In Glasgow treffen sich Vertreter aus der ganzen Welt zur Uno-Klimakonferenz. Zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gibt es noch viel zu tun. Ein Überblick über die neusten Vereinbarungen und Massnahmen.
In Glasgow treffen sich Vertreter aus der ganzen Welt zur Uno-Klimakonferenz. Zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gibt es noch viel zu tun. Ein Überblick über die neusten Vereinbarungen und Massnahmen. Ohne einschneidende Massnahmen steuert die Erde auf eine Erwärmung von 2,5 oder gar 3 Grad zum Ende des Jahrhunderts zu. Die neusten Entwicklungen: So trifft uns der Klimawandel – die wichtigsten naturwissenschaftlichen Fakten zum weltweiten Klimawandel finden Sie hier.1. Wie lauten die Klimaziele? Der Temperaturanstieg auf der Erde soll bis zum Ende des Jahrhunderts auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden. Idealerweise soll versucht werden, den Anstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Darauf hat sich die internationale Gemeinschaft im Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 geeinigt. Um das zu erreichen, sollen die jährlichen weltweiten Emissionen von Treibhausgasen, die für den Grossteil des menschengemachten Klimawandels verantwortlich sind, drastisch reduziert werden. Das Ziel lautet: Klimaneutralität in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts. Das bedeutet, nur so viele Treibhausgase auszustossen, wie sie Wälder, Moore oder andere CO 2 -Speicher wieder binden können. Deswegen wird auch oft davon gesprochen, die Emissionen auf «netto null» zu drücken. In ihren national festgelegten Beiträgen und langfristigen Klimastrategien (NDC) sind die Regierungen aufgefordert, ihre Verpflichtungen zur Erreichung dieses globalen Ziels darzulegen. Laut Wissenschaftern braucht es dafür einen raschen Umbau weg von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren und klimafreundlichen Alternativen. Denn die Menschheit hat in der Vergangenheit bereits so viele Treibhausgase in die Atmosphäre geleitet, dass sie nicht mehr viel Spielraum hat, um die Klimaziele einzuhalten. 2. Wo stehen wir bei den Klimazielen des Pariser Abkommens? Die weltweiten Anstrengungen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad oder 2 Grad bis Ende des Jahrhunderts zu begrenzen, werden immer grösser. Jedoch reichen sie bei weitem nicht aus, einen radikalen Klimawandel abzuwenden, so die Klimarahmenkonvention der Uno (UNFCCC) im September. Eine Zusammenfassung der jüngsten nationalen Klimapläne (NDC), die wenige Wochen vor der Weltklimakonferenz in Glasgow veröffentlicht wurde, zeigte einen weiteren Anstieg der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 2010 um 16 Prozent. Das würde gemäss dem Bericht zu einer Erderwärmung von etwa 2,7 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts führen. Nur wenige Länder sind auf Kurs, das 2-Grad-Ziel oder gar das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Das stellt ein Konsortium von Organisationen fest, das mittels des sogenannten Climate Action Tracker die Klimaschutzmassnahmen der Regierungen beurteilt. Nationale Massnahmen und Vorhaben zum Klimaschutz werden verglichen. Länder werden aber auch auf Basis ihrer historischen Verantwortung und ihrer finanziellen Möglichkeiten, einen fairen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel zu leisten, bewertet. Ganz Europa, die USA und Japan beispielsweise werden zurzeit als ungenügend eingestuft, die Anstrengungen Chinas, Indiens, Mexikos und Brasiliens sind gar stark ungenügend. Viele Regierungen versprechen zwar, ihre Emissionen stark zu reduzieren – die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus. Zwar hat sich politisch das Ziel der Klimaneutralität durchgesetzt, und die grossen Treibhausgasemittenten der Welt, wie etwa die EU, Kanada und die USA, haben sich bis zum Jahr 2050 dazu verpflichtet; China bis 2060. Aber dieses Jahr werden die Emissionen laut der Internationalen Energiebehörde (IEA) dennoch steigen. Wie die Länder bei ihren Klimazielen bewertet werden Climate Action Tracker (CAT): Der CAT ist ein Konsortium von Organisationen, das die Klimaschutzmassnahmen von 39 Ländern und der EU an dem weltweit vereinbarten Ziel des Pariser Abkommens misst. Gesamthaft werden mit den beurteilten Ländern über 80 Prozent aller weltweiten Emissionen abgedeckt. In die Beurteilung der Länder fliessen mehrere Beobachtungen ein. Zum einen werden die von einer Regierung umgesetzten oder erlassenen politischen Massnahmen und deren voraussichtliche Auswirkungen auf die nationalen Emissionen bis 2030 und darüber hinaus begutachtet. Zum anderen werden die Auswirkungen der nationalen Zusagen und Ziele auf die nationalen Emissionen angeschaut sowie auch der historische Beitrag des Landes zum Klimawandel. Es wird beurteilt, ob ein Land, gemessen an seiner historischen Verantwortung, einen fairen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel leistet. 3. Was sind die wichtigsten Emissionsquellen? Ob wir nun unser Handy aufladen oder mit dem Flugzeug in die Ferien fliegen – derzeit nutzt die Menschheit grossteils Erdöl, Kohle und Erdgas, um nutzbare Energie zu erzeugen. Die Nutzung dieser fossilen Energieträger setzt grosse Mengen von Treibhausgas frei und ist hauptverantwortlich für die Erderwärmung. Zu den freigesetzten Treibhausgasen gehören neben Kohlenstoffdioxid (CO 2) etwa auch Methan und Distickstoffoxid (N 2 O), auch Lachgas genannt. Lachgas wird vor allem bei der Düngung in der Landwirtschaft in immer grösseren Mengen freigesetzt. Treibhausgase entstehen bei allen möglichen menschlichen Aktivitäten: wenn wir unsere Gebäude heizen, uns fortbewegen, Strom produzieren, Materialien und Produkte herstellen, Nahrungsmittel anbauen, Wälder abholzen und Nutztiere halten. Jedes Jahr werden weltweit etwa 50 Milliarden Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Bei der Erzeugung von Strom entstehen die meisten Treibhausgase. Es folgen die Bereiche Bauwesen und Industrieprozesse (vor allem Zement und ähnliche Materialien) und die Landwirtschaft. Strom (32 Prozent aller Treibhausgase) Dass wir jederzeit das Licht anknipsen und unser Mobiltelefon aufladen können, halten wir für selbstverständlich. Die Stromversorgung in reichen Ländern ist verlässlich und billig. Das ist sie aber nur, weil der Grossteil des weltweiten Stroms mit fossiler Energie aus Kohle oder Erdgas hergestellt wird – zuverlässige und günstige Energieträger, deren Nutzung grosse Mengen von Treibhausgas freisetzt. Sollen die Emissionen drastisch sinken, muss Strom aus erneuerbaren Energiequellen oder aus Kernenergie gewonnen werden und wird zunächst teurer werden. Produktion, Bauwesen und Industrieprozesse (19 Prozent) Nach dem Stromsektor sind Produktion, Bauwesen und Industrieprozesse der zweitgrösste Sektor. Dazu gehören etwa die Eisen-, Stahl-, Papierindustrie oder die Zementherstellung. Die Menge an Treibhausgasen, die hier ausgestossen wird, macht etwa 19 Prozent aus und war seit einigen Jahren relativ konstant, jüngst ist sie sogar leicht gesunken. Trotzdem sagt die Internationale Energieagentur (IEA) wegen des Wirtschaftswachstums ohne weitreichende Massnahmen einen Anstieg in den nächsten Jahrzehnten voraus. Technologien müssen energieeffizienter werden, es müssen erneuerbare Brennstoffe eingesetzt werden sowie kohlenstoffarme Verfahren einschliesslich CO 2 -Abscheidungs- und -Einlagerungs-Technologien (CCS). Transport (17 Prozent) Damit Autos, Busse, Flugzeuge, Schiffe und Lastwagen Menschen und Waren um die Welt transportieren können, brauchen sie Benzin oder Diesel. Während in der Schweiz und anderen Industrieländern der Transport die grösste Emissionsquelle ist, sind es weltweit «nur» 17 Prozent. Allerdings müssen zum Erreichen von Klimaneutralität im Verkehr nicht nur die derzeit acht Milliarden Tonnen Treibhausgase pro Jahr eliminiert werden, sondern bald mehr. Denn vor allem in den Schwellenländern steigt der Bedarf nach Transport. Die OECD sagt voraus, das gesamte Verkehrsvolumen werde sich bis 2050 im Vergleich zu 2015 mehr als verdoppeln. Die Lösung liegt in der Elektrifizierung der meisten Fahrzeuge – sofern der Strom für die Fahrzeuge aus erneuerbaren Energien kommt. Weltweit steigt der Bestand der Elektroautos zwar, gesamthaft machen sie aber noch immer einen kleinen Teil aller Fahrzeuge aus. Landwirtschaft (12 Prozent) Die Treibhausgase, die in der Landwirtschaft entstehen, machen etwa 12 Prozent aus. Zum einen produzieren Nutztiere (vor allem Wiederkäuer wie Rinder und Schafe) bei der Verdauung als Nebenprodukt Methan. Zum anderen entsteht bei der Düngung von Böden mit synthetischem Dünger Distickstoffoxid (Lachgas), ein 300-mal stärkeres Treibhausgas als CO 2. Auch durch Dünger tierischer Herkunft entstehen Methan und Lachgas. Gebäude (6 Prozent) In gewerblichen Gebäuden und Wohngebäuden werden etwa 6 Prozent aller Treibhausgase freigesetzt. Die Emissionen entstehen vor allem bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe zum Heizen, Kochen, bei der Abfallverwertung und beim Abwasser. Dazu kommen indirekte Emissionen, die andernorts entstehen, aber mit dem Stromverbrauch von Haushalten und Unternehmen zusammenhängen, sowie fluorierte Treibhausgase, die entstehen, wenn Gebäude gekühlt werden. Um Emissionen zu reduzieren, müssen unter anderem neue Wege zur Wärme- und Energieerzeugung gefunden werden, wie beispielsweise elektrische Wärmepumpen.4. Was sind die wichtigsten Instrumente zur Verminderung der Emissionen? Der Ausstoss von Treibhausgasen muss innerhalb der nächsten Jahrzehnte drastisch reduziert werden. Der Umbau zu einer klimaneutralen Volkswirtschaft, also ohne die Nutzung fossiler Brennstoffe, ist nötig, damit die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden können. Dafür müssen Regierungen die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen setzen. Es geht vor allem um: Emissionspreise Ökonomen sind sich einig, dass Emissionspreise der Königsweg in der Klimapolitik sind. Die Grundidee ist einfach: Der Preis soll die «wahren» Kosten der Nutzung von fossilen Brenn- und Treibstoffen abbilden. Dadurch geht die Nachfrage nach diesen zurück, alternative Energieformen werden relativ günstiger, Innovationen werden angeregt. Die Einführung und Erhöhung von CO 2 -Preisen hat international an Fahrt aufgenommen.