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Schwarze Locken im Wind: Irans Frauen trotzen der Kopftuchpflicht

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Nach den Straßenprotesten im Iran ist Alltag eingekehrt. Die politische Führung zeigt sich wieder selbstbewusst. Doch immer mehr Frauen ignorieren demonstrativ die Kopftuchpflicht.
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Es ist ein milder Frühjahrstag in Teheran, eine leichte Brise weht über den Tschitgar-See im Westen der Hauptstadt. Familien sind eingetroffen, gehen spazieren oder picknicken in der Sonne. Ein paar Jugendliche hocken auf Betonklötzen an einem Skatepark, der Duft von Zuckerwatte liegt in der Luft. Mit einem Bluetooth-Lautsprecher zischt ein Junge auf Inline-Skates durch die Gegend. In der Ferne dröhnt iranische Popmusik. Ein junges Mädchen steht da mit bauchfreiem Oberteil und ohne Kopftuch.
Angst vor Strafen? Die junge Raha zieht eine Augenbraue hoch. « Nach all dem, was wir durchgemacht haben? », fragt die Schülerin. « Heute haben wir mehr Mut. Wenn man auf die Straße geht und demonstriert, warum sollte man sich fürchten? », fragt die 16-Jährige. Ein Freund rollt mit seinen Inline-Skates an, Mehdi, er ist zwei Jahre älter. « Wir haben schon lange keine Lust mehr auf diese Situation. » Niemand höre auf die junge Generation, klagt der Schüler. « Und diejenigen, die lautstark protestiert haben, wurden getötet. »
Die feministischen Kämpfe im Iran sind viel älter als die Islamische Republik selbst. Doch seit der Revolution von 1979 fordern Frauen immer wieder auch die islamischen Gesetze heraus, die sie etwa bei der Erbschaft, dem Sorgerecht oder der Reisefreiheit schlechter stellen als Männer. Dazu kommt die Debatte um die Kleidungsvorschriften. Noch nie war der Widerstand dagegen so stark. Ausgelöst vom Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini, die wegen jener Verstöße vor fast einem halben Jahr festgenommen worden war, entfachten die Proteste einen Aufstand.
An einer anderen Stelle im Park sitzt die Doktorandin Nuschin. Mit ihren 30 Jahren stammt sie aus einer anderen Generation. Die Mehrheit der Demonstrantinnen im Herbst war deutlich jünger.

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