Mehrere Frauen in Kabul versuchten, ihre Kinder irgendwie in die Obhut ausländischer Soldaten zu geben. Und: Eine Lufthansa-Maschine mit Evakuierten ist unterwegs nach Frankfurt. Alle Informationen im Blog.
Der Flughafen in Kabul ist zu einer Insel inmitten des von den Taliban kontrollierten Landes geworden. Das US-Militär bestätigt nun: Neben Tausenden Soldaten hat es Zugriff zu anderen Mitteln. Alle Informationen im Blog. Die fortlaufenden Ereignisse lesen Sie hier im Blog: Um 1.46 Uhr ist nach Angaben der Bundeswehr der A400M erneut mit über 200 zu Evakuierenden an Bord aus Kabul gestartet. Ziel sei die rund 600 Kilometer nördlich gelegene usbekische Hauptstadt Taschkent, heißt es auf dem offiziellen Twitter-Account. Zusätzlich zu den aktuell mehr als 4.500 US-Soldaten am Flughafen in Kabul hat das US-Militär nach eigenen Angaben bei Bedarf Zugriff auf zahlreiche Kampfflugzeuge, Bomber und Drohnen in der Region. In Kabul selbst gebe es zudem eine « bedeutende Zahl » Hubschrauber, darunter Kampf- und Transporthubschrauber, sagte Generalstabschef Mark Milley am Mittwoch im Verteidigungsministerium. Unter anderem stünden in der Region Staffeln der Kampfflugzeuge der Typen F-16 und F-18 sowie die als « Reaper » (Sensenmann) bekannten Drohnen vom Typ MQ-9 und Langstreckenbomber vom Typ B-52 bereit. Das US-Militär hat die Kontrolle über den Flughafen der afghanischen Hauptstadt übernommen, vor allem um die Evakuierung von Amerikanern und früherer afghanischer Mitarbeiter der US-Behörden und Streitkräfte zu organisieren. In Kürze soll die Zahl der US-Soldaten dort auf bis zu 6.000 steigen. Der Flughafen ist damit quasi zu einer Insel inmitten des von den Taliban kontrollierten Landes geworden. John Bolton, früherer Sicherheitsberater der USA, warnt vor einem Griff der Taliban nach Atomwaffen. « In Afghanistan drohen neue nukleare Risiken, nicht morgen oder in 30 Tagen, aber mittelfristig », sagt Bolton dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. « Unsere Präsenz dort hat immer auch dazu gedient, Informationen aus zwei problematischen Nachbarländern mit Nuklearprogrammen zu sammeln, Pakistan und Iran. Unsere Fähigkeit die Region zu durchleuchten wird jetzt durch den Abzug reduziert. » Dass auch die Taliban an Atomwaffen interessiert sind, wisse die US-Regierung bereits seit 2001. « Wir dürfen jetzt bitte nicht naiv sein », sagt Bolton. « Die haben sich doch nicht 20 Jahre lang mühsam versteckt, um jetzt zu sagen: Ok, nun ist ein guter Moment gekommen, um unsere Grundsätze aufzugeben. » Der Iran ist nach den Worten seines neuen Präsidenten Ebrahim Raisi zur Zusammenarbeit mit Russland und China bereit, um « Stabilität und Frieden » in Afghanistan zu sichern. In einem Telefonat mit Chinas Präsident Xi Jinping sagte Raisi, Teheran wolle sich auch für die « Entwicklung, den Fortschritt und den Wohlstand » in Afghanistan einsetzen, wie es auf der offiziellen Website der iranischen Präsidentschaft am Mittwoch hieß. Auch während eines Telefonats mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin habe Raisi die Bereitschaft des Iran zu « jeglicher Kooperation » deutlich gemacht, um « Frieden und Ruhe in Afghanistan durchzusetzen ». Der Iran sei der Ansicht, « dass alle afghanischen Gruppen zusammenarbeiten » und den Rückzug der US-Truppen in einen « Wendepunkt für dauerhaften Frieden und Stabilität in Afghanistan verwandeln sollten ». Die Beziehungen zwischen Teheran und den Taliban sind historisch schwierig. Im Jahr 1998 hatten Taliban-Kämpfer das iranische Konsulat im nordafghanischen Masar-i-Scharif überfallen und mehrere Diplomaten sowie einen Journalisten getötet. In der Folge war es beinahe zu einem iranischen Einmarsch in Afghanistan gekommen. Die US-Regierung und die Notenbank haben Medienberichten zufolge den Großteil von Afghanistans Währungsreserven eingefroren. Es gehe darum, die Anlagen nicht in die Hände der Taliban fallen zu lassen, zitierte unter anderem die « Washington Post » Kreise aus dem US-Finanzministerium. Der nach der Machtübernahme der Taliban außer Landes geflohene bisherige afghanische Zentralbankchef Adschmal Ahmadi erklärte am Mittwoch über Twitter, rund sieben Milliarden Dollar (sechs Milliarden Euro) der Reserven seien bei der US-Notenbank in Verwahrung. Weitere zwei Milliarden Dollar sind demnach anderweitig international angelegt. Die Taliban hätten daher wohl nur Zugriff auf bis zu 0,2 Prozent der Währungsreserven, schrieb er weiter. Weil in Afghanistan bislang deutlich mehr US-Dollar ausgegeben als eingenommen wurden, war die Zentralbank zudem auf regelmäßige Lieferungen von US-Bargeld angewiesen. Ahmadi zufolge hat die Zentralbank nun aber kaum mehr US-Dollar, weil die Lieferungen angesichts des Vormarsches der Taliban eingestellt worden seien. Der Mangel an US-Dollar könnte zu Kapitalkontrollen, einer Begrenzung von Abhebungen und zu einem Verfall des Kurses der örtlichen Währung führen. Das « Wall Street Journal » berichtete zuletzt, die US-Regierung werde sich auch darum bemühen, eine bereits geplante Erhöhung der Reserven Afghanistans beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von rund 450 Millionen US-Dollar zu blockieren. Der IWF erklärte daraufhin am Mittwoch, die Organisation werde sich von der Meinung der internationalen Gemeinschaft leiten lassen. Weil es momentan keine Klarheit bezüglich einer Anerkennung der afghanischen Regierung gebe, könne das Land bis auf weiteres nicht auf IWF-Mittel zugreifen, hieß es. In der usbekischen Hauptstadt Taschkent ist eine weitere Lufthansa-Maschine gestartet, um aus Afghanistan in Sicherheit gebrachte Menschen nach Deutschland zu bringen. Das teilte ein Lufthansa-Sprecher am Mittwochabend mit. Die Landung des Airbus A340 wurde für den frühen Donnerstagmorgen in Frankfurt erwartet. An Bord sind nach Angaben der Lufthansa rund 250 Menschen. Die Menschen waren zuvor von der Bundeswehr von Kabul nach Taschkent geflogen worden. Die Bundeswehr hatte in dieser Woche ihre Rettungsaktion von Deutschen und Afghanen begonnen. Der US-Militärführung waren nach eigenen Angaben keine Berichte oder Szenarien der Geheimdienste bekannt, die einen so schnellen Kollaps von Regierung und Streitkräften in Afghanistan vorgesehen hätten. « Es gab nichts, das ich gesehen habe, oder irgendjemand anders, das auf einen Zusammenbruch dieser Armee und dieser Regierung innerhalb von elf Tagen hingewiesen hätte », sagte Generalstabschef Mark Milley am Mittwoch im Verteidigungsministerium. Frankreich hat Bedingungen für eine internationale Anerkennung einer afghanischen Regierung unter Führung der Taliban gestellt. Die Islamisten müssten etwa internationale Entwicklungshilfe akzeptieren, die Rechte von Frauen respektieren und dem Terrorismus den Rücken kehren, sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian am Mittwoch dem Sender BFMTV. « Ich weiß, dass sie sich sehr um internationale Anerkennung bemühen, aber das reicht nicht aus », fügte er hinzu. « Wenn die neue Generation der Taliban internationale Anerkennung will (…), müssen sie zunächst den Afghanen, die das Land aus Angst verlassen wollen, die Möglichkeit dazu geben », sagte Le Drian. Etwa beim Thema Frauenrechte hätten die Islamisten ja bereits Versprechungen gemacht. « Sie haben es angekündigt, es muss aber auch passieren », sagte der Außenminister. Die Bundeswehr hat Sicherheitskreisen zufolge für die Nacht noch zwei weitere Evakuierungsflüge geplant. Bisher wurden rund 670 Menschen ausgeflogen. Eine der A400M-Maschinen, mit denen die Bundeswehr Menschen von Kabul nach Taschkent ausfliegt, ist defekt. Das twittert das Bundesverteidigungsministerium. Eine Ersatzmaschine sei aber bereits gelandet und eine weitere Maschine desselben Typs sei mit Ersatzteilen vor Ort eingetroffen. « Wir sagen ganz klar: Der Defekt beeinflusst die Evakuierung nicht. » Die Rechte von Frauen in Afghanistan sollen einem ranghohen Taliban-Anführer zufolge künftig von einem Rat islamischer Gelehrter festgelegt werden. Diese Gelehrten würden letztlich über Arbeit und Bildung für Frauen, ob Mädchen zur Schule gehen dürfen, und wie sich Frauen zu kleiden haben entscheiden, sagte Taliban-Vertreter Wahidullah Haschimi, der in die Entscheidungsprozesse der Islamisten eingebunden ist, der Nachrichtenagentur Reuters. Die Gelehrten würden auch darüber entscheiden, ob Frauen einen Kopftuch-ähnlichen Hidschab, eine den ganzen Körper umhüllende Burka oder nur einen Schleier und eine Abaja – eine Art Ganzkörpergewand, bei der das Gesicht unbedeckt ist – oder etwas anderes tragen sollen. « Das bleibt ihnen (den Gelehrten, Anm. d. Redaktion) überlassen. » Im Zuge der Evakuierungsflüge aus Kabul ist eine weitere Maschine der Bundeswehr mit 220 Menschen an Bord auf dem Flughafen der usbekischen Hauptstadt Taschkent eingetroffen. Damit seien mehr als 670 Menschen aus Kabul in Sicherheit gebracht worden, teilte das Bundesverteidigungsministerium auf Twitter mit. Nach Angaben des Bundesaußenministeriums waren fast alle Passagiere afghanische Staatsbürger, unter ihnen mehr als 80 Frauen. Der Militärtransporter A400M landete nach Angaben des Verteidgiungsministeriums um 18.41 Uhr (MESZ) in Taschkent. Von dort sollen sie die Menschen in Lufthansa-Maschinen nach Deutschland gebracht werden. Insgesamt waren für Mittwoch vier Flüge von Kabul nach Taschkent geplant. Das US-Militär ist am Flughafen Kabul nach eigenen Angaben inzwischen mit rund 4.500 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Das erklärte der Sprecher Verteidigungsministeriums, John Kirby, am Mittwoch. Am Vortag waren es noch 3.500 gewesen. Kirby sagte, im Laufe des Mittwochs könnten am Flughafen der afghanischen Hauptstadt noch ein paar Hundert Soldaten dazukommen. In einigen Tagen sollen es dann bis zu 6.000 Soldaten werden. Sie sollen die Sicherheit des Flughafens gewähren und unter anderem die Evakuierung von Amerikanern und früheren afghanischen Mitarbeitern der US-Streitkräfte organisieren. Der Verband Afghanischer Organisationen in Deutschland fordert von der Bundesregierung die sofortige Einrichtung einer Luftbrücke in Afghanistan. Die Gefährdeten und ihre Familien müssten nach Deutschland oder in sichere Drittstaaten gebracht werden, sagte die stellvertretende Vorsitzende, Maria Hosein-Habibi, am Mittwoch. Von den Drittstaaten solle dann eine möglichst unbürokratische Einreise nach Deutschland ermöglicht werden. Der entmachtete afghanische Präsident Aschraf Ghani hat Berichte dementiert, er habe bei seiner Flucht vor den Taliban große Mengen Bargeld mitgenommen. Das seien Lügen, teilt Ghani in einem Video auf Facebook aus seinem Exil in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit. Er habe Kabul verlassen, um ein Blutvergießen und eine große Katastrophe zu verhindern. Regierungsvertreter hätten ihm dazu geraten. Es waren die ersten öffentlichen Äußerungen Ghanis, nachdem sein Aufenthalt in den Vereinigten Arabischen Emiraten am Nachmittag bestätigt worden war. Nach Angaben der russischen Botschaft in Kabul vom Montag war Ghani mit vier Wagen und einem Hubschrauber voller Geld aus Afghanistan geflohen. Eigenen Angaben zufolge will Ghani nicht im Exil bleiben. Er sei in Gesprächen, nach Afghanistan zurückzukehren und seine Bemühungen für Gerechtigkeit im Land fortzusetzen, sagte er in der Videobotschaft. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch dem Mandat für einen befristeten Afghanistan-Einsatz zur Evakuierung etwa von Deutschen und afghanischen Ortskräften zugestimmt. In dem von Verteidigungs- und Außenministerium vorgelegten Mandatstext, dem nun der Bundestag zustimmen muss, ist von einer Entsendung von bis zu 600 Soldaten die Rede. « Zur Durchführung von konkreten Operationen kann, zum Zweck der Verlegung von Personal in unterstützender Funktion in angrenzende Räume, die Personalobergrenze zeitlich befristet überschritten werden. Gleiches gilt in Notsituationen », heißt es in dem Papier der beiden Ministerien. Das Mandat soll bis zum 30. September befristet werden. Die Kosten würden voraussichtlich insgesamt rund 40 Millionen Euro betragen. Die Vereinten Nationen haben nach eigenen Angaben damit begonnen, bis zu 100 internationale Mitarbeiter von Afghanistan nach Kasachstan zu verlegen, um von dort aus zu arbeiten. Es handle sich aber um eine vorläufige Maßnahme. Die UN stünden dazu, in Afghanistan zu bleiben und das afghanische Volk zu unterstützen. Die UN haben in dem Land etwa 300 internationale und 3000 afghanische Mitarbeiter. Die Bundesregierung plant nach Angaben von Außenminister Heiko Maas, noch heute zwei Bundeswehr-Flugzeuge für weitere Evakuierungsflüge nach Kabul zu schicken. Von den 500 bisher Evakuierten seien etwas mehr als 100 Menschen afghanische Staatsangehörige gewesen. « Das kann nur der Anfang sein », so Maas. Derzeit gebe es allerdings « keine belastbaren Sicherheitszusagen, dass die Taliban afghanische Staatsangehörige frei zur Botschaft und zum Flughafen passieren lassen ». Angesichts der Lage in Afghanistan ist ein Transportflugzeug mit Material der Bundeswehr am Mittwoch vom Flughafen Hannover gestartet. Nach Angaben des niedersächsischen Verkehrsministeriums soll die Antonov 124-100 unter anderem medizinische Ausrüstung nach Taschkent in Usbekistan bringen. Für Start und Landung des riesigen vom Bundesverteidigungsministerium gecharterten Flugzeugs war eine Sondergenehmigung des Verkehrsministeriums nötig, erklärte dessen Sprecher. Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat bei einer Videokonferenz der EU-Innenminister darauf gedrängt, legale und sichere Fluchtrouten aus Afghanistan nach Europa zu schaffen. « Die Lage in Afghanistan ist eindeutig nicht sicher und wird es auch noch einige Zeit nicht sein », sagte sie laut einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung bei dem Treffen. Zudem betonte sie, wie wichtig es sei, dass man auch weiterhin andere Länder – vor allem in der Nachbarschaft Afghanistans – dabei unterstütze, Flüchtlinge aufzunehmen. Ihren Angaben zufolge sind 80 Prozent der zur Flucht gezwungenen Menschen Frauen und Kinder. Seit Anfang des Jahres seien rund 550.000 Afghaninnen und Afghanen innerhalb des Landes vertrieben worden, zusätzlich zu den 2,9 Millionen, die bereits zuvor innerhalb des Landes geflohen waren. Die Türkei hat Gerüchte zurückgewiesen, zukünftig nicht mehr den Flughafen in Kabul sichern zu wollen. Auf die Frage, ob das Vorhaben nun vom Tisch sei, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu der Zeitung « Hürriyet » am Mittwoch: « Das zu sagen ist noch zu früh, weil es jetzt neue Umstände sind. » Verteidigungsminister Hulusi Akar sagte: « Wir haben gesagt, wenn die erforderlichen Bedingungen erfüllt werden, würden wir unsere Arbeit fortsetzen. » Der Flughafen in Kabul wurde bisher unter anderem von türkischen Soldaten im Rahmen des Nato-Einsatzes in Afghanistan gesichert, teils wurde auch der Service für den Flugbetrieb bereitgestellt. Der sichere Betrieb des Flughafens galt zumindest bis zur Machtübernahme der Taliban – zusammen mit einer medizinischen Versorgung – als Voraussetzung dafür, dass Botschaften und internationale Vertretungen im Land bleiben können. Das Bundesinnenministerium (BMI) distanziert sich von der Schätzung, dass wegen der Machtübernahme der Taliban mit bis zu fünf Millionen afghanischen Flüchtlingen zu rechnen sein könnte. « Das ist nicht die Einschätzung des BMI », sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) bei einer Unterrichtung der Bundestags-Fraktionschefs am Montag selber gesagt, dass 300.000 bis fünf Millionen Afghanen die Flucht ergreifen könnten – ohne das klar wurde, woher diese Zahlen stammen und was das Ziel dieser Menschen ist. Im Ministerium ist nun von « Hypothesen und Vermutungen » aus anderen Quellen die Rede. Eine Sprecherin betonte auf erneute Nachfrage, dass wegen der dynamischen Entwicklung derzeit « keine belastbare Prognose » zur Größenordnung der Migration möglich sei. Taliban-Kämpfer feuern in Kabul nach Angaben der Islamisten Warnschüsse in die Luft, um eine Menschenmenge am Flughafen der afghanischen Hauptstadt auseinanderzutreiben. Man habe nicht die Absicht, jemanden zu verletzen, sagte ein Taliban-Vertreter. Das massive Chaos vor dem Flughafen dauere an. Verantwortlich dafür sei der « chaotische Evakuierungsplan » der westlichen Streitkräfte. Charlotte Bellis ist Journalistin für den Sender Al Jazeera. Am Dienstag besuchte sie die erste Pressekonferenz der Taliban in Kabul, stellte auch Fragen. Mehrere Medien berichteten im Anschluss über die « mutige, blonde Journalistin », die angeblich als einzige Frau an der Pressekonferenz teilnahm. Bellis korrigiert diese Berichte auf Twitter: « Es waren auch zwei andere afghanische Journalistinnen dort – Frauen, die viel mutiger waren als ich. » Afghanische Ortskräfte und ihre Familien hätten laut einem Bericht der « Süddeutschen Zeitung » bereits Ende Juni aus dem nordafghanischen Masar-i-Scharif in Sicherheit gebracht werden können. Für den 25. August habe das Bundesverteidigungsministerium zwei Charterflugzeuge organisiert gehabt, berichtete das Blatt in seiner Donnerstagsausgabe. Die Operation sei damals aber an Streitigkeiten um Pass- und Visaanforderungen gescheitert. Dem « SZ »-Bericht zufolge waren die Maschinen bei zwei spanischen Airlines bestellt worden, um 60 afghanische Ortskräfte der Bundeswehr und ihre Familienangehörigen auszufliegen. Bis zu 300 Menschen hätten so in Sicherheit gebracht werden können – vier Tage vor dem Ende des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Die Bundeswehr hatte in Masar-i-Scharif ihren Hauptstützpunkt in Afghanistan gehabt. Die Flüge seien wegen bürokratischer Hindernisse nicht zustande gekommen, hieß es. « Zu dem geplanten Durchführungszeitpunkt konnten die Voraussetzungen wie Pass und Visa für die sichere Abfertigung der möglichen Passagiere vor Ort nicht mehr erfüllt werden », zitierte die « SZ » einen Sprecher des Verteidigungsministeriums. Dabei sei es vor allem darum gegangen, die Ortskräfte und ihre Angehörigen einerseits zweifelsfrei zu identifizieren und vor der Ausreise zu prüfen, ob sie berechtigt seien, nach Deutschland gebracht zu werden. Die Außenminister der Nato-Staaten kommen am Freitag zu einer außerordentlichen Videokonferenz zusammen, um über die Lage in Afghanistan zu beraten. Das teilte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch auf Twitter mit. Dadurch solle die « enge Abstimmung » fortgesetzt und das gemeinsames Vorgehen erörtert werden, hieß es. Nach der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags zu Afghanistan hat die Opposition Außenminister Heiko Maas (SPD) vorgeworfen, alle wichtigen Fragen offen gelassen zu haben. « Neue Erkenntnisse gab es nicht », sagte der FDP-Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai am Mittwoch in Berlin. So habe Maas beispielsweise nicht erklären können, wie es zu der Fehleinschätzung gekommen sei, dass Kabul nicht fallen werde. « Diese Frage bleibt weiterhin im Raum. » Maas selbst verließ die Sondersitzung des Ausschusses ohne eine Äußerung vor den wartenden Journalisten. Der Afd-Außenpolitiker Armin Paul Hampel bezeichnete die Situation in Afghanistan als « Desaster » und sagte zu der Ausschusssitzung: « Für mich war das eine Kakophonie der Erklärungsversuche. » Der aus Afghanistan vor der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban geflohene Präsident, Aschraf Ghani, befindet sich in Abu Dhabi. Die Vereinigten Arabischen Emirate hätten Ghani und dessen Familie « aus humanitären Gründen » aufgenommen, erklärte das Außenministerium in Abu Dhabi laut der staatlichen Nachrichtenagentur WAM am Mittwoch. Nach Angaben der russischen Botschaft in Kabul vom Montag war Ghani am Samstag vor den Taliban mit vier Wagen und einem Hubschrauber voller Geld aus Afghanistan geflohen. Berichten zufolge soll er 169 Millionen US-Dollar außer Landes gebracht haben. Viele Afghanen reagierten wütend und warfen ihm die Zerstörung des Landes vor. Die Vereinigten Arabischen Emirate hatten in der jüngeren Vergangenheit mehrmals hohen ausländischen Staatsvertretern mit Problemen in ihrem Heimatland Schutz gewährt. Vergangenes Jahr ging der unter Korruptionsverdacht stehende ehemalige König Juan Carlos von Spanien ins Exil in die Emirate. Die in Abwesenheit zu fünf Jahren Haft verurteilte ehemalige thailändische Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra fand 2017 in Dubai Schutz. Hilfe für Afghanistan unter einer Taliban-Führung sollte nach Ansicht von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet an enge Konditionen geknüpft werden. Die EU müsse sehr schnell eine Linie für den Umgang mit den Taliban festlegen, fordert der CDU-Chef in Oldenburg. « Bestimmte Bedingungen müssen erfüllt sein, damit die internationale Gemeinschaft weiter in Afghanistan hilft und präsent ist », fügt er hinzu. Laschet hatte zuvor die Ausreise von Afghaninnen gefordert, die sich zivilgesellschaftlich engagiert hätten. Die NRW-Regierung hatte mitgeteilt, sie wolle 1.000 Afghaninnen aufnehmen. In Afghanistan haben sich Vertreter der militant-islamistischen Taliban mit anderen politischen Kräften getroffen. Demnach sprachen am Mittwoch Ex-Präsident Hamid Karsai und der Leiter des Hohen Rates für Nationale Versöhnung Abdullah mit dem hochrangigen Taliban-Mitglied Anas Hakkani. Ein Mitarbeiter Karsais teilte danach mit, es sei um Pläne und weitere Treffen gegangen, wenn die politische Führung der Taliban-Bewegung in Kabul eingetroffen sein werde. Das Treffen habe im Haus von Abdullah in Kabul stattgefunden. Am Dienstag hatte der Sprecher der Taliban während einer Pressekonferenz erklärt, man wolle auch andere politische Kräfte an der Macht beteiligen. Wie genau in Zukunft das Land geführt werden soll, wie eine Regierung aussehen wird, welchen Namen und Struktur sie haben soll, ist noch unbekannt. Laut Sprecher Mudschahid arbeitet die Taliban-Führung gerade « ernsthaft » daran. In den vergangenen 24 Stunden sind nach Angaben eines westlichen Informanten rund 5.000 Diplomaten, Sicherheitskräfte, Entwicklungshelfer und Afghanen aus Kabul evakuiert worden. Die Evakuierungen durch Militärflüge würden weiterhin rund um die Uhr fortgesetzt, sagte die Person der Nachrichtenagentur Reuters. Das Chaos außerhalb des Flughafens zu klären sei eine Herausforderung. Der afghanische Präsident Aschraf Ghani soll bei seiner Flucht aus Afghanistan 169 Millionen US-Dollar außer Landes gebracht haben. Das berichtet der « BBC »-Journalist Kawoon Khamoosh auf Twitter mit Verweis auf den afghanischen Botschafter in Tadschikistan. Ghani hatte das Land Berichten zufolge am Sonntag – als die Taliban faktisch die Macht in Kabul übernahmen – mit vier Autos und einem Hubschrauber verlassen. Vor den Taliban in Afghanistan flüchtende Menschen sind in wachsender medizinischer Not. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtete am Mittwoch, dass in Kliniken in Kabul und anderen afghanischen Städten immer mehr Fälle von Durchfallerkrankungen, Mangelernährung, Bluthochdruck und Corona-Symptomen aufträten. Dazu kämen vermehrt Schwangerschaftskomplikationen. Die WHO habe zwei mobile Gesundheitsteams bereitgestellt, aber der Einsatz müsse wegen der Sicherheitslage immer wieder unterbrochen werden. Durch die vermehrten Kämpfe in den vergangenen Monaten sei die Zahl der konfliktbedingten Verletzungen deutlich gestiegen.70 von der WHO unterstützte Kliniken behandelten im Juli fast 14.000 Betroffene, verglichen mit gut 4.000 im Juli vergangenen Jahres. Es sei aber gelungen, unter anderem die nötigsten Präparate für die medizinische Grundversorgung für mehrere Tausend Menschen nach Kabul und Helmand zu liefern. In mehreren afghanischen Städten haben am Mittwoch offenbar Menschen gegen die Taliban-Herrschaft protestiert. Auf einem Video, das auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlicht wurde, ist zu sehen, wie Demonstranten in der Stadt Dschalalabad die weiße Taliban-Flagge durch die afghanische ersetzen. Die Taliban antworten auf die Aktion der Demonstranten mit Schüssen. Bei den Protesten sind mindestens drei Menschen getötet und mehr als ein Dutzend verletzt worden. Das berichten zwei Augenzeugen und ein früherer Polizeivertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Auch in der Städten Nangarhar und Chost im Osten des Landes haben Menschen die afghanische Flagge gehisst, wie auf anderen Videos zu sehen ist. In Chost sollen die Taliban unbestätigten Berichten zufolge auf die Demonstranten geschossen haben. Dabei habe es auch Tote und Verletzte gegeben. Der Präsident des EU-Parlaments, David Sassoli, fordert, dass in die EU gelangte Afghanen auf alle Mitgliedstaaten verteilt werden. « Wir haben eine Verantwortung. Ich glaube, die EU-Kommission kann ihre Verteilung unter den Mitgliedstaaten autorisieren, um eine gleiche Belastung zu sichern. Dies kann rasch gemacht werden », sagt Sassoli. Die Schweiz will vorerst keine größere Gruppe von Menschen direkt aus Afghanistan aufnehmen. Asylgesuche sollen nach dem üblichen Verfahren geprüft werden, erklärt die Regierung. Hingegen erhalten rund 40 lokale Mitarbeiter des Kooperationsbüros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Kabul und ihre engsten Angehörigen ein humanitäres Visum – insgesamt rund 230 Personen. Es werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die lokalen Mitarbeiter und Schweizer Bürger aus Afghanistan zu bringen. Bislang hätten sich rund 30 Schweizer gemeldet, die das Land verlassen wollen. Außenminister Ignazio Cassis bedankt sich in diesem Zusammenhang für die Unterstützung der USA und Deutschlands. Die Bundesregierung will so lange wie möglich so viele Menschen wie möglich aus Kabul evakuieren. Das sagt Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Der vierte Evakuierungsflug der Bundeswehr von Kabul ist am Mittag in der usbekischen Hauptstadt Taschkent gelandet. Das teilte die Bundeswehr auf Twitter mit. An Bord der Maschine seien demnach 180 Personen gewesen. Noch am Mittwoch sollen drei weitere Flüge durchgeführt werden. Laut Bundesverteidigungsministerium wurden bislang über 450 schützenswerte Personen aus Afghanistan ausgeflogen. Bei einer Massenpanik an einem Tor zum Flughafen Kabul werden nach Angaben eines Nato-Vertreters 17 Menschen verletzt. Afghanische Zivilsten seien aufgefordert worden nicht zum Flughafen zu kommen, es sei denn, sie hätten einen Reisepass und ein Visum. Der Nato-Vertreter, der nicht namentlich genannt werden will, erklärt, er habe keine Hinweise auf Übergriffe von Taliban-Kämpfern außerhalb des Flughafens. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat die Situation in Afghanistan nach der faktischen Machtübernahme der Taliban als « dramatischen Scherbenhaufen » bezeichnet. « Es ist ein menschliches Drama und eine Katastrophe, es ist eine politische Katastrophe, es ist ein moralisches Scheitern des Westens », sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags am Mittwoch vor Beginn einer Sondersitzung des Gremiums. Die geostrategischen Auswirkungen seien noch gar nicht überschaubar. « Es ist eine Zäsur, die wir erleben, die alles ergreift und betrifft – vom individuell Menschlichen bis zur Weltlage. » Röttgen machte deutlich, dass Deutschland bei der Evakuierung von Bundesbürgern und afghanischen Ortskräften nun voll auf das Wohlwollen der militant-islamistischen Taliban angewiesen sei. « Die Taliban sind jetzt die Machthaber im Land », sagte er. « Alles, was dort stattfindet, findet statt, weil die Taliban es noch dulden. Und nur, sofern die Taliban es dulden. » Er sehe nicht, welches Druckinstrument der Westen in den Gesprächen mit den Islamisten haben könnte. « Das ist eine der Veränderungen, die stattgefunden hat: dass wir jetzt bitten müssen, dass Rettung möglich bleibt und wie lange sie möglich bleibt. Alles ist jetzt in der Hand der Taliban. » Die Taliban haben sich nach Angaben aus ihren Reihen mit Ex-Präsident Hamid Karsai zu Gesprächen getroffen. Auch das ranghohe Mitglied der bisherigen Regierung, Abdullah Abdullah, sei bei dem Treffen dabei gewesen, sagt ein Taliban-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Auf Taliban-Seite habe der Anführer der Hakkani-Gruppe, Anas Hakkani, teilgenommen. Details zu den Gesprächen nannte der Taliban-Vertreter nicht. Es sei noch zu früh zu sagen, ob die Taliban in ihre neue Regierung auch Mitglieder früherer Regierungen einbeziehen würden, erklärt er. Karsai war von 2001 bis 2014 afghanischer Präsident. Der britische Regierungschef Boris Johnson spricht sich gegen einen erneuten Nato-Einsatz in Afghanistan aus. « Ich halte es wirklich für eine Illusion zu glauben, dass bei einem unserer Partner Appetit auf eine fortgesetzte Militärpräsenz oder auf eine von der Nato entwickelte militärische Lösung in Afghanistan besteht », sagte Johnson vor dem extra aus der Sommerpause zurückgerufenen Parlament. Er glaube auch nicht, dass es eine Option sei, Zehntausende britische Soldaten in den Kampf gegen die Taliban zu schicken. Damit Ortskräfte ausländischer Staaten zum Flughafen kommen dürfen, wollen die Taliban offenbar Geld verlangen. Das berichtet die « Bild ». Für die afghanischen ehemaligen Mitarbeiter soll demnach jeweils ein « Kopfgeld » ausgehandelt werden. 11.11 Uhr: Hunderte Afghanen harren am Flughafen in Kabul aus Hunderte Menschen halten sich laut Augenzeugenberichten rund um den Kabuler Flughafen auf. Kinder, Frauen und Männer harren demnach in den Straßen um das Flughafengelände aus. Viele hätten dort auch übernachtet. In der Stadt kursieren fälschlicherweise Gerüchte, wonach alle, die es auf den Flughafen schaffen, auch evakuiert werden. Deshalb fahren viele Menschen dorthin. Sie versuchen über Sprengschutzmauern oder anderen Wegen, auf das Gelände zu kommen. Nepal hat Deutschland und andere Länder gebeten, nepalesische Sicherheitsleute in Afghanistan in Sicherheit zu bringen. Rund 1.500 Nepalesen hatten dort für Botschaften und Büros der Vereinten Nationen gearbeitet, sagte eine Sprecherin des nepalesischen Außenministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Aus dem Auswärtigen Amt war zu hören, dass der für den Außenschutz des deutschen Botschaftsgeländes in Kabul beauftragte Sicherheitsdienstleister eine mittlere bis hohe zweistellige Zahl von nepalesischen Kräften eingesetzt hatte. Am Dienstag hatten die USA 118 Nepalesen aus Afghanistan in ihre Heimat gebracht. Der Befehlshaber der britischen Streitkräfte, General Nick Carter, hat sich positiv über die Zusammenarbeit mit den militant-islamistischen Taliban bei der Evakuierung von britischen Staatsbürgern und Ortskräften aus Afghanistan geäußert. « Wir arbeiten mit den Taliban zusammen, die für Sicherheit sorgen », sagte Carter am Mittwoch im Radiosender BBC 4. Die Taliban stellten sicher, dass das Zentrum der Hauptstadt Kabul sehr ruhig sei. Bislang gebe es keine Berichte, dass Menschen Schwierigkeiten hätten, an den Flughafen zu gelangen. Die Taliban arbeiteten « hart » daran, dass es ruhig bleibe. Für den raschen Zusammenbruch der afghanischen Streitkräfte machte Carter einen Mangel an Vertrauen in die bisherige politische Führung verantwortlich. Die erste Evakuierungsmaschine am heutigen Mittwoch – insgesamt ist es die vierte deutsche Maschine – ist wieder aus Kabul abgehoben.176 Menschen sollen sich an Bord der Maschine in Richtung der usbekischen Hauptstadt Taschkent befinden. Das teilte Außenminister Heiko Maas auf Twitter mit. Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat Frankreich weitere 216 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen. Wie der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian am Mittwoch erklärte, waren darunter 184 besonders schutzbedürftige Afghanen. Bei der Evakuierungsmission, die in der Nacht erfolgte, wurden demnach auch 25 französische Staatsangehörige außer Landes gebracht. Nach Angaben des Generalstabs sollen sie im Laufe des Tages in Frankreich eintreffen. Die Menschen hatten zuvor im Gebäude der französischen Botschaft in Kabul Zuflucht gesucht, wie Le Drian mitteilte. Unter den Evakuierten befanden sich demnach auch vier Niederländer, ein Ire und zwei kenianische Staatsbürger. Zur Evakuierung von Menschen aus Afghanistan ist am Mittwochmorgen ein weiteres Flugzeug der Bundeswehr Richtung Kabul gestartet. Die Maschine vom Typ A400M sei in der usbekischen Hauptstadt Taschkent abgehoben, um weitere deutsche Staatsangehörige, Ortskräfte und weitere gefährdete Personen aus Kabul auszufliegen, teilte das Bundesverteidigungsministerium mit. Die Bundeswehr hatte am Dienstagabend 139 Menschen aus der afghanischen Hauptstadt nach Taschkent ausgeflogen. An Bord des dritten Evakuierungsflugs befanden sich nach Angaben des Auswärtigen Amts « deutsche, andere europäische und afghanische Staatsbürger ». 131 Menschen, die zuvor aus Kabul in Sicherheit gebracht worden waren, landeten in der Nacht zu Mittwoch an Bord einer Lufthansa-Maschine in Frankfurt. Im Laufe des Tages waren nach Angaben vom Dienstag insgesamt vier Evakuierungsflüge nach Kabul geplant. Die Bundesregierung hat den Einsatz von bis zu 600 Bundeswehrsoldaten für die Evakuierungsaktion im afghanischen Kabul beschlossen. Das Kabinett billigte am Mittwoch den Entwurf für ein entsprechendes Bundestagsmandat, über das voraussichtlich in der kommenden Woche im Parlament abgestimmt werden soll. Der bereits seit Montag laufende Einsatz ist bis Ende September befristet. Mit dem Mandat wollen Regierung und Parlament nachträglich die rechtliche Grundlage dafür schaffen. Mehr dazu lesen Sie hier. Der Publizist Jürgen Todenhöfer hält nach dem faktischen Machtwechsel in Afghanistan Verhandlungen mit den radikalislamischen Taliban für notwendig. « Ja, natürlich », sagte Todenhöfer am Mittwoch im Deutschlandfunk auf eine entsprechende Frage. Jetzt sei die Stunde der Diplomatie. Deutschland mit seiner traditionellen Freundschaft zu dem Land sei besonders gefragt. « Jetzt brauchen wir kluge Diplomatie. » Todenhöfer begrüßte, dass der deutsche Botschafter in Afghanistan, Markus Potzel, im Golf-Emirat Katar mit Taliban-Vertretern sprechen will. Er fügte aber hinzu: « Er müsste nach Kabul. » Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete, der immer wieder Krieg- und Krisengebiete bereiste, sieht eine « gewisse Chance », dass die Taliban sich nicht an Afghanen rächen, die für ausländische Streitkräfte oder Organisationen tätig waren. « Keiner weiß es. Und jeder muss es hoffen », sagte der 80-Jährige. Die Islamisten müssten Interesse an Stabilität haben. Sie hätten gesehen, dass ihre bisherige Strategie gegenüber der eigenen Bevölkerung eine Katastrophe gewesen sei. Todenhöfer verwies darauf, dass Kabul 1996 zum Zeitpunkt der damaligen Machtübernahme durch die Taliban eine Stadt mit 500.000 Einwohnern gewesen sei. Heute sei Afghanistans Hauptstadt eine moderne Stadt mit fünf Millionen Menschen. Wenn die Taliban es nicht schafften, diese zu ernähren und dafür zu sorgen, dass die Kinder zur Schule und später auf Universitäten gehen könnten, verlören sie die Bevölkerung wieder, sagte Todenhöfer. Die britische Regierung ist mit ihrem Plan zur Aufnahme von 20.000 Menschen aus Afghanistan in den kommenden Jahren auch in der eigenen Partei in die Kritik geraten. Der konservative Abgeordnete Tobias Ellwood bezeichnete die Pläne in der Zeitung « Daily Mirror » (Mittwoch) als « elendig unangemessen ». Zudem sei die geplante Aufnahme über einen zu langen Zeitraum gestreckt. Im ersten Jahr will Großbritannien im Rahmen des Programms bislang 5.000 Menschen aufnehmen. Auch von der Labour-Opposition kam Kritik, der Plan werde der Herausforderung nicht gerecht. Die Schottische Nationalpartei SNP forderte die Aufnahme von bis zu 40.000 Menschen. Am Mittwoch stand im britischen Parlament eine Afghanistan-Debatte auf dem Programm. Innenministerin Priti Patel deutete im Sender Sky News an, die Zahl der afghanischen Ortskräfte, die jetzt aufgenommen werden, könnte von 5.000 auf 10.000 erhöht werden. Nach offiziellen Angaben fliegt Großbritannien derzeit täglich beinahe 1.000 Menschen aus Kabul aus. Noch zwei Tage vor dem Fall der afghanischen Hauptstadt Kabul in die Hände der radikalislamischen Taliban hat der Bundesnachrichtendienst (BND) die Taliban massiv unterschätzt. Das legt nun ein neuer Bericht der « Bild »-Zeitung nahe. Am 13. August tagte der Krisenstab der deutschen Bundesregierung zur Lage in dem Land. Aus einem entsprechenden Protokoll der Sitzung zitiert die « Bild »-Zeitung die Position des BND wie folgt: « Übernahme Kabuls durch TLB ( Taliban, Anmerkung der Redaktion) vor 11.9. eher unwahrscheinlich. » Die Taliban hätte « derzeit kein Interesse » an einer militärischen Einnahme Kabuls. Mutterkonzern Facebook sperrt jetzt offizielle WhatsApp-Gruppen und -Accounts der Taliban. Das Unternehmen will dies aber nicht als politische Maßnahme verstanden wissen und beruft sich auf offizielle US-Sanktionen. Mehr dazu lesen Sie hier. Laut dem australischen Regierungschef Scott Morrison habe Australien im Rahmen eines ersten Evakuierungsfluges 26 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen. Das berichtet die BBC. Das Flugzeug sei für 128 Personen ausgelegt. Die Nichtregierungsorganisation « Human Rights Watch » bezeichnete diesen ersten Flug als « enttäuschend ». Australien will weitere Flüge nach Kabul schicken. Am Mittwoch hatte Morrison mitgeteilt, dass Australien keine zusätzlichen Menschen aufnehmen würde. Die Verpflichtung im Rahmen von UN-Vereinbarungen würde aber eingehalten – nicht mehr als 3.000 Visa würden für afghanische Staatsbürger ausgestellt. Großbritannien und Kanada haben jeweils angekündigt, zusätzlich 20.000 Afghanen aufzunehmen. Das schließt der australische Premier aus. Nordrhein-Westfalen will zusätzlich 1.000 Afghaninnen aufnehmen. « Wir haben diese Frauen und ihre besonders extreme Gefährdung im Blick », sagt Ministerpräsident Armin Laschet der « Rheinischen Post ». Daher gebe es zusätzlich zu den 800 Plätzen für Ortskräfte aus Afghanistan nun dieses Kontingent. Damit wolle man schnellstmöglich besonders bedrohten Bürgerrechtlerinnen, Menschenrechtsaktivistinnen, Künstlerinnen, Journalistinnen und anderen mit ihren Familien in Deutschland eine sichere Unterkunft bieten, wird die Landesregierung zitiert. Die Notsituation erfordere schnelles humanitäres Handeln. In den USA gibt es Zweifel, ob die Evakuierung von bis zu 22.000 Afghanen gelingen kann, die etwa als Ortskräfte ein spezielles Einreisevisum erhalten haben. Um das zu erreichen, müssten « zu viele Dinge hundertprozentig klappen », sagt ein US-Offizieller zu Reuters. Viele westliche Nationen stehen wegen der Übernahme der Hauptstadt Kabul durch die Taliban derzeit vor dem Problem, ob sie ihre afghanischen Ortskräfte sowie Personen, die sie schützen wollen, noch ausfliegen können. Die Taliban kontrollieren auch die Gegend um den Flughafen, der derzeit von den USA betrieben wird. Indien hat seine Botschafter und alle anderen Diplomaten aus Afghanistan evakuiert. Das berichtet die « BBC ». Demnach wurden sie mit einem Militärflugzeug am Dienstag ausgeflogen. An Bord seien rund 150 Personen gewesen, darunter Sicherheitspersonal und einige andere indische Staatsbürger. Die Maschine landete am Dienstagabend auf dem Luftwaffenstützpunkt Hindon. Der indischen Außenminister Subrahmanyam Jaishanka bezeichnete die Evakuierung laut Bericht als « schwierig ». Weitere Inder, die sich laut dem indischen Botschafter in Afghanistan noch im Land befänden, sollen ausgeflogen werden, sobald der kommerzielle Flugverkehr wieder aufgenommen wird. Bislang sind mehr als 2.200 Diplomaten und andere Zivilisten mit Militärflugzeugen aus Kabul herausgebracht worden, heißt es in westlichen Sicherheitskreisen in der afghanischen Hauptstadt. Wann zivile Flüge von Kabul aus wieder starten könnten, sei derzeit noch offen. Die erste Lufthansa-Maschine mit Evakuierten aus Afghanistan ist in Frankfurt gelandet. Nach Angaben der Fluggesellschaft befinden sich rund 130 Personen an Bord. Der Airbus vom Typ A340 übernahm in der usbekischen Hauptstadt Taschkent Passagiere von Bundeswehr-Flügen aus Kabul und startete am Dienstagabend von dort Richtung Deutschland. Die Bundesregierung hatte den Langstreckenjet gechartert. Die Lufthansa wird in Absprache mit der Bundesregierung auch Evakuierungsflüge aus Doha in Katar und möglicherweise auch aus anderen Anrainerstaaten Afghanistans anbieten, wie ein Sprecher am Dienstag sagte. Für die nächsten Tage sei eine noch unbekannte Zahl von Flügen geplant. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan die Auslandseinsätze der Bundeswehr überprüfen. « Wir müssen aus diesem Einsatz unsere Lehren ziehen. Deshalb werden wir die anderen Auslandseinsätze der Bundeswehr dahingehend überprüfen, ob wir gut aufgestellt sind und was wir möglicherweise besser machen müssen », sagte Kramp-Karrenbauer der Zeitung « Rheinische Post ». « Wir sollten dabei auch anerkennen, was die Bundeswehr in den letzten 20 Jahren geleistet hat. » Die Bundeswehr muss mangels Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen in Kabul die Evakuierungsflüge nach Usbekistan vorübergehend einstellen. Der Grund sei die momentan fehlende Verfügbarkeit der Flughafenfeuerwehr in Kabul », teilte die Bundeswehr auf Twitter mit. Um den nicht durchgeführten Flug zu kompensieren, seien für Mittwoch vier Flüge nach Kabul vorgesehen. Österreich ist nach der Machtübernahme durch die Taliban nicht bereit, künftig zusätzliche Geflüchtete aus Afghanistan aufzunehmen. « Es gibt keinen Grund warum ein Afghane jetzt nach Österreich kommen sollte », sagt Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) der Zeitung « Welt » vor den Beratungen der EU-Innenminister am Mittwoch. Nehammer forderte, die Nachbarstaaten Afghanistans bei der Aufnahme von Flüchtlingen in die Pflicht zu nehmen. « Das heißt, oberste Priorität ist jetzt mit den Nachbarländern von Afghanistan zu reden, damit Schutz und Hilfe in der Region sichergestellt ist – ganz im Sinne der Genfer Konvention. « Abschiebezentren in der Region rund um Afghanistan wären eine Möglichkeit. » In der usbekischen Hauptstadt Taschkent ist in der Nacht zu Mittwoch die dritte Bundeswehr-Maschine mit aus Kabul evakuierten Deutschen und Ortskräften gelandet. Das teilte die Bundeswehr am frühen Mittwochmorgen via Twitter mit. « Von dort aus wird die Weiterreise der über 135 evakuierten Personen vorbereitet », hieß es weiter. An diesem Mittwoch seien vier weitere Flüge nach Kabul vorgesehen, um einen am Vortag nicht durchgeführten Flug zu kompensieren. Momentan sei die Flughafenfeuerwehr in Kabul nicht verfügbar. Laut Auswärtigem Amt werden die Menschen von Taschkent am Mittwoch mit der Lufthansa weiter nach Deutschland gebracht. Das Verteidigungsministerium teilte auf Twitter mit, nunmehr seien mehr als 260 Personen aus Afghanistan ausgeflogen worden. « Und wir evakuieren solange es geht weiter », betonte das Ministerium. Das Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) will trotz der dramatischen Sicherheitslage und der Evakuierung zahlreicher westlicher Botschaften in Afghanistan weiterarbeiten. « Wir wollen im Land bleiben, weil die Menschen dort jetzt mehr denn je Hilfe brauchen. Mit anderen humanitären Organisationen zusammen wollen wir, im Einklang mit humanitären Grundsätzen der Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, in Afghanistan bleiben und humanitäre Hilfe leisten », sagt die UNHCR-Deutschlandchefin, Katharina Lumpp, der Zeitung « Welt ». Man konzentriere sich dabei auf « die Unterstützung von Vertriebenen und anderen Menschen in Not in Afghanistan, solange wir Zugang zu ihnen haben und so gut wir das in dieser schwierigen Situation, die sich noch dazu ständig verändert, können ». Nach Angaben des UNHCR arbeiten derzeit rund 200 Mitarbeiter in Afghanistan. Großbritannien will zunächst bis zu 5.000 Afghanen aufnehmen, die vor den Taliban fliehen. Im Rahmen dieses Programms sollen vor allem Frauen, Mädchen und Mitglieder von religiösen Minderheiten nach Großbritannien einreisen dürfen, sagt Innenministerin Priti Patel. Langfristig könne das Programm auf bis zu 20.000 Personen ausgeweitet werden. Wegen der aktuellen Lage in Afghanistan wollen die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten nach Angaben von US-Präsident Joe Biden in einer Videokonferenz beraten. Die Schalte in der kommenden Woche hätten Biden und Großbritanniens Premier Boris Johnson in einem Telefonat vereinbart, teilte das Weiße Haus am Dienstag mit. Die erste Lufthansa-Maschine mit Evakuierten aus Afghanistan an Bord ist am Dienstagabend vom Bundeswehr-Drehkreuz im usbekischen Taschkent Richtung Frankfurt am Main gestartet. Nach dpa-Informationen sind rund 130 Menschen an Bord. Die Europäische Union wird nach den Worten des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell mit den radikalislamischen Taliban in Afghanistan Gespräche führen müssen. « Die Taliban haben den Krieg gewonnen, also werden wir mit ihnen sprechen müssen », sagte Borrell am Dienstag nach einem Dringlichkeitstreffen der EU-Außenminister. Dies bedeute nicht, dass ihre Herrschaft schnell offiziell anerkannt werden müsse. Die EU werde « so schnell wie nötig in einen Dialog treten, um ein humanitäres und potenzielles Flüchtlings-Desaster » zu verhindern. Dabei werde es auch um die Mittel gehen, um eine Rückkehr ausländischer Terroristen nach Afghanistan zu vermeiden, fügte Borrell hinzu. « Das ist keine Frage offizieller Anerkennung, es ist eine Frage des Umgangs mit ihnen. » Die EU müsse außerdem mit den Taliban sprechen, um zu erreichen, dass afghanische Ortskräfte der EU und ihre Familien den Flughafen von Kabul erreichen könnten. Zur Sicherstellung der Ausreise von Zivilisten aus Afghanistan verhandeln auch die Regierungen Deutschlands und der USA direkt mit den radikalislamischen Taliban. Einer Reuters/Ipsos-Umfrage vom Montag zufolge befürworten noch 46 Prozent der US-Bürger die Politik von Präsident Joe Biden. Das ist ein Rückgang von sieben Prozentpunkten und der tiefste Stand seit der Amtsübernahme im Januar. Für eine Fortsetzung des Militäreinsatzes in Afghanistan sind demnach 34 Prozent der Befragten. Doppelt so viele – 68 Prozent – sind der Meinung, dass der Krieg so oder so ein schlechtes Ende genommen hätte. In der afghanischen Hauptstadt Kabul ist am Dienstagabend eine dritte Maschine zur Evakuierung von Deutschen und Ortskräften gestartet. An Bord seien 139 Menschen, teilte Außenminister Heiko Maas (SPD) im « heute journal » des ZDF mit. Eine weitere Maschine stehe bereit. « Im Moment sind die Tore am Flughafen geschlossen, sobald die wieder geöffnet sind, werden wir diesen Betrieb fortsetzen », so Maas. Mit Schüssen, Peitschen und Stockhieben sollen Taliban-Kämpfer gegen Afghanen vorgehen, die versuchen, zum Flughafen zu gelangen. Das berichtet ein Journalist der « Los Angeles Times » auf Twitter, der nach eigenen Angaben selbst Augenzeuge war. Bilder des Vorfalls zeigen mehrere schwer verwundete Menschen, auch eine Frau und ein Kind. Inzwischen soll der Zugang zum Flughafen komplett abgesperrt sein, das berichtet die « Bild ». Waffen und andere Ausrüstung der afghanischen Sicherheitskräfte sind nach US-Angaben nun zum Teil in den Händen der Taliban. Es gebe zwar keine genaue Liste dazu, wo sich nun alle militärischen Gegenstände befänden, aber ein « ordentlicher Anteil » davon sei an die Taliban gefallen, sagte US-Präsident Joe Bidens nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan. « Und wir haben natürlich nicht den Eindruck, dass sie diese bereitwillig am Flughafen an uns übergeben werden », sagte Sullivan am Dienstag. Die US-Regierung hat während ihres Einsatzes in Afghanistan einem Bericht zufolge wenig Kenntnis über das Land gehabt und demzufolge zahlreiche Fehlentscheidungen getroffen. « Die Unkenntnis der vorherrschenden sozialen, kulturellen und politischen Gegebenheiten in Afghanistan hat erheblich zu den Fehlern auf strategischer, operativer und taktischer Ebene beigetragen », hieß es in einem Dienstag veröffentlichtem Bericht des US-Generalinspekteurs für den Wiederaufbau in Afghanistan (Sigar). Die US-Regierung sei zum Beispiel fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Herausforderungen mit Blick auf Staatsführung im Irak und Afghanistan ähnlich seien. « Tatsächlich waren sie es nicht », heißt es in dem Bericht. Die Autorinnen und Autoren nennen auch ein Beispiel für verfehlte Planung: Die Konstruktion einiger von den USA finanzierter Schulen habe für die Installation des Daches einen Kran vorgesehen. « Aber Kräne konnten in dem bergigen Gelände, das für viele Teile des Landes charakteristisch ist, nicht eingesetzt werden », heißt es. Dem Nationalen Sicherheitsberater der USA zufolge könnten die Evakuierungen aus Kabul bis zum 31. August weitergehen. Man führe Gespräche mit den Taliban über einen Zeitplan, sagt Jake Sullivan. Diese hätten für Zivilisten freien Zugang zum Flughafen zugesichert. Mit Deutschland verbundene Archäologen in Afghanistan sind nach Einschätzung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und zahlreicher Archäologie-Verbände « in äußerster Gefahr ». In einem gemeinsamen Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) setzen sich die sieben Kultur-Organisationen ein für « unsere Kollegen in Afghanistan, die sich jahrelang mit Ihrer Unterstützung um den Erhalt des Kulturerbes Afghanistans bemüht haben ». Die Bundesregierung will sich in Gesprächen mit Taliban-Vertretern um Ausreisemöglichkeiten für einheimische Ortskräfte in Afghanistan bemühen. Der deutsche Botschafter in Kabul, Markus Potzel, sei in die katarische Hauptstadt Doha gereist, wo US-Vertreter mit Taliban-Repräsentanten im Gespräch sind, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Dienstagabend in Berlin. Der Diplomat wolle in seinen Gesprächen in Doha darauf hinwirken, « dass auch Ortskräfte sich an den Flughafen begeben können und auch ausgeflogen werden können », sagte Maas. Bislang können nach seinen Angaben nur ausländische Staatsbürger die Taliban-Kontrollposten auf dem Weg zum Flughafen der Hauptstadt Kabul passieren, afghanische Bürger würden zurückgewiesen. Deutschland kann nach Angaben von Außenminister Heiko Maas am Dienstag noch 180 Menschen aus Kabul ausfliegen. Diese Personen befänden sich bereits am Flughafen, sagt Maas in Berlin. « Im Moment hat sich vor den Toren des Flughafens die Situation noch einmal etwas verändert. Es gibt wohl durchaus auch Gefahrensituationen. » Deshalb sei der Zugang zu dem Tor erschwert. Die Taliban ließen nur ausländische Staatsbürger zum Flughafen vor, Ortskräfte und andere Afghanen könnten nicht zum Flughafen gelangen. « Wir werden aber diese 180 Personen, die im Flughafen sind, mit den Maschinen, die zur Verfügung stehen, auf jeden Fall heute noch ausfliegen können. » Tschechiens Präsident Milos Zeman spricht von einem Versagen der Nato in Afghanistan, das die Legitimität der Allianz infrage stelle. Das Misstrauen einer Reihe von Mitgliedsstaaten werde wachsen, erklärt er in einem im Internet veröffentlichten Interview. « Sie werden sagen: Wenn ihr in Afghanistan versagt habt, wie könnt ihr garantieren, dass ihr nicht in einer anderen kritischen Situation versagen werdet? » heißt es weiter. « Da Investitionen in die Nato irgendwie Geldverschwendung sind, sollten sich unsere Militärausgaben auf die nationalen Verteidigung konzentrieren. » Zema ist für eine pro-russische und pro-chinesische Haltung bekannt. Als Lehre aus der Afghanistan-Entwicklung muss nach Ansicht von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet die Koordinierung der Außen- und Sicherheitspolitik im Kanzleramt konzentriert werden. « Trotz Widerspruch der SPD bleibe ich dabei: Deutschland braucht einen Nationalen Sicherheitsrat », twittert der CDU-Chef. Man müsse stärker vorausschauend Politik betreiben, wozu ein besseres Lagebild aus allen verfügbaren Bereichen gehöre. Zudem müssten alle Akteure an einem Tisch sitzen, damit es keinen Streit über Zuständigkeiten gebe. « Die Bedrohungen, mit denen wir es zu tun haben, sind nicht nur militärisch, sondern betreffen etwa auch die Themen Klima, Handel, Gesundheit und Entwicklung », schreibt Laschet. Nötig sei eine nationale Sicherheitsstrategie, auf die sich die gesamte Bundesregierung einigen müsse. Die SPD hatte den von der Union vorgeschlagenen Nationalen Sicherheitsrat abgelehnt. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) lehnt einen Rücktritt angesichts der Ereignisse in Afghanistan ab. « Ich scheue mich vor keiner politischen Diskussion, schon gar nicht im Wahljahr. In diesem Moment steht aber die Rettung der Menschen im Vordergrund », sagte sie der « Rheinischen Post » laut Vorabbericht vom Dienstag. Sie konzentriere sich mit den Männern und Frauen der Bundeswehr jetzt darauf, durch die Evakuierungs- und Rettungsaktion so lange wie möglich so viele Menschen wie möglich aus Afghanistan herauszubekommen. Die Bundesregierung strebt ein Mandat für einen befristeten Afghanistan-Einsatz zur Evakuierung an, das die Entsendung von bis zu 600 Soldaten erlaubt. Das geht aus einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Entwurf für das Bundeskabinett am Mittwoch hervor. « Zur Durchführung von konkreten Operationen kann, zum Zweck der Verlegung von Personal in unterstützender Funktion in angrenzende Räumen, die Personalobergrenze zeitlich befristet überschritten werden. Gleiches gilt in Notsituationen », heißt es. Das Mandat soll bis zum 30. September befristet werden. Die Kosten würden « voraussichtlich insgesamt rund 40 Millionen Euro betragen ». In der US-Bevölkerung ist die Unterstützung für den Truppenabzug aus Afghanistan angesichts der Machtübernahme der Taliban und der chaotischen Lage drastisch zurückgegangen.