Home United States USA — mix Die Geächteten Russlands: Opposition gerät immer stärker unter Druck

Die Geächteten Russlands: Opposition gerät immer stärker unter Druck

325
0
SHARE

Sogar im westlich geprägten Sankt Petersburg müssen sich Oppositionelle vorsehen. Vielen bleibt nur die Flucht ins Private, ins Ausland oder ein Dasein als Randgruppe.
Sogar im westlich geprägten Sankt Petersburg müssen sich Oppositionelle vorsehen. Sankt Petersburg – Irina sitzt in dunkelblauen Badelatschen auf einem Plastikstuhl in ihrem Wahlkampfbüro an der Pionerskaja und lässt sich von einer Mitstreiterin schminken, für neue Wahlfotos. Die 32-Jährige erzählt, wie sie mit ihrem Team Hausflure abklappert und mit Rentner:innen Wohnnebenkosten diskutiert. „Wer gewinnen will, kann den Wahlkampf gar nicht früh genug anfangen!“ Sie habe schon im vergangenen Herbst gewusst, dass sie im September für das Petersburger Stadtparlament kandidieren wolle. Und dass man ihr Steine in den Weg legen werde. Aber ihre Augen leuchten. Und auf ihrem weißen T-Shirt prangt rot ihr Wahlmotto: „Ich habe keine Angst, und ihr habt keine Angst!“ Irina Fatjanowa, ledig, gelernte Soziologin, ist eine Geächtete, eine, die in Russland eigentlich keine Politik mehr machen darf. Vor kurzem hat der Parteitag der liberalen, aber oft ängstlichen Jabloko-Partei beschlossen, sie doch nicht, wie versprochen, als Kandidatin aufzustellen. Nun muss sie als Unabhängige Unterschriften sammeln, die Behörden bei der Registrierung gern für ungültig erklären, um unbotmäßige Kandidat:innen zu streichen. Aber die Staatsmacht vermag ihre Kandidatur schon früher zu verbieten, wegen Zugehörigkeit zu einer extremistischen Organisation. Denn Irina war die letzte Koordinatorin des Stabs von Alexej Nawalny in Petersburg. Und im Juni hat ein Moskauer Gericht alle Stäbe und Stiftungen des inhaftierten Oppositionsführers als extremistisch verboten. Trotz der wütenden Pandemie quirlt es in der Stadt. Auf den Kanälen drängen sich gut besetzte Ausflugsboote, die Boulevards sind voll junger Menschen, die Nächte weiß, ein bärtiger Mann mit Schlips und karierten Shorts spaziert über die Kronwerskaja und singt laut Metallica: „Every day for us is something new. Open mind for a different view.

Continue reading...