Erstmals haben Stammzellforscher großflächig gezüchtete Haut verpflanzt und so eine lebensbedrohliche Krankheit therapiert. Ein Einzelfall. Doch die Methode hat Zukunft.
Sie heißen Schmetterlingskinder und ihre Krankheit ist selten, aber grausam. Wer an Epidermolysis bullosa leidet, hat extrem empfindliche Haut, zerbrechlich wie die Flügel eines Schmetterlings. Kleinste Verletzungen führen zu Blasen. Daraus können sich je nach Schwere der Krankheit Geschwüre, chronische und kaum behandelbare Wunden, Infektionen und sogar Tumore entwickeln. Es gibt zehn verschiedene Subtypen, die mal milder, mal schwerer verlaufen, und keine Heilung. In manchen Fällen führt die Krankheit zum Tod. Sie sitzt in den Genen, ist schon da, wenn die Kinder zur Welt kommen. Ansteckend ist sie nicht.
Forschern der Ruhr-Universität Bochum ist es nun mit Kollegen aus Österreich und Italien gelungen, die Leiden eines schwer kranken Epidermolysis-bullosa -Patienten zu lindern. Mit aus Stammzellen gezüchteter Haut ( Nature: Hirsch et al., 2017). Der Therapieerfolg ist noch ein Einzelfall, die Behandlung war mit nicht unerheblichen Risiken verbunden. Ob sie auch anderen Erkrankten helfen kann, ist ungewiss. Die Ergebnisse sind trotzdem beeindruckend.
Die Ärzte hatten den Eltern des Jungen die Therapie vorgeschlagen, nachdem der damals Siebenjährige im Juni 2015 mit schweren Symptomen in die Klinik gekommen war. 60 Prozent seiner Hautoberfläche war wund, von Bakterien infiziert und löste sich ab. Dadurch hatte er sehr hohes Fieber und entwickelte eine Sepsis – ein lebensbedrohlicher Zustand, im Volksmund Blutvergiftung genannt. Bald darauf waren 80 Prozent seiner Körperoberfläche von Wunden, Infektionen und Hautverlust betroffen. Der Zustand des Kindes verschlechterte sich. Den Ärzten blieb nur noch eine Palliativbehandlung oder die riskante Verpflanzung gezüchteter Haut.
Sie schnitten aus einem noch intakten Hautareal ein etwa vier Quadratzentimeter großes Stück heraus. Diese Probe behandelten sie mit einem retroviralen Vektor: Das ist ein Viruspartikel, der gezielt dazu genutzt wird, genetisches Material, also bestimmte Erbinformationen, in Zellen zu schleusen. Im Fall des Siebenjährigen brachten die Ärzte eine gesunde Version des betroffenen Gens in die Zellen ein. Anschließend züchteten sie aus der genetisch umgewandelten Probe genug gesunde Haut, um die Wunden des Jungen abzudecken. Das erforderte noch einmal mehrere Operationen.