Mehrere Explosionen haben Sonntag früh die ukrainische Hauptstadt Kiew erschüttert. Sie hätten sich in den Stadtteilen Darnyzkji und Dniprowskji ereignet, schrieb Bürgermeister Vitali Klitschko auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Es gebe nach bisherigem Stand einen Verletzten, der im Krankenhaus behandelt werde, aber keine Toten. Einsatzkräfte waren demnach an Ort und Stelle. Unterdessen berichteten britische Quellen von einem ukrainischen Gegenangriff in Sjewjerodonezk.
Auch der bereits mehrfach beschossene Vorort Browary wurde Behörden zufolge von Raketen getroffen. Das genaue Ausmaß der Schäden war zunächst unklar. In sozialen Netzwerken veröffentlichten Menschen Bilder und Videos von Bränden und Rauchwolken. Auch Geräusche von Einschlägen waren zu hören. In der Früh hatte es langen Luftalarm gegeben. Die Bewohner werden immer wieder aufgefordert, sich für diesen Fall in Schutzbunker zu geben. Fliegeralarm ist immer wieder in der Hauptstadt, größere Angriffe gab es aber seit Wochen nicht mehr, weil die russische Armee sich auf den Süden und Osten konzentriert hat. Der ukrainische Atomenergiekonzern Energoatom teilte Sonntag früh mit, dass eine russische Rakete in einer « kritisch niedrigen Höhe » über das Atomkraftwerk Piwdennoukrainska (AKW Süd-Ukraine) geflogen sei. Vermutlich sei es die Rakete gewesen, die in Richtung Kiew abgefeuert wurde, teilt der staatliche Betreiber auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Russland erzeuge damit weiterhin die Gefahr einer nuklearen Katastrophe. Die russischen Angreifer begriffen « immer noch nicht, dass schon ein kleines Raketenstück, das in einen funktionierenden Energieblock einschlagen kann, zu einer atomaren Katastrophe und Austreten von Strahlung führen kann », teilte die Behörde mit. Sie warf Russland « atomaren Terrorismus » vor. Das AKW Piwdennoukrainska ist das zweitgrößte Atomkraftwerk der Ukraine. Es befindet sich rund 350 Kilometer südlich von Kiew in der Nähe in der Region Mykolaiw. Russland war nach Beginn seiner Invasion am 24. Februar auf Kiew vorgerückt, konnte die Hauptstadt wegen des erbitterten Widerstandes der ukrainischen Einheiten aber nicht einnehmen. In den vergangenen Wochen forcierte die russische Armee ihre Offensive im Donbass im Osten des Landes. In der dortigen Region Luhansk ist vor allem die Industriestadt Sjewjerodonezk hart umkämpft.