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Juan Guaidó kündigt in Venezuela die Endphase seiner «Operation Freiheit» an

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Es kommt Bewegung in den seit Monaten andauernden Machtkampf in Caracas. Soldaten sind zu Guaidó übergelaufen und haben den Oppositionsführer Leopoldo López aus der Gefangenschaft befreit. In der Hauptstadt greifen Regierungsgegner Militärfahrzeuge an, ein Panzerwagen überrollt Demonstranten. Sieben Antworten zum Konflikt in Venezuela.
Venezuela befindet sich in einer Krise, die in der westlichen Welt ihresgleichen sucht. Das einst wohlhabende Land liegt nach jahrelanger Misswirtschaft, Korruption und Repression am Boden. Für viele Venezolaner sind aufgrund der Hyperinflation selbst Grundnahrungsmittel unerschwinglich geworden:
Laut Uno-Schätzungen sind seit 2014 rund drei Millionen Venezolaner wegen der Misere ins Ausland geflüchtet. Die Versuche der Regierung, die Wirtschaft mit Reformen wieder in Schwung zu bringen, blieben im Ansatz stecken. Die Ölindustrie, die Venezuelas Wohlstandsmotor war, bringt nur noch einen Bruchteil der früheren Devisen ins Land.
Nicolás Maduro wurde im Mai 2018 in einer «Wahl» unter weitgehendem Ausschluss der Opposition für eine zweite Amtszeit als Präsident bestimmt. Am 10. Januar 2019 liess er sich vereidigen. Zahlreiche Staaten, internationale Organisationen und die venezolanische Opposition erkennen ihn jedoch nicht als legitimen Präsidenten an.
Der Oppositionsführer Juan Guaidó, ein 35-jähriger Ingenieur, war lange selbst in Venezuela kaum bekannt. Er gilt als politischer Ziehsohn des populären Oppositionellen Leopoldo López, der bis zum 30. April unter Hausarrest stand. Anfang Januar wurde Guaidó als Präsident der Nationalversammlung vereidigt. Er gelangte in die prominente Position, weil Maduros Regierung die wichtigsten Oppositionellen ausgeschaltet hat.
Am 23. Januar erklärte sich Guaidó vor Zehntausenden von Anhängern zum Interimspräsidenten. Er beruft sich dabei auf die Verfassung, nach welcher der Parlamentsvorsteher übergangsweise die Exekutivgewalt übernehmen kann, wenn es keinen legitimen Präsidenten gibt.
Auf Guaidós Erklärung folgten Wochen von Protesten und Massenverhaftungen. Am 23. Februar schliesslich kam es zum Showdown: An der Grenze zu Kolumbien und zu Brasilien stoppte das venezolanische Militär gewaltsam Konvois mit Hilfsgütern. Für die Opposition, die gehofft hatte, die medienwirksame Aktion würde einflussreiche Militärs zum Seitenwechsel bewegen, war es eine Ernüchterung.
Die venezolanische Opposition galt lange als schwach und zerstritten. Zahlreiche Regierungsgegner sitzen in Haft, dürfen sich politisch nicht betätigen oder sind ins Exil gegangen. Anfang Jahr scharte sich die Opposition aber um Juan Guaidó. Dieser steht einem Parlament vor, das 2017 formell durch das Oberste Gericht entmachtet wurde. Das Gericht wird von Regierungsanhängern kontrolliert.
Gestärkt wird die venezolanische Opposition nicht nur dadurch, dass die Bevölkerung kaum noch etwas zu verlieren hat. Auch die internationale Unterstützung ist grösser ist als bei früheren Protesten. Dies hängt damit zusammen, dass Südamerika weiter nach rechts gerückt ist, wie jüngst Brasilien, wo seit Anfang 2019 Jair Bolsonaro regiert. Doch auch frühere Verbündete wie das noch immer links regierte Ecuador haben sich von Maduros Regierung abgewandt.
Da sich Maduro auch mehrere Monate nach Beginn des Machtkampfs im Amt hält, haben Guaidó und seine Unterstützer an Schwung verloren. Dennoch scheint die Opposition stärker zu sein als bei früheren Protesten. Die wirtschaftliche Situation hat sich in den vergangenen beiden Jahren dramatisch verschärft – womit auch der Unmut in der Bevölkerung zugenommen hat:
An den Protesten beteiligen sich deshalb stärker als früher neben der Mittel- und der Oberschicht auch arme Venezolaner, die ihre Lebensgrundlage wegbrechen sehen.
Bei den jungen Venezolanern ist das Vertrauen in die Regierung laut neuen Umfragedaten besonders tief. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass die jüngeren Generationen ihre Zukunftschancen durch den wirtschaftlichen Kollaps besonders stark bedroht sehen. Viele haben zurzeit kaum eine Chance, sich den Lebensunterhalt durch reguläre Arbeit zu verdienen.
Ausdruck der desolaten Lage war auch ein landesweiter Stromausfall im März. Die Regierung, die den Unterhalt der Infrastruktur stark vernachlässigt hat, schaffte es während Tagen nicht, die Elektrizitätsversorgung wiederherzustellen. Auch die Wasserversorgung fiel in der Folge an vielen Orten aus.

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