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Rolling Stones rocken das Olympiastadion

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Wieder da, immer noch da, nie weg gewesen: Am Freitagabend spielten die Stones in Berlin, und es war zugleich Gesamtkunstwerk und Spektakel.
Es scheint, als hätten die deutschen, speziell die Berliner Fans der Rolling Stones vorher geahnt, was allein für ein visuelles Spekatakel sie an diesem kühlen, irgendwann aber klar-tiefblauen Freitagabend im Olympiastadion erwartet. Bei jedem Konzert der „No-Filter“-Tour dürfen auch sie ein Wörtchen mitreden und sich zumindest einen Song wünschen. Nachdem auf Facebook von der Band für das erste von zwei Deutschland-Konzerten in diesem Jahr vier Songs zur Abstimmung präsentiert worden waren, fiel die Wahl auf „She’s a rainbow“. Nicht nur dass dieser Song, der 1967 auf „Their Satanic Majesties Request“ die zweite Album-Hälfte eröffnete, einer der ungewöhnlichsten, vielleicht süßlich-melodiösesten Songs der Band ist, auch in seiner wackeligen Psychedelität, nicht nur, dass Jagger hier im Olympiastadion selbst zur Akustik-Gitarre greift – der Song verweist überdies mit seinen Lyrics auf den Mut zur Farbe der Stones speziell an diesem Abend. Leicht abgewandelt könnte man zitieren: They come in colours everywhere, they’re like a rainbow.
Die Farbe Rot dominiert zunächst den Klamotten-Style der Band zu Beginn des tollen Konzerts, dessen Sound zumindest auf der Haupttribüne mehr als zufrieden stellend war: Mick Jagger trägt ein rotes Lederjäckchen, als er die Bühne betritt, auch Charlie Watts hat eine rote Jacke (über einem knallgelben T-Shirt) an, die ganze Show dann über, bei Ron Wood und Keith Richards lugt das Rot als Band, Schal oder Hemd hervor. Keith Richards’ wiederum bevorzugt Grün, Jacke und Turnschuhe harmonieren da schön miteinander, auch mit dem gelb-grün-roten Rasta-Kopftuch. Überhaupt knallen die Farben auf der Leinwand neben und rund um die Bühne, dass es eine Freude und ein fast anachronistisch anmutender popistischer Augenschmaus ist, beginnend mit der schön in gelb eingelegten roten Zunge, dem eingetragenen „Brand“ der Stones, die sich vor den Zugaben schließlich in gleichfalls psychedelisch silberblauschimmernde Streifen auflöst.
Doch ist natürlich niemand nur hier, um in Farbräusche zu geraten, sondern um die Stones zu hören, sie zu sehen in ihrer vermeintlichen Alterslosigkeit – nicht als Karikaturen ihrer einstigen Jugend, sondern mehr als Avatare ihrer selbst. Ja, um von der von Drogen- und Krankheitstoden bislang so glücklich verschonten Band das präsentiert zu bekommen, was immer noch unter Rock’ n’ Roll firmiert: ihre manchmal doch noch knietief im Blues stehenden Songs, ihre Hits, klar, die Ahnung davon, dass das alles einmal schwitzig, sumpfig und böse war. Ja, dass es tatsächlich mal eine Zeit gab, bevor die Stones eine weltumspannende Marke so wie Coca-Cola, Google oder Apple wurden.

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