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Türkei warnt vor "Religionskrieg" und Erdogan attackiert Europa

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Wegen abgesagter Wahlkampfauftritte im Vorfeld des Referendums sind derzeit die Beziehungen zwischen der Türkei und einigen Ländern angespannt. Alle Entwicklungen im News-Blog.
Trotz Protesten aus Europa hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erneut mit einem Nazi-Vergleich nachgelegt. «Das ist der neue Nationalsozialismus», sagte Erdogan am Donnerstag mit Blick auf die Niederlande vor Anhängern im westtürkischen Sakarya. Erdogan wiederholte zudem den Vorwurf der letzten Tage und lastete Den Haag erneut das Srebrenica-Massaker in Bosnien-Herzegowina an.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete seine Vorwürfe am Freitag als «abwegig» rief ihn zur Mäßigung auf. «Ich habe nicht die Absicht, mich an diesem Wettlauf der Provokationen zu beteiligen», sagte sie der «Saarbrücker Zeitung».
Mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wonach Kopftücher am Arbeitsplatz unter bestimmten Umständen verboten werden dürfen, sagte Erdogan: «Meine werten Brüder, sie haben einen Kampf Kreuz gegen Halbmond angefangen. » Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu warnte vor «Religionskriegen» in Europa.
Erdogan bekräftigte, die Niederlande würden für den Eklat um den Wahlkampfauftritt türkischer Minister «bezahlen». An Ministerpräsident Mark Rutte gerichtet sagte er: «Hey Rutte, du magst die Wahl als erste Partei gewonnen haben, aber Du musst wissen, dass du einen Freund wie die Türkei verloren hast. »
Die EU-Kommission hat die Türkei zur Einhaltung des gemeinsamen Flüchtlingsabkommens aufgerufen. «Wir erwarten, dass beide Seiten ihre Verpflichtungen einhalten», sagte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag in Brüssel. Bei dem Vertrag handele es sich um «ein Engagement gegenseitigen Vertrauens, das Resultate zum Ziel hat». Das Abkommen sei im Interesse beider Seiten und auch in dem der syrischen Flüchtlinge.
Damit reagierte die Behörde auf eine Drohung des türkischen Außenministers Mevlut Cavusoglu, das im März 2016 getroffene Abkommen aufzukündigen. «Wir können die Abmachung einseitig beenden», hatte der Minister in einem Fernsehinterview am Mittwoch gesagt. Hintergrund war die diplomatische Eskalation mit Deutschland und den Niederlanden, wo Wahlveranstaltungen türkischer Minister untersagt worden waren.
Das im März 2016 zwischen EU und Türkei vereinbarte Flüchtlingsabkommen sieht vor, dass Ankara alle auf den griechischen Inseln eintreffenden Flüchtlinge zurücknimmt. Für jeden so abgeschobenen Syrer soll die EU einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufnehmen. Außerdem sagte die EU Milliarden-Zahlungen für die Versorgung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu. Ankara wurde auch in Aussicht gestellt, den Türken rascher Visa-Freiheit zu gewähren, doch gibt es in dieser Frage seit Monaten keine Fortschritte. Auch die Beitrittsverhandlungen zur EU sollten beschleunigt werden. Die Beitrittsgespräche dehnte die EU zwar auf zwei neue Bereiche aus. Im Dezember stoppten die EU-Staaten aber wegen des massiven Vorgehens von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegen Regierungsgegner nach dem Putschversuch vom Juli jede weitere Ausweitung.
Die türkische Oppositionspartei HDP hat der Bundesregierung geraten, im Streit um Auftrittsverbote für türkische Politiker «cool» zu bleiben. Der HDP-Abgeordnete Mithat Sancar sagte am Donnerstag in Berlin, Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan suche die Konfrontation mit europäischen Regierungen, damit die sachlichen Argumente gegen das von ihm angestrebte Präsidialsystem in den Hintergrund träten. Dieses Ziel habe er auch schon zum Teil erreicht.
Über den Inhalt des Verfassungsreferendums, das die Türkei «in eine Autokratie verwandeln» würde, werde nicht mehr diskutiert, beklagte Sancar. Stattdessen werde in der Türkei und auch unter den Deutschtürken die Frage diskutiert: «Ist unsere Ehre jetzt verletzt, und wer schützt unsere Ehre? » Viele Menschen glaubten, sie würden dadurch, dass Wahlkampfauftritte türkischer Minister in Europa verhindert wurden, als Türken oder als Muslime «erniedrigt». Da sich Erdogan in der Türkei schon mit Kurden, Laizisten und verschiedenen anderen Gruppen angelegt habe, suche er jetzt für die Mobilisierung der Wähler im Ausland ein neues Feindbild.
Trotz der wiederholten Attacken aus Ankara wollen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande Wahlkampfauftritte türkischer Politiker im jeweiligen Land nicht generell verbieten. Die Genehmigung gelte aber nur, wenn präzise Voraussetzungen und Vorgaben erfüllt seien: «So müssen sie rechtzeitig und transparent angemeldet werden und deutsches beziehungsweise französisches Recht und Gesetz strikt einhalten», teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag nach einem Telefonat beider Politiker mit. Nazi-Vergleiche aus der türkischen Regierung wiesen beide als «inakzeptabel» zurück.
Die prokurdische türkische Oppositionspartei HDP rät der Bundesregierung, im Streit um Auftrittsverbote für türkische Politiker «cool» zu bleiben. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan suche die Konfrontation mit europäischen Regierungen, damit die sachlichen Argumente gegen das von ihm angestrebte Präsidialsystem in den Hintergrund träten, sagte der HDP-Abgeordnete Mithat Sancar in Berlin. Dieses Ziel habe er auch schon zum Teil erreicht.
An diesem Freitag will der Vizechef der türkischen Regierungspartei AKP, Mehmet Mehdi Eker, in Hannover für die umstrittene türkische Verfassungsreform werben. Er sei Gast einer Informationsveranstaltung der AKP-nahen Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), sagte deren Generalsekretär Bülent Bilgi. Die Stadt Hannover führe derzeit Gespräche mit Stellen des Landes und der Polizei, sagte ein Sprecher. «Wir gehen davon aus, dass in Abstimmung mit dem Land heute entschieden wird, ob die Veranstaltung stattfinden kann. » Ein für Sonntag in Bremerhaven geplanter Auftritt einer türkischen AKP-Abgeordneten wurde von der Vermieterin des Saals abgesagt.
Staatschef Erdogan setzt gut einen Monat vor dem Referendum über ein autoritäres Präsidialsystem auf Eskalation. Lesen Sie hier die Analyse unseres Kollegen Simon Kaminski.
Die diplomatische Krise zwischen der Türkei und den Niederlanden wirkt sich jetzt auch auf das Rindvieh aus: Ein türkischer Züchterverband kündigte am Mittwoch an, eine Gruppe niederländischer Kühe aus Protest gegen das Verhalten Den Haags des Landes zu verweisen. «Die erste Gruppe Holsteiner ist verladen worden und wird zurückgeschickt», sagte Bülent Tunc vom Türkischen Verband der Viehproduzenten.
«In Zukunft wollen wir keine Tierprodukte mehr aus Holland», sagte Tunc der Nachrichtenagentur Anadolu. Die Türkei werde in Zukunft eigene Kühe züchten. Sollten die Niederlande die Kühe nicht zurücknehmen, würden sie geschlachtet und ihr Fleisch verteilt. Die Niederlande und die Türkei erleben derzeit die schwerste Krise ihrer Beziehungen, nachdem Ankara auf die Absage türkischer Wahlkampfauftritte mit wüsten Vorwürfen reagiert hatte.
Die Bundesregierung hat türkische Wahllokale in Deutschland für das umstrittene Verfassungsreferendum genehmigt. Eine entsprechende Verbalnote wurde der türkischen Botschaft in Berlin am Dienstag zugestellt, wie Außenamts-Sprecher Martin Schäfer am Mittwoch in Berlin sagte. Die Bundesregierung verlange ihrerseits von Ankara eine «konstruktive Zusammenarbeit» bei der Vorbereitung der Wahlen. Dies gelte ausdrücklich auch für Wahlkampfveranstaltungen.
Die Bundesregierung stehe auch bei den derzeit «schwierigen Wetterverhältnissen» zwischen Berlin und Ankara zu ihren demokratischen Grundsätzen, sagte Außenamts-Sprecher Schäfer. Die türkische Regierung müsse sich aber «ganz klar an deutsches Recht und deutsches Gesetz» halten. Andernfalls behalte sich die Bundesregierung vor, «alle notwendigen, geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen zu ergreifen». Das schließe auch «die Überprüfung etwa bereits erteilter Genehmigungen» ein.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Vertreter der Bundesregierung hätten mehrfach gesagt, dass beispielsweise «diese völlig deplatzierten NS-Vergleiche» gegenüber Deutschland und anderen europäischen Ländern aufhören müssten. Die Verbalnote an die türkische Regierung sei auch vor dem Hintergrund der Eskalationen der vergangenen Tage entsprechend präzise formuliert worden.
Hacker haben sich Zugang zu Tausenden Twitter-Accounts verschafft und darüber Anfeindungen gegen die Niederlande und Deutschland verbreitet. Auch auf verifizierten Accounts mit großer Followerzahl fanden sich am Mittwoch Nachrichten mit den Hashtags #Nazialmanya und #Nazihollanda, einem Hakenkreuz-Symbol und dem Satz «Wir sehen uns am 16. April».
An diesem Datum steht in der Türkei das Referendum über das vom Präsidenten Recep Tayyip Erdogan angestrebte Präsidialsystem an. Unter den betroffenen Accounts waren die offiziellen Twitter-Auftritte von Borussia Dortmund, Klaas Heufer-Umlauf, ProSieben, Boris Becker und Amnesty International. Twitter bestätigte am Vormittag Hackerangriffe auf Nutzerkonten. Die Angriffe seien über eine unabhängige App erfolgt, erklärte ein Sprecher. Der Online-Analysedienst Twitter Counter mit Sitz in Amsterdam bestätigte, dass seine App betroffen sei. Wegen der Schmähungen gegen Deutschland und die Niederlande sei eine Untersuchung eingeleitet worden.
Die Bundesregierung bringt angesichts abfälliger Attacken der türkischen Regierung ein Einreiseverbot für türkische Spitzenpolitiker ins Spiel.

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