Wohin marschiert Europa bei der Unterstützung der Ukraine? Und wer gibt die Marschrichtung vor? Die beiden mächtigsten Staatenlenker in der EU sind sich uneins.
Berlin – Eigentlich sollte von dem Treffen europäischer Staats-und Regierungschefs am Montagabend in Paris ein Signal der Einigkeit und unverrückbaren Solidarität mit der Ukraine ausgehen. Was am Ende hängen blieb, sind massive Irritationen. Der Grund: Eine Äußerung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der einen Einsatz westlicher Bodentruppen im Abwehrkampf der Ukraine gegen Russland auf einmal als Option auf den Tisch legte: « In der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden. Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann », sagte er. Es dauerte nicht lange, bis Macron heftigen Widerspruch erntete – vor allem aus Deutschland.
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Frankreich sah sich zuletzt verstärkt dem Vorwurf ausgesetzt, trotz seiner Größe und militärischen Stärke die Ukraine nur vergleichsweise bescheiden zu unterstützen. Bisher lieferte Frankreich weder Panzer noch Kampfjets. Während Deutschland seine in zwei Jahren geleistete oder zugesagte Militärhilfe auf 28 Milliarden Euro beziffert, spricht Macron für sein Land für dieses Jahr nur von drei Milliarden Euro. Wenn der Präsident nun Bodentruppen ins Gespräch bringt, sieht das nach einer Flucht nach vorne aus. Schon dass er das Ukraine-Treffen in Paris ausrichtete, kann so gewertet werden. Ein Präsidentenberater hatte vor der Pariser Hilfskonferenz betont, Macron habe die Führung in dieser Frage inne.
In Deutschland wird das ganz anders gesehen. Scholz hat Anfang des Jahres eine Initiative gestartet, um die europäischen Verbündeten zu mehr Militärhilfe zu bewegen. Hintergrund ist die Blockade weiterer Ukraine-Hilfen im US-Kongress. Die Befürchtung des Kanzlers: Wenn die US-Hilfe wegfällt, könnte der ohnehin schon schleppende Nachschub für die Ukraine mit Waffen und Munition zusammenbrechen. Die USA sind der größte Waffenlieferant der Ukraine, Deutschland die Nummer zwei. Scholz’ Vorstoß zielte auf die anderen großen europäischen Volkswirtschaften – allen voran Frankreich. In Paris kam das nicht gut an.
Aus Scholz’ Sicht würde das eine direkte Beteiligung am Krieg gegen Russland bedeuten. In Paris wird das anders gesehen. Außenminister Stéphane Séjourné sagte am Dienstag in der Nationalversammlung, er denke bei der Entsendung von Soldaten vor allem an Cyberabwehr, die Produktion von Waffen in der Ukraine und die Minenräumung.