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Wahl in Frankreich: Macrons neue Strategie gegen Le Pen

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Die Parlamentsauflösung sollte nach Macrons Wunsch politische Klärung bringen, aber das Ergebnis fällt nicht so aus wie geplant. Und doch wirkt der Präsident nicht nur äußerlich entspannt.
Nach dem ersten Wahlgang in Frankreich steht fest, dass Präsident Emmanuel Macron künftig ohne eigene parlamentarische Mehrheit im Élysée-Palast residieren wird. Am Montag stritten Macrons Gefolgsleute über die beste Strategie, um eine absolute Mehrheit für den Rassemblement National (RN) in der Nationalversammlung zu verhindern. Am 7. Juli fällt im zweiten Wahlgang die Entscheidung über die künftige Sitzverteilung.
Premierminister Gabriel Attals Tage an der Macht sind gezählt. Der 35 Jahre alte Regierungschef ist nun doch bereit, Kandidaten der linkspopulistischen Linkspartei LFI zu unterstützen, um nicht den Stab an den achtundzwanzigjährigen RN-Vorsitzenden Jordan Bardella übergeben zu müssen. Vor der Wahl hatte er das noch abgelehnt. Am Montagnachmittag wollte er mit der Parteiführung das weitere Vorgehen abstimmen. „Keine einzige Stimme darf an den RN gehen. Die Aufgabe ist klar: eine absolute Mehrheit für den Rassemblement National zu verhindern“, sagte Attal, ein früherer Sozialist.
Die Strategie läuft darauf hinaus, lieber ein Jahr ein blockiertes Parlament zu haben als eine regierungsfähige Mehrheit für den RN. Präsident Macron kann frühestens in einem Jahr die Nationalversammlung wieder auflösen. Seine Amtszeit läuft noch bis Mai 2027. Macron überraschte seine Gefolgsleute, als er sich am Tag der Niederlage lässig schlendernd in dem Seekurort Le Touquet in schwarzer Lederjacke, mit Baseballcap und Sonnenbrille filmen ließ. „Diese Aufnahmen stehen in völligem Gegensatz zu der Katastrophe für seine politische Bewegung“, schrieb die Zeitung „Le Parisien“. Der Präsident bekundete vor Fernsehkameras, seine Entscheidung zur Auflösung der Nationalversammlung sei „wohlüberlegt“ und er „bereut nichts“.
Die Niederlage führt zu Auseinandersetzungen über den künftigen Kurs im Präsidentenlager. Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bezeichnete am Montag die Linkspartei LFI als Gefahr für die Nation: „LFI bedeutet Antisemitismus. LFI bedeutet Gewalt.“ Le Maire will, dass in der Stichwahl nur grüne, sozialistische oder kommunistische Kandidaten gegen den RN unterstützt werden. Die grüne Parteichefin (Nationalsekretärin) Marine Tondelier hielt Le Maire daraufhin unter Tränen vor, „aus der Warte eines Privilegierten“ und „aus Feigheit“ zu handeln. „Der RN kann die absolute Mehrheit erringen, aber nicht LFI“, sagte sie.
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Elabe wollen sich 74 Prozent der Franzosen nicht an die Wahlempfehlungen für den zweiten Wahlgang halten. Das gilt offensichtlich auch für Kandidaten des Präsidentenlagers. In der Sarthe, einer Hochburg des früheren rechtsbürgerlichen Premierministers François Fillon, weigerte sich die Kandidatin der Präsidentenpartei lange, ihre Kandidatur zurückzuziehen, obwohl sie nur die dritte Position erreichte. Das hätte die Chancen Marie-Caroline Le Pens, der älteren Schwester Marine Le Pens, dort erhöht. Am späten Montagnachmittag hat Macrons Kandidatin ihre Kandidatur zurückgezogen, doch Beispiele wie diese häufen sich. An diesem Dienstag um 18 Uhr läuft die Frist ab, um den Rückzug der Kandidaten bekannt zu geben.
Das amtliche Endergebnis des Innenministeriums zeigt die Wählerdynamik zugunsten des RN. Von 4,2 Millionen Stimmen im ersten Wahlgang der Parlamentswahlen im Juni 2022 haben der RN und seine Verbündeten von den Republikanern (LR) das Ergebnis auf 10,6 Millionen Stimmen verbessert. Mehr Stimmen hat Marine Le Pen nur bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2022 errungen: 13,3 Millionen. Von den 76 Kandidaten, die schon im ersten Wahlgang den Einzug in die Nationalversammlung schafften, kommen 39 aus Le Pens Lager. Die dreimalige Präsidentschaftskandidatin feierte den Sieg in ihrer Hochburg in Hénin-Beaumont in Nordfrankreich. Sie erhielt 58 Prozent der Stimmen. Ihre Kandidaten haben sich in 446 von 501 verbleibenden Wahlkreisen für den zweiten Wahlgang qualifiziert.

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