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Angelobung der neuen Regierung: Österreich macht dicht

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Die neue österreichische Rechtsregierung geht scharf gegen Migranten vor – und gegen den öffentlichen Rundfunk. Österreichs Präsident mahnt zu Toleranz.
Der 31-jährige Sebastian Kurz ist der neue Regierungschef in Österreich. Bundespräsident Alexander Van der Bellen « angelobte » den bisherigen Außenminister am Montag in Wien als Bundeskanzler. Die Vereidigung wird in Österreich Angelobung genannt. Kurz ist damit jüngster Regierungschef in Europa, Vizekanzler ist FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Sie stehen einem Kabinett vor, das acht Minister und Ministerinnen der konservativen ÖVP und sechs der rechten FPÖ hat, darunter in den Schlüsselressorts Inneres, Äußeres und Verteidigung.
In der Nähe des Hofburgpalais protestierten mehrere tausend Menschen gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ. Auf dem zentralen Heldenplatz hielten linke und antifaschistische Gruppen Transparente mit Aufschriften wie „Flüchtlinge willkommen“, „Nazis raus“ und „Keine Nazi-Schweine“.
Bei der Zeremonie in der Hofburg – dem Amtssitz des Bundespräsidenten – benannte Van der Bellen rote Linien: Er rief die Regierung auf, Verantwortung für die Geschichte des Landes zu übernehmen, „für helle wie für dunkle Seiten“. Van der Bellen mahnte zu einer verantwortungsvollen Politik auch gegenüber Minderheiten: „Am Umgang mit den Schwächsten zeigt sich, was unsere Werte wirklich wert sind.“ Der frühere Grünen-Chef hatte in vielen Gesprächen mit Kurz und Strache Einfluss auf das Regierungsprogramm genommen und rief zu einem achtsamen Sprachgebrauch auf: „Es ist nicht gleichgültig, mit welchen Worten wir in die Öffentlichkeit gehen.“ Auch außenpolitische Kontinuität war Van der Bellen wichtig.
Just am Kahlenberg, einer 480 Meter hohen Erhebung am Wiener Stadtrand, stellte sich am Samstag die neue Regierung der Öffentlichkeit vor. Der Kahlenberg ist Teil donauländischen Mythenschatzes: Von seinen Flanken stürzte anno 1683 ein christliches Entsatzheer unter Führung des polnischen Königs Sobieski zu Tale, um die seit Monaten die Stadt belagernden Türken zu vertreiben. Der Tag dieser denkwürdigen Schlacht zwischen Christentum und Muslimen wurde in Österreich seither oft politisch nutzbar gemacht. Der austrofaschistische Kanzler Engelbert Dollfuß verkündete am 250. Jahrestag, dem 11. September 1933, die Umwandlung der Republik in einen autoritären Ständestaat. 1983 kam am 300. Jahrestag der christlichen Befreiung von den Türken Papst Johannes Paul II. nach Wien, das damals 40 Kilometer vor dem Eisernen Vorhang lag.
Der junge Fast-schon-Kanzler Kurz sah nun bei der Präsentation seiner Regierung hoch über der Stadt auf Journalistenfragen keine Verbindung zur Historie: Den Schauplatz habe sein Team bestimmt, damit habe er nichts zu tun.

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