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Auschwitz, Brüssel und mittendrin ein Schwein

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Ein österreichischer Autor hat den Deutschen Buchpreis gewonnen, noch dazu mit einem EU-Roman! Robert Menasses „Die Hauptstadt“ ist der zweite heimische Sieger-Roman seit Arno Geigers „Es geht uns gut“ vor zwölf Jahren.
Es ist der erste Roman, der ein so sperriges Thema wie die Europäische Union, ja, abschreckender noch, die Europäische Kommission, ins Zentrum stellt – und damit auch noch Erfolge feiert. Robert Menasse hat mit seinem im September erschienenen und von der Kritik freundlich aufgenommenen Buch „Die Hauptstadt“ den Deutschen Buchpreis gewonnen. Das hat die Jury am Montagabend verkündet, wie stets einen Abend vor Eröffnung der Frankfurter Buchmesse. Der 63-jährige Menasse tritt damit in die Fußstapfen des Österreichers Arno Geiger, des ersten Trägers dieses vor zwölf Jahren erstmals vergebenen Preises. Seitdem hatte kein heimischer Autor mehr in Frankfurt gewonnen. Schon die Shortlist ist heuer schmeichelhaft für Österreich ausgefallen – unter den sechs Autoren war auch Franzobel mit seinem historischen Seefahrer- und Schiffbruchsroman „Das Floß der Medusa“.
„Die Hauptstadt“ ist ein aus etlichen, mit feinen Fäden verbundenen Parallelhandlungen gewebter Teppich aus Zeit- und Zeitgeistgeschichte. Unterhaltsam mischen sich darin die Genres wie Krimi, grimmige Tragikomödie und scharfsinniger Thesenroman. Zum kontrastreichen Personal gehören etwa Kommissar Brunfaut, die griechische EU-Kulturbeamtin Fenia Xenopoulou, der in einem Brüsseler Altersheim lebende Auschwitz-Überlebende David de Vriend, der polnische Widerstandskämpfer Matekz Oswiecki oder ein durch Brüssel laufendes Schwein.
Allein der Auftakt ist ein anspielungsreicher und zugleich ins Herz europäischer Identitätsprobleme treffender Jux: Die ehrgeizige Beamtin Xenopoulou will das katastrophale Image der EU-Kommission aufpolieren, indem sie deren 50-jähriges Geburtstagsjubiläum öffentlichkeitswirksam zelebrieren lässt.

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