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Dieser ewige Kampf will und will kein Ende nehmen: Kampf für die Gleichberechtigung, gegen die Prostitution und sexuelle Ausbeutung, gegen männliche Macho-Rituale, wenn es sein muss auch gegen Horrorfahrten mit der Deutschen Bahn.
Das ist nur eine kleinere Auswahl der Baustellen von Alice Schwarzer (80), mit denen sie die Gesellschaft in Atem hält. Sie hätte sicher nichts dagegen, wenn man grob verkürzt sagen würde: Sie kämpft gegen die Dummheit, die aus ihrer Sicht meist männlicher Natur ist. Darüber sind etliche Jahre ins Land gezogen, für sie und ihr Publikum: Am 3. Dezember wird Alice Schwarzer 80.
Es gibt in Deutschland nicht viele Menschen, deren 80. Geburtstag den öffentlich-rechtlichen Medien 215 Sendeminuten, sprich: über dreieinhalb Stunden, wert sind.
Alice Schwarzer hat kein politisches Amt, sie ist keine Unterhaltungskünstlerin, auch keine wissenschaftliche Ausnahmeerscheinung. Sie ist Journalistin, nicht mehr, nicht weniger. Und doch hat die ARD am vergangenen Mittwoch ihr Leben und Wirken zunächst im zweiteiligen Spielfilm « Alice » (180 Min.) dargestellt und anschließend in der Doku « Die Streitbare – Wer hat Angst vor Alice Schwarzer? » ausgeleuchtet.
Da zeigt sich mal wieder: Schwarzers Themen haben politische wie moralische Sprengkraft. Und sie kann überaus unterhaltend sein, indem sie der Gesellschaft einen Spiegel vorhält, was mitunter auch eine ätzende Sichtweise freigibt.
Im Spielfilm (wie im wahren Leben) prallt Alice Schwarzer, dargestellt von Nina Gummich (31), immer wieder auf ein Bollwerk von aggressiver männlicher Borniertheit. Die meisten Angriffe zielen unter die Gürtellinie. Alice Schwarzer bei einer Publikumsdiskussion: « Also, Sie sind der Meinung, dass ich keinen abgekriegt habe und man nur mal ordentlich so wieder über mich rüber müsste? » Ein Mann im Publikum: « Ganz genau! »
So geht das seit Jahrzehnten. Wobei ihr Intellekt und ein « dickes Fell », das mit der Zeit sehr widerstandsfähig wurde, solche Attacken saudumm aussehen lassen.
Dabei hat sie richtig üble Sachen erlebt. Nach einem zweijährigen Paris-Aufenthalt und Redaktionsvolontariat bei den « Düsseldorfer Nachrichten » ging die gebürtige Wuppertalerin zunächst zur legendären Satirezeitschrift « Pardon » nach Frankfurt, dann 1970 zurück nach Paris als freie Korrespondentin, u.a. für « Pardon ». Sie schlug dem Blatt ein Porträt über den spanischen Dramatiker Fernando Arrabal vor, den gerade die Welt der internationalen Intellektuellen als neuen Gott des absurden Theaters abfeierte. Die Redaktion schickte den Autor Wilhelm Genazino nach Paris, Alice Schwarzer sollte ihm beim Interview assistieren.
Später erinnerte sich Genazino laut « Deutschlandfunk Kultur »: Arrabal war ein « pornografisches Arschloch, auf Deutsch gesagt … dermaßen von seiner Männlichkeit überzeugt. Und er konnte mit Frauen eigentlich überhaupt nicht … Als die Alice Schwarzer einmal eine riskante Frage stellte, hat der ausgeholt und hat ihr eine gelangt! Ich saß daneben: Ja, gibt’s das? Ist das möglich? »
Schwarzer entgegnete dem durchgeknallten Dramatiker kühl, ob man das professionell zu Ende führen möge.