Gut acht Jahre muss es her gewesen sein, etwa zu der Zeit des Rücktritts von Kurt Beck, da wurde Martin Schulz die K-Frage schon einmal gestellt. In einer Unterbezirksvorstandssitzung seiner Heimat-SPD im Aachener Land. Ob er denn einmal Kanzlerkandidat werden wolle, wollten sie wissen. « Ja, das würde ich wollen, vor allem aber Kanzler », habe er damals gesagt, erinnert sich ein Teilnehmer.
Das kann er nun unter Beweis stellen, die Aufholjagd kann beginnen. Bei etwas mehr als 20 Prozent dümpelt die SPD in Wahlumfragen, Schulz hat einen weiten Weg zurückzulegen. Doch mit ihm tritt einer als Spitzenkandidat an , der in der Bundespartei enormen Rückhalt genießt. Und nicht nur da: Als « Mister Europa » war er ein Aushängeschild der Partei, machte Brüssel für viele Bürger wieder lebendiger, nahbarer.
Dass er kein Blatt vor den Mund nimmt, impulsiv und emotional das Weltgeschehen kommentiert, brachte ihm in der Vergangenheit viel Sympathie bei den Wählern ein. Etwa als es um die Rettung Griechenlands in der Finanzkrise ging, um Russlands aggressive Außenpolitik, um die Machenschaften des türkischen Präsidenten Erdogan und um die mangelnde Solidarität Europas in der Flüchtlingskrise. Für diese Haltung in Europa wurde er auch an der Parteibasis gefeiert, war dort bereits in den vergangenen Monaten der deutlich beliebtere Kandidat. Schulz hat viel Rückhalt im Bund, und in NRW, wo seine Heimatstadt Würselen liegt, sowieso.
Doch nun muss er zeigen, dass er sich auch auf Bundespolitik versteht. Es ist ein weiterer Schritt in der Karriere eines Mannes, der schon einen langen Weg gegangen ist. Einen Weg, der nicht immer gerade war.
Das jüngste von fünf Kindern
Der heute 61-Jährige wuchs in Würselen bei Aachen in einer Welt auf, die geprägt ist vom Spießertum der 50er Jahre, vom rheinischen Katholizismus und vom Braunkohletagebau, in dem Schulz in erster Linie Arbeitsplätze sieht – und nicht eine Umweltbelastung.
Als jüngstes von fünf Kindern interessiert er sich vor allem für Fußball. Wie so viele kleine Jungen will er Profifußballer werden. Ein guter Techniker sei er zwar nicht gewesen, « aber vorbildlich im Einsatz », meint Schulfreund Dietmar Schultheis. So ehrgeizig sei Martin gewesen, dass er dafür Fouls in Kauf genommen habe, « aber hinterher tat ihm das immer sehr leid ». Eine Knieverletzung vereitelt die Profikarriere.
In diesem geplatzten Traum sehen seine Berater heute eine wichtige Ursache dafür, dass Schulz in den 70er Jahren viel zu viel Alkohol trank.
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Deutschland — in German SPD-Kanzlerkandidat 2017 Martin Schulz: Wird er Angela Merkel gefährlich?