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„Der beste Deal“: Kriegsgegner hatten über Ukraine-Frieden verhandelt – bleiben aber unversöhnlich

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Frieden war möglich – im April 2022. Offenbar beweist ein Dokument, dass sich beide Konfliktparteien verständigt hatten. Dann wurde Russland stärker.
Stand: 28.04.2024, 18:56 Uhr
Von: Karsten-Dirk Hinzmann
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Frieden war möglich – im April 2022. Offenbar beweist ein Dokument, dass sich beide Konfliktparteien verständigt hatten. Dann wurde Russland stärker.
Kiew – „Mission Impossible“, behauptet Sabine Fischer; und auch Deutschlands bekanntester Militärhistoriker mochte jüngst zum zweiten Jahrestag des Ukraine-Krieges keinen Silberstreif am Horizont erkennen: „Eine Chance für Frieden sehe ich derzeit nicht“, sagte Sönke Neitzel der Freien Presse und unterstützte die Meinung der Politikwissenschaftlerin der Stiftung Wissenschaft und Politik, die sie schon im Oktober 2022 publiziert hatte. Fischer hatte sich bezogen auf Friedenshandlungen zwischen beiden Konfliktparteien, die seit dem Einmarsch im Februar 2022 auf kleiner Flamme köchelten und im Oktober durch Wolo­dymyr Selenskyj abgebrochen worden waren – die Welt berichtet jetzt über ein 17-seitiges Papier, dass den Ukraine-Krieg vermutlich schon Mitte April 2022 hätte beenden können – einen Vertragsentwurf zwischen beiden Gegnern.
„Friedensverhandlungen hängen stets von der militärischen Situation, also den Macht­verhältnissen zwischen den Kriegsparteien ab“, schreibt Sabine Fischer. Und tatsächlich hatte sich Wladimir Putin mit seinem ungestümen Einmarsch kolossal verkalkuliert – seine Truppen steckten fest, die Ukraine schien die benachbarte Supermacht schnurstracks wieder aus dem Land befördern zu können. Allerdings scheint der wissenschaftliche Konsens zu sein, dass die Ukraine dennoch bereit gewesen war zu „weitreichenden Kompromissen“, wie Fischer schreibt.
Allerdings habe sich das geändert im Zuge des Verlaufs des Konfliktes: Russlands Gräueltaten gegenüber der ukrainischen Zivilbevölkerung sowie die ukrainischen militärischen Achtungserfolge ließen das Vertrauen in Russland sinken sowie das Selbstvertrauen der Ukraine wachsen. Grundsätzlich scheint die Antriebsfeder der Aggression Russlands in dessen Angst vor der Erweiterung der Nato nach Osten zu liegen. Laut den Unterlagen der Welt soll der Artikel 1 des Vertragsentwurfes beinhaltet haben, dass sich die Ukraine zu „permanenter Neutralität“ verpflichtet. Das sollte bedeuten, dauerhaft sowohl auf Besitz oder Stationierung von Atomwaffen zu verzichten, als auch auszuschließen, dass Nato-Truppen in der Ukraine stationiert würden beziehungsweise ihnen militärische Infrastruktur offen stünde, beispielsweise Flugplätze.
Auch gemeinsame Übungen wären danach ausgeschlossen gewesen – den Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union wiederum hätte Russland akzeptiert. Allerdings behauptet die SWP-Wissenschaftlerin Fischer, dass seit der Annexion der Krim zehn Jahre vor dem Einmarsch Russlands ins ukrainische Kernland eine dauerhafte Versöhnung mit Russland in der Ukraine ohnehin als „unrealistisch“ angesehen und statt dessen die politische wie militärische Anbindung an den Westen gesucht wurde.

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