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Interview zum Nahen Osten: "Trump vermittelt nicht. Er diktiert"

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Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels hängt auch mit der amerikanischen Anti-Iran-Politik zusammen, erklärt Nahost-Experte Steinberg. Im Interview mit tagesschau.de spricht er über die neue Rolle der USA in der Region und das Ende der Zwei-Staaten-Lösung.
Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels hängt auch mit der amerikanischen Anti-Iran-Politik zusammen, erklärt Nahost-Experte Steinberg. Im Interview mit tagesschau.de spricht er über die neue Rolle der USA in der Region und das Ende der Zwei-Staaten-Lösung.
tagesschau.de: Nach der Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch die US-Regierung ruft die Hamas zu einer neuen Intifada auf. Ist eine Eskalation im Nahen Osten noch zu stoppen?
Guido Steinberg: Ich glaube nicht, dass es tatsächlich zu einer großen Eskalation kommen wird. Die Israelis bereiten sich seit Jahren auf eine mögliche dritte Intifada vor. Die Möglichkeiten von Hamas und Fatah sind gleichzeitig extrem eingeschränkt im Vergleich zur zweiten Intifada nach dem Jahr 2000. Das Westjordanland ist durch Mauer und Zaun vom israelischen Staatsgebiet abgeschnitten, der Gaza-Streifen ohnehin isoliert, palästinensische Siedlungsgebiete sind durch israelische Sicherheitskräfte voneinander getrennt. Hinzu kommt, dass die Palästinenser nach Jahrzehnten erfolgloser Kämpfe demoralisiert sind.
Präsident Trumps Entscheidung macht allerdings auch deutlich, dass sich die Rolle der Palästinenser aus amerikanischer Sicht verändert hat. Alle US-Regierungen gingen davon aus, dass es für den Friedensprozess einen palästinensischen Partner bräuchte. Die vergangenen Tage haben jedoch gezeigt, dass die USA als langjähriger Vermittler gar nicht mehr an eine Verhandlungslösung glauben – ein Partner also nicht gebraucht wird.
tagesschau.de: Der US-Präsident hat seinen Schritt jedoch auch als Teil einer Friedenslösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt beschrieben. Wenn ich Sie richtig verstehe, sind damit jedoch keine Verhandlungen mehr gemeint?
Steinberg: Genau. Es handelt sich um ein Diktat. Präsident Trump glaubt ebenso wenig wie große Teile der israelischen Regierung an eine Verhandlungslösung. Er hat offensichtlich bestimmte Maßnahmen geplant, denen sich die Palästinenser zu beugen haben. In der US-Presse wurden diese nach einem Besuch von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Saudi-Arabien auch beschrieben: keine Zugeständnisse Israels bei Jerusalem, kein Rückkehrrecht für Flüchtlinge, die Grenzen von 1967 werden nicht die Grenzen eines palästinensischen Staats sein und die israelischen Siedlungsblöcke im Westjordanland bleiben erhalten.

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