Home Deutschland Deutschland — in German „Peinliche Momentaufnahmen von Menschen im Freudentaumel mit Bananen“

„Peinliche Momentaufnahmen von Menschen im Freudentaumel mit Bananen“

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Zum 35. Mal jährt sich der Tag der Deutschen Einheit. Wie er dies erlebte und die Entwicklungen einschätzt, erzählt der Schauspieler Gunnar Solka.
Stand: 03.10.2025, 11:14 Uhr
Von: Katja Thorwarth
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Zum 35. Mal jährt sich die Wiedervereinigung. Wie er die Maueröffnung erlebte und die Entwicklung bis heute einschätzt, erzählt der Schauspieler Gunnar Solka.
Berlin – Als der deutsche Osten im Oktober 1990 Westdeutschland beitrat, waren die Gefühle der Menschen gemischt. Die einen feierten das Ereignis als Vereinigung dessen, was schon immer zusammengehört. Anderen ging der Zusammenschluss zu schnell, sahen mehr Trennendes denn Gemeinsamkeiten. Der in Ostdeutschland geborene und aufgewachsene Schauspieler Gunnar Solka, bekannt unter anderem aus der „Lindenstraße“ und „Marienhof“, blickt zurück und zieht für fr.de von IPPEN.MEDIA sein persönliches Fazit.
Herr Solka, Sie stammen aus dem ostdeutschen Osterburg. Wie haben Sie die Maueröffnung erlebt?
1989 war ich wegen einer Schornsteinfeger-Ausbildung oft in Eilenburg bei Leipzig und deshalb häufig in der Leipziger Nikolaikirche. Die Staatsführung hatte sich gegen Reformen gesperrt, doch wir wollten Veränderungen. Als die Demonstrationen nach dem 9. Oktober gefahrloser wurden und immer mehr Menschen über Nachbarländer in den Westen gingen, kam die Maueröffnung für mich nicht überraschend. An dem Tag war ich in Osterburg und bin einen Tag später mit Eltern und Bruder zu Verwandten bei Hannover gefahren. Dort hab ich mir vom Begrüßungsgeld eine Truffaut-Biographie gekauft. Den Zugang zu mehr Literatur empfand ich als großen Gewinn.
Sie haben sich kurz nach dem Mauerfall geoutet …
Ich erlebte in Eilenburg, dass der am Mauerfall-Tag gestartete DDR-Film „Coming out“ nicht nur Verständnis brachte, sondern auch Hass auf sichtbare Schwule – wie etwa zeitgleich im Westen der Kuss zwischen Carsten Flöter und Robert Engel in der „Lindenstraße“. Ich hatte bis dahin Freundinnen, und als ich mich outete, wurde ich angefeindet und verließ über Nacht bis zur Prüfung meinen Ausbildungsort. Auch dank der Maueröffnung küsste ich 15 Jahre später erstmals und danach wiederholt Carsten Flöter alias Georg Uecker in eben jener „Lindenstraße“ in meiner Rolle als schwuler Frisör Lotti. Und Georg Uecker war 2016 als Freund Gast auf meiner Hochzeit mit meinem Mann, der wiederum aus dem Westen stammte. Wir sollten auch nicht vergessen, dass der Paragraf 175 in der DDR abgeschafft war, bevor er 1994 auch in den westlichen Bundesländern verschwand.
Die politische Deutsche Einheit folgte bereits knapp ein Jahr später 1990. War das Tempo hier angemessen?
Mir kam sie zu rasant, ich war für eine Übergangszeit. Ich war bei Demonstrationen, in denen es um Umgestaltung ging, um Meinungsfreiheit, Demokratie. Dann kamen diese Rufe nach der D-Mark und dem Wohlstand, den die Allianz für Deutschland versprochen hatte. Das fand ich enttäuschend, diese Realität nach dem Mauerfall, die Abwicklung durch die Treuhand. Nicht zu vergessen die ganzen Abwanderungen in den Westen bis heute.

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