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Bundeswehrverband: Viele Veteranen verbittert über Entwicklung in Afghanistan

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Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes hat angesichts der Machtübernahme der Taliban in Kabul auf die bittere Reaktion vieler Afghanistan-Veteranen hingewiesen. Alle Nachrichten aus Afghanistan im Ticker.
Afghanistan-Live-Ticker hier aktualisieren Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, André Wüstner, hat angesichts der Machtübernahme der Taliban in Kabul auf die bittere Reaktion vieler Afghanistan-Veteranen hingewiesen. « Das ist etwas, das treibt die um, dieses ‘Wofür?’, dieses ‘War es umsonst?’, sagte Wüstner am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin. Viele Soldaten seien bei dem Einsatz in Afghanistan verletzt worden oder hätten Kameraden sterben sehen. Den Veteranen und ihren Angehörigen sei nur schwer zu vermitteln, dass der Einsatz nach rund 20 Jahren nun faktisch gescheitert ist. « Es geht ja auch darum, dass unwahrscheinlich viele Ehen kaputt gingen über all die Zeit der Belastungen », sagte Wüstner. Er warnte vor einem Vertrauensverlust in die Politik, insbesondere in Hinblick auf weitere deutsche Soldaten in gefährlichen Auslandseinsätzen. « Wir haben auch Zuschriften aus Mali oder aus anderen Regionen, die natürlich jetzt Fragen stellen zum Thema Fehleinschätzung », sagte Wüstner. Er hoffe, dass das Verteidigungsministerium eine Antwort auf die Sorgen und Fragen dieser Soldaten finde. 12:55 Uhr: Der Sohn einer Symbolfigur des afghanischen Kampfes gegen die Taliban hat die USA um Unterstützung für seine Widerstandsgruppe im Kampf gegen die Islamisten gebeten. Ahmed Massud, Sohn des früheren Kriegsherrn Ahmed Schah Massud, schrieb in einem am Donnerstag veröffentlichten Gastbeitrag in der « Washington Post », er sei bereit, « in die Fußstapfen meines Vaters zu treten ». Er verfüge über die nötigen Kräfte für einen wirksamen Widerstand, brauche aber « mehr Waffen, mehr Munition und mehr Nachschub ». Er befinde sich im Pandschirtal nordöstlich von Kabul, das in den 90er-Jahren als Hochburg des Widerstandes gegen die Taliban galt und nie unter die Kontrolle der Islamisten fiel. Seine « Mudschahedin-Kämpfer » seien « bereit, es erneut mit den Taliban aufzunehmen », erklärte Massud. Zu ihnen seien ehemalige Angehörige der afghanischen Streitkräfte gestoßen, die « von der Kapitulation ihrer Kommandeure angewidert » seien. In Onlinenetzwerken waren Bilder von Massud mit dem ehemaligen Vizepräsidenten des Landes, Amrullah Saleh zu sehen, die offenbar eine Guerilla-Bewegung gegen die Taliban planen. Ahmed Massuds Vater hatte in den 1980er Jahren gegen die sowjetische Besatzung Afghanistans gekämpft, von 1996 bis 2001 bekämpfte er dann die Taliban. Am 9. September 2001 wurde er von zwei Selbstmordattentätern des Terrornetzwerks Al-Kaida getötet – zwei Tage vor den Anschlägen in den USA, die zu dem internationalen Militäreinsatz in Afghanistan führten. Die Taliban stellen laut Massud eine Bedrohung über die Grenzen des Landes hinaus dar. Unter deren Kontrolle werde « Afghanistan zweifellos zu einem Zentrum des radikalislamischen Terrorismus ». Seine Kämpfer seien auf den kommenden Konflikt vorbereitet, bräuchten aber US-Unterstützung. Bei ihrer rasanten Eroberung des Landes haben die Taliban einen riesigen Vorrat an Kriegsgerät von der afghanischen Armee erbeutet, größtenteils von den USA bereitgestellt. In Onlinemedien zeigen die Islamisten Sturm- und Scharfschützengewehre sowie gepanzerte Humvee-Fahrzeuge. Massud bat die USA in seinem Beitrag, weiterhin die « Sache der Freiheit » zu unterstützen und die Afghanen nicht den Taliban zu überlassen. « Ihr seid unsere letzte Hoffnung », schrieb er. 12:38 Uhr: In Afghanistan sind immer mehr Menschen auf internationale Unterstützung angewiesen. Den Vereinten Nationen fehlt es aber an Spendengeldern, wie das UN-Nothilfebüro (OCHA) am Donnerstag in Genf berichtete. Benötigt würden für dieses Jahr mindestens weitere 700 Millionen Euro. Die Vereinten Nationen hatten den Spendenbedarf schon vor dem Siegeszug der militant-islamistischen Taliban auf knapp 1,3 Milliarden Dollar (gut 1,1 Mrd Euro) beziffert. Bis Donnerstag kam etwas mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Summe zusammen. Im zweiten Halbjahr werde der Bedarf wegen einer anhaltenden Dürre mit einer schwachen Weizenernte weiter steigen, warnte das Nothilfebüro. Nach Schätzungen wurden in Afghanistan etwa 3,5 Millionen Menschen vertrieben, davon 550.000 seit Beginn dieses Jahres. Neben den Konflikten zwischen Aufständischen und Regierungstruppen trage auch die Dürre mit schlechten Ernten und wenig Futter für Tiere zu der prekären Lage bei, berichtete OCHA. Die Landwirtschaft dürfte deshalb um 28 Prozent zurückgegangen sein. Die humanitären Organisationen gehen davon aus, dass in Afghanistan mehr als zwölf Millionen Menschen Probleme haben, ausreichend Lebensmittel zu beschaffen – fast ein Drittel der Bevölkerung. Weizen, Reis, Zucker und Öl zum Kochen sind nach deren Angaben heute mehr als 50 Prozent teurer als vor Beginn der Corona-Pandemie. 12:11 Uhr: Aus der Union kommen weiter Warnungen vor der Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen in Deutschland. Es könne « keine generelle Zusage für die Aufnahme von Flüchtlingskontingenten in Deutschland geben », sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der « Neuen Osnabrücker Zeitung » vom Donnerstag. « Wir dürfen jetzt nicht den Eindruck erwecken, dass wir die Probleme in Afghanistan in Deutschland lösen könnten. Das würde das Risiko einer Fluchtbewegung nach Europa massiv erhöhen. » Die Bundesregierung solle stattdessen der UN-Flüchtlingshilfe finanzielle Unterstützung in Milliardenhöhe zuzusagen, um Flüchtlinge aus Afghanistan in Camps in den Nachbarländern unterzubringen und zu versorgen, regte Dobrindt an. « Die Fehler von 2015 nicht zu wiederholen bedeutet auch, dass wir die UN-Flüchtlingshilfe stärker dabei unterstützen, die Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen », sagte er mit Blick auf den Zuzug zahlreicher Flüchtlinge nach Deutschland und Europa im Jahr 2015. Die Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), wandte sich insbesondere gegen ein deutsches Vorpreschen bei der Flüchtlingsaufnahme. « Wichtig ist, dass wir jetzt nicht alleine vorneweg marschieren », sagte sie im Radiosender Bayern 2. Niemand wolle, « dass wir quasi unkontrollierte Zuwanderung ermöglichen », sagte Lindholz. « Es muss geordnet, gesteuert und gemeinsam sein. » 11:04 Uhr: Wegen der Entwicklung in Afghanistan will Italien nach einem Zeitungsbericht einen Sondergipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) einberufen. Nach Informationen der Tageszeitung « La Repubblica » (Donnerstag) wird dies mit der Verschlechterung der Lage in Afghanistan nach dem Erfolg der militant-islamistischen Taliban begründet. Von der Regierung gab es auf Nachfrage dazu keinen Kommentar. Italien hat derzeit den Vorsitz der G20 inne. Italiens Ministerpräsident Mario Draghi hatte am Mittwoch mit dem britischen Premierminister Boris Johnson telefoniert. In dem Gespräch unterhielten sich die beiden nach Regierungsangaben über mögliche Initiativen innerhalb der G7- oder G20-Präsidentschaften zur Stabilität Afghanistans. Großbritannien führt derzeit den Vorsitz von sieben führenden Industrienationen (G7). Der reguläre G20-Gipfel soll im Oktober in Rom stattfinden. Für nächste Woche ist eine Videokonferenz der G7-Staats- und Regierungschefs im Gespräch.

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