Die ukrainischen Truppen scheinen erneut Gebietsgewinne in der Ostukraine zu verzeichnen. Lyman soll fast vollständig eingekesselt sein. Der News-Ticker.
Erstellt: 16.10.2022, 04:56 Uhr
Von: Florian Naumann, Bettina Menzel, Christina Denk, Franziska Schwarz
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Die ukrainischen Truppen scheinen erneut Gebietsgewinne in der Ostukraine zu verzeichnen. Russische Truppen verlassen Lyman. Der News-Ticker.
Update vom 4. Oktober, 11.30 Uhr: Nach Russlands Staatsduma hat nun auch der Föderationsrat Moskaus völkerrechtswidrige Einverleibung der ukrainischen Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson ratifiziert. Das Oberhaus des russischen Parlaments habe am Dienstag in Moskau einstimmig für die Aufnahme der Regionen in die Russische Föderation votiert, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Tass.
Putin muss das Annexionsgesetz nun noch unterschreiben, dann tritt es in Kraft. Darüber hinaus hat die Staatsduma schon verschiedene Gesetze verabschiedet, um die ukrainischen Gebiete zu integrieren. Bis zur vollen Umsetzung dieser Gesetze ist eine Übergangszeit bis 2026 vorgesehen.
Update vom 4. Oktober, 7.21 Uhr: Im Süden der Ukraine setzen die Kiewer Truppen ihren Vormarsch entlang des Flusses Dnipro fort, um auf die Stadt Cherson vorzustoßen. Zudem sollen auch östlich von Lyman Fortschritte erzielt worden sein. Dabei sollen der ukrainischen Armee am 2. und 3. Oktober substanzielle Geländegewinnen gelungen sein. Das berichtet das „Institute for the Study of War“ (ISW).
Der US-Thinktank hebt in seinem täglichen Lagebericht hervor, dass dabei Elitetruppen des Kremls in die Flucht geschlagen wurden. Im Raum Lyman zogen sich Teile der 144. motorisierten Schützendivision zurück. Die 76. Luftlandedivision wiederum soll in der Oblast Cherson zurückgeschlagen worden sein.
Update vom 3. Oktober, 21.42 Uhr: Die ersten im Zuge der Teilmobilmachung in Russland einberufenen Rekruten sind nach offiziellen Angaben in die besetzten ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk verlegt worden. „Mobilisierte Soldaten durchlaufen ihre Kampfausbildung in der Donezker Volksrepublik“, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Montag auf seinem Telegram-Kanal mit. Daneben stellte es ein Video, das Soldaten bei Schießübungen zeigt. Zuvor hatte das russische Militär schon die Ankunft von Reservisten im Gebiet Luhansk vermeldet.
Sowohl in Luhansk als auch im nördlichen Teil des Gebiets Donezk sind die russischen Truppen zuletzt in die Defensive geraten. So mussten sie die strategisch wichtige Stadt Lyman räumen. Ukrainische Verbände zielen jetzt auf die Verbindungsstraßen zwischen den Städten Swatowe, Kreminna und Rubischne, um die dort stationierten russischen Einheiten einzukreisen oder zum Rückzug zu zwingen. Moskauer Militärblogger berichten von Personalmangel auf russischer Seite.
Laut dem russischen Verteidigungsministerium werden die Reservisten allerdings nicht zum Lückenfüllen eingesetzt, sondern sollen nach ihrer Ausbildung im Rückraum der Front die Nachschubwege sichern. Von der russischen Führung hieß es, dass alle Reservisten vor ihrem Einsatz zunächst noch einmal eine Ausbildung durchlaufen sollen, um ihre militärischen Kenntnisse aufzufrischen. Nach Expertenschätzung käme das Gros der Rekruten dann erst in ein bis zwei Monaten zum Einsatz. Allerdings sind bisher schon zahlreiche Unregelmäßigkeiten und Probleme im Zuge der Teilmobilmachung bekannt geworden.
Update vom 3. Oktober, 19.40 Uhr: Bei einem russischen Angriff auf ein Krankenhaus im Gebiet Charkiw starb laut ukrainischen Angaben ein Mensch, eine weitere Person wurde verletzt. Bei dem Todesopfer soll es sich um einen Narkosearzt gehandelt haben. Das Gebäude des Krankenhauses im Bezirk Kupjansk sei durch den Angriff fast vollständig zerstört worden, teilte der Gouverneur der Region Charkiw, Oleh Syniehubov, am Montag mit. Die Informationen ließen sich nicht unabhängig verifizieren.
Update vom 3. Oktober, 18.06 Uhr: Vor dem Hintergrund der Teilmobilmachung in Russland ist es auf einer Militärbasis bei Moskau Medienberichten zufolge zu einer Massenschlägerei zwischen den neu Einberufenen und längerdienenden Zeitsoldaten gekommen. „Die Neuen wurden dort nicht mit Brot und Salz empfangen – sondern im Gegenteil: Die dort dienenden Soldaten forderten von den Neuen deren Kleidung und Mobiltelefone“, berichtete das Internetportal Baza am Montag. Der Konflikt eskalierte in eine Massenschlägerei – bei der die frisch Rekrutierten die Oberhand behielten. Sie sollen ihre Peiniger dermaßen verprügelt haben, dass sich schließlich rund 20 Zeitsoldaten in einem Gebäude einschlossen und die Polizei um Hilfe riefen. Erst nach deren Eintreffen wurde der Konflikt geregelt. Beide Seiten verzichteten auf eine Anzeige.
Der Konflikt fällt in eine ganze Reihe von Spannungen, die die von Kremlchef Wladimir Putin vor knapp zwei Wochen angeordnete Teilmobilmachung hervorgerufen hat. Vielerorts verläuft die Mobilmachung Medienberichten zufolge chaotisch. So werden Männer etwa trotz Vorerkrankungen oder fehlender Qualifikation einberufen oder nach der Einberufung teilweise auf dem freien Feld ohne Ausbilder abgesetzt. Es soll vielerorts an Kleidung, Ausrüstung und Verpflegung fehlen. Nach Angaben des Anwalts Pawel Tschikow sind inzwischen sechs mobilisierte Männer noch während der Ausbildungsphase gestorben – vor dem eigentlich geplanten Einsatz im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Update vom 3. Oktober, 16.55 Uhr: Eigenen Angaben zufolge konnten die ukrainischen Streitkräfte in ihrer Gegenoffensive nicht nur die Stadt Lyman, sondern auch zwei weitere Siedlungen im Norden des Gebiets Cherson zurückerobern. Der ukrainische Präsident Wolodmyr Selenskyj bestätigte die Rückgewinnung der Ortschaften Archanhelske und Myroliubivka am Sonntagabend, wie Kyiv Independent am Montag berichtete. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig verifizieren.
Update vom 3. Oktober, 16.47 Uhr: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich besorgt über wiederholte Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin gezeigt, im Ukraine-Krieg eine Atombombe einzusetzen. „Wir nehmen seine Worte sehr ernst, alles andere wäre fahrlässig“, sagte Baerbock im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. In den nun schon mehr als 220 Kriegstagen habe Putin „immer wieder gezeigt, dass er vor schlimmsten Kriegsverbrechen nicht zurückschreckt“. Er mache vor Krankenhäusern und Kindern nicht halt und sei sogar bereit, sein eigenes Land zu ruinieren.
„Allerdings hat Putin schon zuvor unverantwortliche Drohungen ausgesprochen, und er weiß zugleich, dass kein Land auf der Welt – auch nicht diejenigen, die sich wie China bisher nicht klar positionieren – bei dieser Frage ein Zündeln einfach so akzeptieren würde“, erläuterte Baerbock zur Atombomben-Drohung. „Auf Erpressung dürfen und werden wir uns nicht einlassen, das würde Putin als Einladung zu weiterer Eskalation verstehen.“ Putins Rede am Freitag habe klargemacht, „dass sein imperialer Wahn sich nicht auf die Ukraine beschränkt“, so Baerbock weiter.
Update vom 3. Oktober, 15.35 Uhr: Der Tschetschenenführer Ramsan Kadyrow will drei seiner Söhne an die Front in der Ukraine schicken. Die 14 bis 16 Jahre alten Jugendlichen würden bald an den „schwierigsten Abschnitten an der Kontaktlinie“ eingesetzt werden, schrieb Kadyrow laut der Nachrichtenagentur AFP auf Telegram. Er mache „keine Witze“, sagte Kadyrow, der auch den Spitznamen „Putins Bluthund“ trägt. Seine Söhne seien „seit langer Zeit“ militärisch ausgebildet worden.
Kadyrow teilte auch ein Video, das die Jugendlichen beim Abfeuern von Geschossen in einem Schießstand zeigt. Es sei die Zeit gekommen, sich in einer echten Schlacht zu beweisen. „Ich kann ihre Entschlossenheit nur begrüßen“, schrieb Kadyrow. Er ist laut seiner offiziellen Internetseite Vater von insgesamt 14 Kindern. Russische Medien gehen jedoch davon aus, dass er noch weitere Kinder hat.
Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien und seine Milizen wurden für zahlreiche Übergriffe in Tschetschenien verantwortlich gemacht. Kadyrows Männer wurden auch an der Seite der russischen Armee in der Ukraine eingesetzt.
Update vom 3. Oktober, 14.14 Uhr: Abgeordnete von Russlands Staatsduma haben ein Gesetz zurückgezogen, dass den russischen Rekruten im Ukraine-Krieg 300.000 Rubel (umgerechnet etwa 5400 Euro) sowie weitere Leistungen zugesprochen hätte, berichtet das Institute for the Study of War (ISW). Eine Begründung für diesen Schritt wurde nicht genannt, schreiben die Militärexperten des US-Thinktanks in ihrer Analyse vom 2.
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Deutschland — in German Putins Armee kocht nach Teilmobilmachung: Offenbar Massenschlägerei in russischer Militärbasis