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Was das BGH-Urteil für Bausparer bedeutet – Fragen und Antworten

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Der Bundesgerichtshof stellt sich auf die Seite der Bausparkassen. Sie dürfen besonders alte Verträge kündigen. Was bedeutet das Urteil für langjährige und angehende Sparer?
Bausparer haben keine Chance, sich gegen die Kündigung eines alten Bausparvertrags mit hohen Zinsen zu wehren. Einen solchen Vertrag über mehr als zehn Jahre als reine Sparanlage laufen zu lassen, widerspreche dem Sinn und Zweck des Bausparens, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag in Karlsruhe. Das heißt aber nicht, dass Bausparen sich gar nicht mehr lohnt.
Was hat das Gericht entschieden?
Das Urteil ist weitreichend : Die Bausparkassen dürfen kündigen, wenn Sparer das ihnen angebotene Darlehen zehn Jahre lang nicht aufnehmen. Mit diesem Piloturteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag der Bausparkasse Wüstenrot Recht gegeben. Das Urteil betrifft aber nicht nur Wüstenrot. Nach Branchenangaben haben inzwischen 260.000 Kunden Kündigungen von verschiedenen Bausparkassen erhalten. Die sind nun wohl in aller Regel rechtens. Das Grundsatz-Urteil erging in letzter Instanz und ist rechtskräftig.
In den beiden Fällen, die vom BGH zu entscheiden waren, hatten zwei Bausparerinnen noch zu D-Mark-Zeiten Verträge mit Wüstenrot abgeschlossen und sich für die Zukunft das Recht auf ein Baudarlehen von umgerechnet rund 20.000 Euro beziehungsweise 50.000 Euro gesichert. Nach der Ansparphase erhielten sie die Mitteilung von Wüstenrot, dass sie nun den Kredit beanspruchen können. Im Fachjargon heißt das, der Vertrag ist „zuteilungsreif“. Sie nahmen aber über mehr als ein Jahrzehnt kein Baudarlehen auf. Ihr Guthaben wurde mit drei Prozent verzinst, aus heutiger Sicht ein Super-Zinssatz.
Wie die beiden Frauen handeln inzwischen zahlreiche Bausparer. Wer vor vielen Jahren einen Bausparvertrag abschloss, erhielt für damalige Verhältnisse niedrige Haben-Zinsen. Dafür stand ihm nach Zuteilungsreife ein relativ zinsgünstiges Darlehen mit einem Satz von etwa fünf Prozent zur Verfügung. Die Niedrigzinsphase hat die Verhältnisse aber umgekehrt. Die Habenzinsen von zwei bis drei Prozent sind inzwischen hoch, die Sollzinsen der Bausparkassen von fünf Prozent aber auch. Folglich sind für Bausparer die Guthabenzinsen attraktiv, das Darlehen rufen sie dagegen nicht ab. Nach Angaben des Wüstenrot-Anwalts Reiner Hall zahlen die Bausparkassen in Deutschland inzwischen nur noch acht Prozent ihrer Einlagen als Baudarlehen aus. Früher seien es 40 Prozent gewesen. Wüstenrot kündigte im Januar 2015 den beiden Damen. Aber die wehrten sich und klagten. In letzter Instanz blieben sie jetzt ohne Erfolg. Der BGH bestätigte das Kündigungsrecht der Kassen.
Wie begründet das Gericht sein Urteil?
Das Kündigungsrecht steht im Gesetz. Wer ein Darlehen erhält, kann nach zehn Jahren kündigen, heißt es dort. In der Ansparphase seien die Bausparkassen jedoch Darlehensnehmer, erklärte der Vorsitzende Richter Ellenberger in der Urteilsverkündung. Denn sie bekommen in dieser Zeit von den Sparern monatliche Zahlungen. Mit der Zuteilung – also dem Recht auf Kredit – sei den Bausparkassen das ihnen zustehende Geld zugeflossen. Werde nun kein Darlehen aufgenommen, blieben sie Darlehensnehmer und könnten, wie im Gesetz vorgesehen, nach zehn Jahren kündigen. Das, so Ellenberger, entspreche auch der Rechtsauffassung der meisten Gerichte. Der Streit wurde inzwischen vor rund 100 Gerichten in Deutschland ausgetragen. Nur die drei Oberlandesgerichte (OLG) Stuttgart, Karlsruhe und Bamberg wiesen die Kündigungen ab. Das letzte Wort hatte am Dienstag erstmals der BGH – und der gab den Bausparkassen Recht.
Wie argumentierten die Kläger?
Die Verbraucherschützer hatten das ganz anders gesehen.

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