Terror in Istanbul: IS beansprucht Anschlag in der Türkei für sich
Noch immer ist der Täter, der an Silvester 39 Menschen im Istanbuler Nachtclub Reina tötete, auf der Flucht. Ermittler vermuten Zeitungsberichten zufolge den sogenannten “Islamischen Staat” (IS) hinter dem Angriff. Der hat sich jetzt auch dazu bekannt. Ein “Soldat des Kalifats” sei für die Tat verantwortlich, heißt es in einer am Montag im Internet verbreiteten Erklärung des IS.
Nach Ansicht der Polizei stamme der Täter aus den ehemaligen Sowjetrepubliken Usbekistan oder Kirgistan, schreiben die Zeitungen Hürriyet und Karar. Die Ermittler schließen demzufolge nicht aus, dass der Mann Kontakt hatte mit der mutmaßlichen IS-Zelle, die im vergangenen Juni den dreifachen Selbstmordanschlag auf den Istanbuler Atatürk-Flughafen mit 45 Toten verübt haben soll.
Hürriyet zufolge hatten Polizei und Geheimdienste in der Türkei vor Silvester Informationen über möglicherweise zum Jahreswechsel bevorstehende Anschläge in verschiedenen Städten erhalten. Im Dezember habe es in diesem Zusammenhang Razzien und Festnahmen gegeben. Am 30. Dezember sei dann eine Geheimdienstwarnung aus den USA über die Gefahr von IS-Anschlägen in Istanbul oder Ankara am kommenden Tag eingegangen.
Die türkische Armee ist seit vier Monaten im Norden Syriens an einer Offensive gegen die IS-Miliz und kurdische Kämpfer beteiligt. Istanbul, Ankara und andere türkische Städte waren im vergangenen Jahr das Ziel von Anschlägen, die dem IS oder bewaffneten kurdischen Gruppen zugeschrieben wurden. Dabei wurden Hunderte Menschen getötet.
In den vergangenen zwei Jahren ist die Türkei immer wieder von schweren Anschlägen erschüttert worden. Verantwortlich für die Attentate waren meist die Terrorgruppe “Islamischer Staat” (IS) oder die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihre radikale Splittergruppe Freiheitsfalken Kurdistans (TAK).
1. Januar 2017: Während eines Anschlags auf den Istanbuler Nachtclub Reina werden mindestens 39 Menschen getötet, darunter 16 Ausländer.
19. Dezember 2016: Der russische Botschafter Andrej Karlow wird in Ankara von einem türkischen Polizisten niedergeschossen. Die Regierung verdächtigt die Gülen-Bewegung, hinter dem Attentat zu stecken.
17. Dezember 2016: In der zentraltürkischen Stadt Kayseri sterben durch einen Selbstmordanschlag mindestens 13 Soldaten. Der Attentäter hatte eine Autobombe neben einem Bus mit Militärangehörigen gezündet. Auch hierzu bekennt sich die TAK.
10. Dezember 2016: Nach einem Fußballspiel im zentralen Istanbuler Stadtteil Beşiktaş töten zwei Selbstmordattentäter der TAK 45 Menschen, die meisten von ihnen Polizisten.
4. November 2016: Vor dem Polizeihauptquartier in Diyarbakır werden neun Menschen getötet. Die Regierung macht die PKK verantwortlich, doch es bekennt sich der IS. Auch die TAK reklamiert die Tat für sich. Zu der Explosion war es kurz nach den Festnahmen von zwölf Abgeordneten der prokurdischen HDP gekommen.
9. Oktober 2016: In der südosttürkischen Provinz Hakkâri bringt ein Attentäter einen mit Sprengstoff beladenen Kleinlaster vor einem Kontrollposten der Gendarmerie zur Explosion. Bei dem Selbstmordanschlag der PKK sterben 16 Menschen.
12. September 2016: Eine Autobombe explodiert vor der Zentrale der Regierungspartei AKP in Van. 48 Menschen werden verletzt. Die Regierung macht die PKK verantwortlich.
26. August 2016: Ein PKK-Attentäter sprengt sich vor dem Polizeipräsidium in Cizre im kurdischen Südosten der Türkei in die Luft und reißt elf Polizisten in der Tod.
20. Juli 2016: Ein IS-Attentäter tötet auf einer kurdischen Hochzeitsgesellschaft in Gaziantep im Südosten der Türkei 57 Menschen, darunter 34 Kinder.
18. Juli 2016: Durch eine Anschlagserie der PKK auf Sicherheitskräfte im Südosten des Landes werden 14 Menschen getötet und 300 weitere verletzt.
28. Juni 2016: Durch einen dreifachen Selbstmordanschlag auf den Istanbuler Atatürk-Flughafen werden 47 Menschen getötet und mehr als 200 Menschen verletzt. Die Regierung macht den IS verantwortlich.
8. Juni 2016: Die Explosion einer Autobombe tötet sechs Menschen vor einem Polizeirevier in Midyat im Südosten der Türkei. Zu der Tat bekennt sich die PKK.
7. Juni 2016: Durch einen Bombenanschlag werden im historischen Zentrum Istanbuls elf Menschen getötet, darunter sieben Polizisten. Zu dem Anschlag bekennt sich die TAK.
19. März 2016: Auf der beliebten İstiklâl -Einkaufsstraße im Zentrum von Istanbul reißt ein Selbstmordattentäter vier ausländische Touristen – drei Israelis und einen Iraner – mit in den Tod. Die Behörden vermuten den IS hinter der Tat.
13. März 2016: Mindestens 34 Menschen werden bei der Explosion einer Autobombe im Zentrum von Ankara getötet, Dutzende verletzt. Auch dazu bekennt sich die TAK.
17. Februar 2016: Bei einem Anschlag mit einer Autobombe auf einen Militärkonvoi in der Hauptstadt Ankara werden 28 Menschen getötet. Die TAK bekennt sich zu dem Anschlag.
12. Januar 2016: Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Touristengruppe im Zentrum Istanbuls werden zwölf Deutsche getötet. Die Regierung gibt dem IS die Schuld für den Anschlag vor der Blauen Moschee.
10. Oktober 2015: Während einer prokurdischen Friedenskundgebung vor dem Hauptbahnhof in Ankara reißen zwei Selbstmordattentäter des IS 103 Menschen in den Tod. Mehr als 500 Menschen werden verletzt.
20. Juli 2015: 34 Menschen werden bei einem Anschlag auf junge kurdische Aktivisten in Suruç an der Grenze zu Syrien getötet. Die Regierung macht die Terrorgruppe “Islamischer Staat” für die Tat verantwortlich.
Der Attentäter aus dem Nachtclub hatte laut türkischen Behörden am Neujahrstag zunächst einen Polizisten und einen Zivilisten erschossen, dann tötete er wahllos Partygäste im Club Reina. Die meisten Toten stammten aus dem Nahen Osten.
In dem auf der europäischen Seite von Istanbul gelegenen Club mit mehreren Restaurants und Tanzflächen hielten sich zur Silvesterfeier schätzungsweise 800 Menschen auf. Die türkischen Sicherheitsbehörden fahnden mit einem Großaufgebot nach dem Täter.
© Source: http://www.zeit.de/gesellschaft/2017-01/terror-istanbul-tuerkei-is-anschlag
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