Eine solch öffentliche Selbstgeißelung hat man bei den Grünen lange nicht erlebt. “Ich will nicht hinter der AfD landen und bei neun Prozent verrecken”, klagt Robert Habeck mit Blick auf die Umfragelage zum Auftakt des Wahlkampfjahres. Der schleswig-holsteinische Umweltminister hat einen ernsten Blick aufgesetzt. “Keiner will mehr mit uns koalieren. Wir sind im Sinkflug”, stellt er fest.
In einem Restaurant in Berlin-Mitte ist am Samstagmittag das grüne Banner mit der Aufschrift “Spitzenduo 17: Basis ist Boss” aufgespannt. Draußen weht ein eisiger Wind, es schneit und die Stadt ist leerer als sonst, aber der Laden gut gefüllt. Für Grünen-Mitglieder sind dies spannende Tage: In Berlin wollen sich die Bewerber um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl ein letztes Mal der Basis präsentieren, bevor der Mitgliederentscheid kommende Woche endet.
Eigentlich wollten sich die vier Bewerber, von denen nur zwei Spitzenkandidaten werden können, auf der improvisierten Bühne ein bisschen bekappeln, für sich werben, für Lacher im Publikum sorgen und die Mitglieder davon überzeugen, das Kreuz beim eigenen Namen zu machen. Stattdessen endet das Treffen in einer Gruppentherapie – nur ohne Lösungsansätze.
“Die Kommentarlage zu unserer Partei ist bescheiden bis beschissen”, resümiert Katrin Göring-Eckardt die erste Woche des Jahres. Als einzige weibliche Bewerberin für den Frauenplatz im Spitzenkandidaten-Team schon gesetzt, befindet die Fraktionschefin außerdem: “Es geht jetzt nicht um Egotrips. ” Auch ihr Kollege Anton Hofreiter bezeichnet die Zusammenarbeit der Grünen-Spitze als optimierungsbedürftig: “Muss ich wirklich in jede Kamera reinreden, nur weil sie mir ein Mikrofon vor die Nase halten”, fragt der Co-Fraktionschef.