Der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert rechnet mit Gerhard Schröder ab. Doch ein Treffen des Altkanzlers mit mehreren SPD-Politikern wirft Fragen auf.
Kevin Kühnert hat gewusst, was auf ihn zukommt. Aber nun wird er von einer Debatte eingeholt, die SPD seit Jahren umtreibt. Wie hält man es mit Russland – und mit einem in russischen Diensten stehenden Altkanzler? Der Generalsekretär zieht eine Trennlinie zwischen aktiven SPD-Politikern, die mit Kanzler Olaf Scholz an der Spitze den „hohen Preis“ für Russland betonen, sollte Wladimir Putin Panzer über die ukrainische Grenze rollen lassen – und ehemaligen Politikern und Russlandfreunden wie Gerhard Schröder. Der Altkanzler soll nun auch noch in den Aufsichtsrat des Staatskonzerns Gazprom einrücken. Kühnert hat sich in seinem Büro im Willy-Brandt-Haus viele Gedanken dazu gemacht, er wägt seine Worte, aber die Distanz zu Schröder ist deutlich. „Er verwischt die Grenze zwischen seiner Geschäftstätigkeit und dem Gehör, das er als erfahrener Ex-Regierungschef findet. Das ist nicht nur nicht in Ordnung, das ist sogar traurig“, sagt der SPD-Generalsekretär im Interview mit dem „Tagesspiegel“. Allen Dementis zum Trotz: Schröder berät Bundesregierung Er wie auch der früher in Schröders Wahlkreisbüro tätige SPD-Chef Lars Klingbeil und Kanzler Olaf Scholz (SPD) versuchen den Eindruck zu erwecken, was Schröder mache sei dessen Sache, er habe keinerlei Einfluss mehr auf die Regierungspolitik. Doch eine Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Matthias Hauer spricht eine andere Sprache. Diese liegt dem Tagesspiegel vor. Demnach traf sich Schröder am 5. Januar mit dem bisherigen Russlandbeauftragten und neuem Parlamentarische Staatssekretär, Johann Saathoff (SPD). Das Thema des Gesprächs sei die „Zukunft der Deutsch-Russischen Beziehungen und der Situation der Zivilgesellschaft in Russland“ gewesen. Laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sollen aber noch weitere SPD-Politiker an dem Treffen mit Altkanzler Schröder teilgenommen haben, darunter die früheren Parteichefs Martin Schulz und Matthias Platzeck. Das sagte Saathoff der dpa. Außerdem sei der frühere Bundestagsabgeordnete Heino Wiese dabei gewesen. „Ich habe Gerhard Schröder nicht als Parlamentarischer Staatssekretär, sondern als Bundestagsabgeordneter getroffen“, betonte der SPD-Politiker. Sein Amt als Russlandbeauftragter hatte er Mitte Dezember aufgegeben, als er seinen Posten im Innenministerium annahm. „Ich habe zu diesem Treffen eingeladen. Mir ging es darum, meine Sicht auf die zivilgesellschaftliche Lage in Russland zu schärfen. Und zwar mit Menschen, die Erfahrung mit Russland haben“, betonte Saathoff. „Ich habe da keinerlei Schuldbewusstsein.“ Hauer fordert Aufklärung über den Vorgang: „Während Klingbeil damit abwiegelt, Schröder habe kein Amt mehr in der SPD, zeigt sich, dass sich Schröder noch ganz aktuell mit der Regierung Scholz zu Russland-Fragen austauscht“.