Noch hat er den Sieg bei der Präsidentschaftswahl nicht in der Tasche. Doch Emmanuel Macron gilt als Favorit für die Abstimmung am Sonntag gegen die…
Ungeduldige Männer, die mit Ungestüm an die Staatsspitze drängen, hat Frankreich schon einige erlebt. Nicolas Sarkozy etwa, der sich als einer der wenigen Politiker ohne den Abschluss bei einer renommierten Elitehochschule an allen Rivalen vorbei nach oben boxte. Oder Jacques Chirac, der im dritten Anlauf und ebenfalls nach einem erbitterten Bruderkampf das höchste Amt erreichte.
Nun steht mit Emmanuel Macron wieder ein ambitionierter und sehr ehrgeiziger Mann an der Tür zur Macht. Er könnte der jüngste Präsident der Fünften Republik werden – sollte er sich am Sonntag bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl gegen Marine Le Pen durchsetzen. Seine Chancen sind laut einer aktuellen Umfrage nach dem großen TV-Duell wieder gewachsen: Danach führt Macron mit 62 zu 38 Prozent.
Als „Ufo“ bezeichneten die Medien den 39-Jährigen oft, der mit seiner eigenen Partei „En marche!“ („Vorwärts“) antritt, noch nie in ein Amt gewählt wurde und der breiten Öffentlichkeit vor drei Jahren noch weitgehend unbekannt war. Immerhin erregte der smarte Jungpolitiker schon eine gewisse Neugierde, als ihn François Hollande 2012 nach seiner Wahl zum Präsidenten als Wirtschaftsberater an eine Schlüsselposition setzte. Schnell erhielt der begabte Klavierspieler den Beinamen „Mozart im Élysée-Palast“. Macron galt dort als Hauptverantwortlicher für den wirtschaftsfreundlichen Kurs, der auf sozialen Dialog setzte und den Unternehmen mit einer milliardenschweren Steuerentlastung entgegenkam. Daher rühren auch die Animositäten des linken Flügels der Sozialisten gegenüber Hollandes Schützling.
Miteinander bekannt gemacht hatte die beiden der einflussreiche Ökonom und einstige Berater von Präsident François Mitterrand, Jacques Attali, im Jahr 2008. Macron, Absolvent der Elitehochschule ENA, beteiligte sich an Attalis Wachstumsbericht für den konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der Macron ebenfalls die Zusammenarbeit angeboten hatte. Doch das politische Talent fühlte sich bei den Sozialisten besser aufgehoben, obwohl er nur zwischen 2006 und 2009 Parteimitglied war. „Wenn du in die Politik willst, stelle ich dir die Leute vor, die du kennen musst“, soll ihm Hollande, eingenommen von Macrons Charme und Intelligenz, versprochen haben.
Doch anstatt die Ochsentour über politische Ämter fernab von Paris zu gehen, stieg Macron zunächst bei der Privatbank Rothschild ein, wo er zügig in die Geschäftsführung aufrückte. Federführend wickelte er die Übernahme der Säuglingsnahrungssparte des US-Pharmakonzerns Pfizer durch den Nahrungsmittelkonzern Nestlé ab – innerhalb kurzer Zeit wurde er Millionär.
Doch es zog ihn in die Politik: Im Wahlkampf 2011/2012 schloss er sich Hollandes Team an. Ein Dokumentarfilm über die ersten Monate des sozialistischen Präsidenten im Amt gewährte auch Blicke hinter die Kulissen. Dabei fiel bei allen Besprechungen ein junger Mann auf – stets aufmerksam und um die Anerkennung des Präsidenten buhlend.