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Deutschland kündigt Neustart in Beziehung zur Türkei an

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Deutschland und die Türkei wollen ihre Beziehungen normalisieren.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu wollen die diplomatische Eiszeit zwischen beiden Ländern überwinden. Gabriel sagte am Samstag bei einem Treffen mit Cavusoglu in seiner Heimatstadt Goslar, es habe zwar in den vergangenen Monaten „Auseinandersetzungen“ und „Meinungsverschiedenheiten“ gegeben. Er und Cavusoglu wollten aber „alles dafür tun“, die „Schwierigkeiten“ im deutsch-türkischen Verhältnis zu überwinden.
Die Außenminister waren nach den Reibungen der vergangenen Jahre zwischen beiden Ländern sichtlich um Entspannung bemüht, dazu sollte das Treffen in Gabriels beschaulicher Heimatstadt dienen. „Es ist nicht zu erwarten, dass wir gleich in allen Fragen einer Meinung sind, es gibt Meinungsverschiedenheiten“, sagte Gabriel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Cavusoglu in der Kaiserpfalz von Goslar. „Aber wir sind glaube ich vor allen Dingen gut beraten, in Offenheit und in gegenseitigem Respekt unsere Debatte fortzusetzen, auf Augenhöhe.“
Beide Länder seien Nato-Partner und Partner „im Kampf gegen den Terror des Islamischen Staates“, sagte Gabriel. „Es gibt also vieles, was uns verbindet. Und ich bin sehr froh, dass wir Schritt für Schritt den Dialog wieder auf eine bessere Basis bringen konnten.“ Konkret solle die gemeinsame Wirtschaftskommission, „die seit geraumer Zeit nicht mehr getagt hat“, wieder einberufen werden. Außerdem solle der strategische Dialog der Außenministerien beider Länder wiederbelebt werden.
Gabriel sprach bei dem Treffen nach eigenen Angaben auch den Fall von Deniz Yücel an. Es sei über „sehr schwierige Themen“ geredet worden, sagte Gabriel, ohne aber weitere Einzelheiten zu nennen. Derzeit sitzen sieben Deutsche in türkischer Haft, bei denen die Bundesregierung von „politisch motivierten Vorwürfen“ ausgeht. Die Fälle belasten das deutsch-türkische Verhältnis schwer.
„Ja, es gibt Differenzen, es hat Probleme gegeben, sogar Spannungen und auch Eskalationen“, räumte Cavusoglu ein. Es gebe aber „den gemeinsamen Willen, dass wir diese Spannungen, diese Differenzen, durch Dialog überwinden können“.
Zugleich bekräftigte Cavusoglu, seine Regierung habe „gewisse Erwartungen“ an die Bundesregierung. Er forderte unter anderem ein schärferes Vorgehen gegen die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Deutschland.
Mit Blick auf die eingefrorenen EU-Beitrittsverhandlungen sagte Cavusoglu, es könne trotzdem über eine „Aktualisierung der Zollunion“ gesprochen werden. Dies wäre eine „win-win-Situation“ für alle Seiten. Empfangen worden war Cavusoglu in Goslar von einigen Demonstranten, die eine Freilassung „politischer Gefangener“ und Yücels forderten, aber auch von Anhängern der Regierung in Ankara, die türkische Flaggen schwenkten.
Die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara sind seit knapp zwei Jahren extrem angespannt, unter anderem durch die Verhaftungswelle in der Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016. Als vor dem türkischen Referendum über eine umstrittene Verfassungsreform im April 2017 Auftrittsverbote für türkische Politiker in Deutschland verhängt wurden, warf der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „Nazi-Methoden“ vor.
Vor seiner Reise nach Goslar hatte Cavusoglu deswegen für einen „Neustart“ in den deutsch-türkischen Beziehungen geworben. Er hatte Gabriel im November in seinem Wahlkreis Antalya empfangen.
Grünen-Chef Cem Özdemir warnte die Bundesregierung nach dem Goslar-Treffen davor, sich auf „schmutzige Abmachungen“ mit der Türkei einzulassen. Solange Yücel in der Türkei „als Geisel“ festgehalten werde, dürfe es „keine Normalisierung der Beziehungen“ geben, sagte Özdemir den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Gabriel verteidigte am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ seine Türkei-Strategie. „Etwas anderes als miteinander zu reden und damit Fortschritte zu erzielen, bleibt uns gar nicht übrig“, sagte er.
In den vergangenen Monaten hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wechselseitig hetig attackiert:
Angela Merkel zur Türkei:
Am 16. Juli 2017 hatte Angela Merkel den Putschversuch in der Türkei “aufs Schärfste” verurteilt. Sie sagte: “Panzer auf den Straßen und Luftangriffe gegen die eigene Bevölkerung sind Unrecht (…) Es ist tragisch, dass so viele Menschen diesen Putschversuch mit dem Leben bezahlt haben. Das Blutvergießen in der Türkei muss jetzt ein Ende haben (…) Die Türkei ist ein Land, mit dem wir eng verbunden sind”.
Am 2. Februar 2017 besuchte Merkel die Türkei. Bei ihrem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat Merkel auf die Einhaltung der Meinungsfreiheit in der Türkei gepocht. Sie habe „darauf hingewiesen, dass in diesem tiefgreifenden Umbruch die Gewaltenteilung und Meinungsfreiheit gewahrt sein“ müssen, sagte sie.

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