Der kommissarische SPD-Vorsitzende kann die Diskussion um grundlegende Änderungen des Sozialsystems nicht mehr eindämmen. Die SPD-Linken wollen Korrekturen, die weit über die Schaffung von staatlich finanzierten Jobs für 150.000 Langzeitarbeitslose hinausgehen.
Die Chefin des Forums Demokratische Linke 21 (DL 21) in der SPD, Hilde Mattheis, fordert tiefgreifende Änderungen bei Hartz IV. « Die aktuelle Debatte um Hartz IV ist gut, denn sie zeigt, dass eine Korrektur der Hartz-Gesetze dringend notwendig ist », sagte Mattheis unserer Redaktion. Beim Ausbau von staatlich finanzierten Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose « spielt es weniger eine Rolle, wie das Programm genannt wird, sondern dass damit Menschen wieder gute und sinnvolle Arbeit finden », sagte Mattheis.
« Das ist aber nicht die alleinige Antwort auf die Korrekturnotwendigkeit der Hartz-Regelungen und der dahinter stehenden Prinzipien », betonte die Vertreterin der SPD-Linken. « Beide Teile dieser Debatte müssen dazu dienen, wieder Teilhabemöglichkeiten für die Menschen zu eröffnen », sagte sie. Mattheis forderte unter anderem Änderungen bei Dauer und Bezug des Arbeitslosengeldes I, die Abschaffung von Hartz-IV-Sanktionen, die Überarbeitung der Hartz-IV-Leistungshöhe sowie die Reform des Schonvermögens für Hartz-IV-Bezieher.
Im Widerspruch zum Finanzminister
Die Vertreterin der Parteilinken widersprach damit dem kommissarischen SPD-Vorsitzenden, Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Dieser hatte den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt, es gehe nicht um eine Abschaffung des Hartz-IV-Systems, sondern um die Schaffung eines neuen sozialen Arbeitsmarktes für 150.000 Langzeitarbeitslose, wie er im Koalitionsvertrag von SPD und Union vereinbart worden ist. Scholz sagte: « Die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die über lange Zeit arbeitslos sind, muss sich deutlich verringern. »
Die vor allem in der SPD geführte Debatte offenbart, dass die Positionen in der Partei auch noch 15 Jahre nach der Einführung der Hartz-Reformen stark auseinandergehen. Weite Teile der Sozialdemokratie sehen in dieser größten Sozialreform der Nachkriegsgeschichte unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder weiterhin einen wesentlichen Grund für das schlechte Abschneiden der SPD bei Wahlen. Die SPD-Pragmatiker um Olaf Scholz dagegen erkennen an, dass ohne Schröders einschneidende Reformen das zweite deutsche Beschäftigungswunder niemals möglich geworden wäre.
Zahl der Langzeitarbeitslosen verharrt
Eine grundlegende Neuausrichtung könnte diese Beschäftigungserfolge wieder infrage stellen und zudem für die Solidargemeinschaft der Steuerzahler sehr teuer werden. Im Koalitionsvertrag sind für öffentlich geförderte Jobs für bis zu 150.000 Langzeitarbeitslose in dieser Wahlperiode vier Milliarden Euro vorgesehen.
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Deutschland — in German Debatte um Grundeinkommen: Scholz erntet in Hartz-IV-Debatte Widerspruch