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Wie Kurz Merkel beim Impfstoff aus gekontert hat

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Die Impfstoffverteilung in Europa soll künftig gerechter werden. Zudem wollen die EU-Staaten den Export von Corona-Impfstoffen besser kontrollieren.
E s waren lange achteinhalb Stunden, die Angela Merkel in einem kleinen Raum im Berliner Kanzleramt vor dem Videobildschirm verbrachte. Die Gespräche seien „effektiv“ und „komprimiert“ gewesen, sagte die Kanzlerin am späten Donnerstagabend nach der Gipfelkonferenz mit den EU-Regierungschefs. Für Merkel gab es dabei Licht und Schatten. Aber sie musste auch hitzige Debatten erleben. Was lief gut für Merkel? Sie war die einzige EU-Politikerin, die der neue US-Präsident Joe Biden bei seinem etwa 30-minütigen Video-Gastauftritt ab 20.45 Uhr namentlich erwähnte – und das sogar dreimal. Er lobte sie als „europäische Führerin“. Dabei ist die Kanzlerin eine der wenigen europäischen Politikerinnen, die Biden noch aus seiner Zeit als Vizepräsident der USA unter Obama kennt. Biden schätzt Merkel ungemein. Die Kanzlerin erwähnte Bidens warmherzige Äußerungen bei der Pressekonferenz aber mit keinem einzigen Wort. Sie sagte nur nüchtern über das Gespräch mit dem Mann im Weißen Haus: „Es war ein erstes Kennenlernen, eine Geste, die sehr wichtig war und bedeutet, dass wir wieder enger im Gespräch sind.“ Und dann fügte Merkel hinzu: „Es gibt eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten, die wir wieder mehr pflegen wollen.“ Biden bot den Europäern in seinem kurzen Statement Zusammenarbeit im Kampf gegen die Wirtschaftsspionage der Chinesen und gegen die Misshandlungen der Uiguren durch Peking an, aber auch eine enge Abstimmung beim Klimawandel und beim Kampf gegen Covid-19. Dann sagte Biden: „Mein Onkel war im 2. Weltkrieg in Europa.“ Es war eine subtile Botschaft. Sie lautete: Auch meine Familie hat für die Freiheit der Europäer gekämpft. Und an EU-Ratspräsident Charles Michel hatte Biden eine Bitte. Er möge ihn nicht immer mit „Mr. President“ ansprechen. „Ich bin Joe“, sagte Biden. Aber nicht nur Bidens Auftritt gefiel Merkel. Sie konnte im Vorfeld des Gipfels auch durchsetzen, dass die Europäische Union den Dialog mit der Türkei trotz teilweise erheblicher Differenzen fortführt und sogar noch intensivieren will. Merkel ist die wichtigste Fürsprecherin des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der EU – das Gleiche gilt übrigens für Chinas Machthaber, Staatspräsident Xi Jinping, den die deutsche Kanzlerin immer wieder die Hand ausstreckt wie zuletzt beim umstrittenen Investitionsabkommen zwischen der EU und China. Das Abkommen mit Peking hatte Berlin Ende Dezember vergangenen Jahres einen Tag vor Silvester durchgedrückt. „Wir glauben angesichts der durchaus vorhandenen Meinungsverschiedenheiten, zum Teil auch tiefen Meinungsverschiedenheiten, dass trotzdem Sprachlosigkeit keine Antwort ist“, sagte Merkel mit Blick auf die Türkei. Man brauche vielmehr „Kontakte mit der Türkei auf allen Ebenen.“ Die EU stellt der Türkei nunmehr erneut eine Erweiterung der Zollunion und möglicherweise sogar eine schrittweise Visaliberalisierung in Aussicht. Das hängt aber auch davon ab, wie sich „die Entspannung im östlichen Mittelmeer weiter entwickelt“, so Merkel. Sie spielte damit an auf den Abzug von türkischen Schiffen vor Zypern und Griechenland, die monatelang Gasvorkommen erkundeten und damit Athen und Nikosia provozierten.

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