auf Scholz folgt Fraktionschef Rolf Mützenich, der dieses Mal nicht mit dem Fahrrad kommt. „Das hätte ich ja nie gefunden“, sagt er über den Veranstaltungsort. In der SPD-Zentrale, dem Willy-Brandt-Haus, hatten sie nach Räumlichkeiten gesucht, Ziel war ein Treffen auf neutralem Boden. So kurzfristig war der City Cube die beste Wahl. Hier ist Scholz im Frühjahr offiziell zum Kanzlerkandidaten gekürt worden. Passender wäre sicher der Euref-Campus am Gasometer in Schöneberg gewesen, wo Unternehmen die grüne Energie- und Mobilitätswende vorantreiben. Aber nachdem dort die Union ihre von Durchstechereien begleiteten Vorsondierungen mit FDP und Grünen abgehalten hat, gilt der Ort eher als schlechtes Omen. Ziel dieser ersten Ampelsondierungen in der Geschichte der Bundesrepublik ist es ja auch, nicht die Fehler der gescheiterten Jamaika-Gespräche 2017 zu wiederholen. Bis hin zum Verhandlungsort. Scholz ist jetzt auch nicht der Typ für Winke-Bilder, die es damals vom Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft gab. Auch die übrigen SPD-Sondierer trudeln nach und nach ein, eine der wichtigsten im 6er-Team ist sicher Malu Dreyer, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidenten führt seit 2016 geräuschlos eine Ampel-Koalition. Bereits drei Stunden vor dem Treffen mit Grünen und FDP berät sich die SPD. Der Verhandlungsprofi Scholz hat viel nachgedacht, er will nichts dem Zufall überlassen und einen gut strukturierten Prozess. Alles wirkt durchorchestriert Der SPD-Kanzlerkandidat hat sich nach der Bundestagswahl öffentlich rar gemacht, fast demütig die Bühne FDP und Grünen überlassen, bei denen er sich für das professionelle Vorgehen bis hierhin bedankt hat. Wie Grüne und FDP sich absprechen, bis hin zum orchestrierten Vorgehen am Mittwoch, ist bemerkenswert. Die Grünen schlagen Ampel-Gespräche vor, Lindner weiß das vorab. Er darf dann verkünden, dass er in Abstimmung mit den Grünen Scholz angerufen hat und dass Scholz in Gespräche am Donnerstag eingewilligt hat. Dass drei Parteien sich so gut abstimmen und bisher vertrauen, zeigt, dass Lehren aus dem Jamaika-Versuch 2017 gezogen worden sind, als vieles chaotisch lief.

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